Neues Verbraucherinformationsgesetz verfassungsrechtlich bedenklich

Unter der Überschrift des Verbraucherschutzes soll zukünftig schon bei der bloßen Vermutung eines Verstoßes gegen das Lebensmittelrecht ab einer Bußgeldhöhe von 350,00 Euro eine Veröffentlichung erfolgen.
Nach dem die sogenannte „Hygieneampel“ wohl politisch keine Mehrheit fand, tritt zum 01. September 2012 das bundesweite neue Verbraucherinformationsgesetz (VIG) in Kraft.

Bei der Umsetzung des neuen Gesetzes sind jedoch noch viele Fragen offen. Große Unklarheiten gibt es beispielsweise in der Bemessungsgrundlage der Verstöße, da das Gesetz einen bundesweiten Bußgeldkatalog nicht vorsieht. Ebenso gibt es keine einheitlichen Löschungsfristen für die Veröffentlichungen der Verstöße.

Nach dem VIG sind die Landratsämter und Kommunen verpflichtet, Verstöße gegen das Gesetz ab einer Bußgeldhöhe von 350,00 Euro zu veröffentlichen. Dies soll in Thüringen über eine Internetplattform erfolgen, um den Verbraucher so über die Verstöße der Betriebe gegen das Lebensmittelrecht zu informieren. Eine Veröffentlichung soll allerdings schon bei einer bloßen Vermutung eines Verstoßes unter Namensnennung, Anschrift und der Art des Vergehens erfolgen, ohne dass eine abschließende rechtskräftige Entscheidung des Verstoßes vorliegt. So liegt es allein im Ermessen der Behörde zu entscheiden, ob die Voraussetzungen für eine Information der Öffentlichkeit in Form eines zu erwartenden Bußgeldes von mindestens 350 Euro erfüllt sind.

Der betroffene Betrieb hat laut Gesetz keine Möglichkeit, die amtliche Information der Öffentlichkeit mit Einspruch bzw. Klage so lange zu verhindern bis der Bußgeldbescheid rechtskräftig ist. Der Widerspruch gegen den Bußgeldbescheid hat keine aufschiebende Wirkung und kann eine Veröffentlichung nicht aussetzen.

Falls sich ein Verdacht auf einen Verstoß nicht bestätigen sollte, gibt es für den Unternehmer keinerlei Schadenersatzanspruch in Form einer Amtshaftung gegen die bußgelderlassene Behörde, da das Bußgeld auf eine Prognose gestützt ist.

„Ob sich der Verdacht bestätigt oder nicht, die Konsequenzen hat der Unternehmer zu tragen. Er steht am Internetpranger und ist für alle Zeit verrufen, denn das Internet vergisst nichts“, kritisiert Dirk Ellinger, Hauptgeschäftsführer des DEHOGA Thüringen.
„Wie für das Lebensmittelüberwachungsamt steht auch für uns der Verbraucherschutz an erster Stelle und zweifellos hat Hygiene in unserer Branche oberste Priorität, verdeutlicht Ellinger. Jedoch werden auch heute schon ausreichend Kontrollen durchgeführt und Verstöße mit Sanktionen belegt. Was hier passiert ist verfassungsrechtlich sehr bedenklich und der Informationsgehalt für die Verbraucher erschließt sich mir jedenfalls nicht.“

Gudrun Münnich, Präsidentin des DEHOGA Thüringen konstatiert: „Außer Frage steht, die Gäste haben einen Anspruch auf die Einhaltung der zu Recht strengen lebensmittelrechtlichen Bestimmungen in Deutschland. Jedoch bietet das geltende Recht den Überwachungsbehörden die notwendigen Instrumente, um auf Hygieneverstöße im Bereich des Lebensmittelrechts in einzelfallgerechter und angemessener Form zu reagieren von der Möglichkeit effektiver persönlicher Sanktionen durch Geldbußen oder Strafen bis hin zu einer Betriebsschließung.“

Anzeige