Weihnachtswort von Landesbischöfin Ilse Junkermann

„Geschenke, überall Geschenke – muss das sein? Wird da nicht das Christfest reduziert auf einen Tausch von Geschenken? „Hoffentlich habe ich das Richtige! Treffe ich den Geschmack des Anderen oder gefällt ihm gar nicht, was ich mir ausgedacht habe?“ In der Bibel heißt es: „Du schenkest mir voll ein“. Im Wort ‚ein-schenken‘ klingt noch an, woher das Schenken kommt. Schenken ist ein Zeichen der Gastfreundschaft. Wenn ein Gast kommt, wird ihm als erstes zu Trinken eingeschenkt. Beim Schenken geht es darum, sich am Bedürfnis des Anderen zu orientieren.

Wenn wir gerade zu Weihnachten viel verschenken, dann tun wir es auch den Weisen aus dem Morgenland nach. Sie bringen dem neugeborenen Jesuskind kostbare Geschenke, die damals Königen gebracht wurden: Gold, Weihrauch und Myrrhe.

Dass die drei Weisen in diesem Neugeborenen einen König erkennen und ihn anbeten und beschenken, das ist das Wunder von Weihnachten. Ein Stern hatte ihnen den Weg gewiesen, und sie waren sich sicher, dass sie den Stern richtig gedeutet hatten. Er konnte nur auf einen neuen König verweisen. Sie sind ihm gefolgt, bis sie zu diesem ärmlichen Stall nach Bethlehem geführt wurden. Wie konnten sie, inmitten von Armut und Dunkelheit, in diesem Kind einen König erkennen?

Sie haben das Wunder der Weihnacht verstanden. Die drei Weisen kamen aus einem religiösen Kult, in dem Götter des Lichts gegen alles Finstere kämpften, in der Hoffnung, dass das Licht siegen wird. Wir kennen das aus Science-Fiction-Filmen, auch da wird das Dunkle von einem strahlenden Helden mit Gewalt besiegt. Im finsteren Stall begreifen sie: Dies ist ein Gott, der nicht mit Gewalt gegen die Finsternis und ihre Mächte kämpft. Im Jesuskind in der Krippe schenkt Gott sich selbst. Er kommt in unsere Dunkelheit, um darin zu wohnen und sie so zu verändern. Er erhellt sie mit seinem Licht zu. Jedes Jahr zu Weihnachten feiern wir dieses wunderbare Geschenk!

So sind wir gefragt, was wir schenken, wenn Weihnachten vorbei ist. Wo können wir für Andere ein freundliches Licht sein, das auch im Dunklen nahe ist? Und wie können wir unseren Mitmenschen zu einer Rast, zu einem Aufatmen der Seele verhelfen? Solche kostbaren Güter heute sind: Zeit für sich und mit Anderen. Hingehen zu denen, die am Rande stehen; ein Willkommen für die, die aus der Ferne zu uns kommen; ein klares Nein zu jeder Form von Menschenverachtung. Zeit für Kinder aufwenden, die in armen Verhältnissen leben und deshalb von Beginn an schlechtere Chancen haben. Engagement für Frieden und gegen Rüstungsexporte. Spenden für die, die in Not sind. Und Einsatz für Gerechtigkeit, dass wir nicht weiter auf Kosten Anderer leben.

Die Spendenbereitschaft in diesem Jahr für die Flutopfer bei uns und auf den Philippinen zeigt viel von den Spuren der Weihnacht in unserer Welt. Wie gut, wenn es so im ganzen Jahr wirkt – das Wunder, dass Gott mit uns seine Welt verändern will.“