Neujahrsgruß des Landrates

Zeitenwandel
Liebe Bürgerinnen und Bürger,
nur noch wenige Stunden und Momente verbleiben vom alten Jahr – dann erheben wir wieder die Gläser und stoßen auf ein neues Jahr, auf neues Glück, Gesundheit, Erfolg und vieles mehr an. 2015 war kein einfaches Jahr für den Wartburgkreis. Die Bewältigung der Flüchtlingskrise hat uns viel Kraft abgenötigt, aber auch manche Einsicht gebracht. Nicht einfach waren für mich beispielsweise die oft hoch emotionalen Bürgerversammlungen, die wir in den Orten durchgeführt haben, wo Flüchtlinge untergebracht wurden. Da gab es viele hitzige Diskussionen und oft auch einiges an Aufregung vorab. Was mich überrascht und begeistert hat, war das, was geschah, wenn die Flüchtlinge dann tatsächlich ankamen und in die neuen Unterkünfte einzogen: Eine große Hilfsbereitschaft, ein gutes Miteinander und Freundschaften entstanden, wo man zunächst Ablehnung vermutet hätte. Dafür bin ich sehr, sehr dankbar!
Die Zeiten wandeln sich. Vielleicht war das – nicht zuletzt aufgrund der Flüchtlingsbewegung – in diesem Jahr deutlicher zu spüren als je zuvor. Wir sind eine erfolgreiche Region. Mit einem starken Tourismus- und Kurwesen, mit einer erfolgreichen Landwirtschaft und wir sind vor allem Thüringens stärkster Industriestandort. Zugleich aber haben wir in den letzten Jahren mehr und mehr mit dem Bevölkerungsschwund zu kämpfen gehabt, dessen Auswirkungen sich auf alle Bereiche unseres Lebens niederschlagen. Schulen mussten schließen, Fahrpläne ausgedünnt werden und unsere Unternehmer stehen vor großen Nachwuchsproblemen, weil mehr Ausbildungsplätze als Auszubildende in unserer wirtschaftlich sehr agilen Region vorhanden sind. Nun kommen zahlreiche neue Menschen aus anderen Ländern und Kulturen zu uns. Wird dies eine Chance für uns oder doch nur eine Mehrbelastung für unsere Sozialsysteme? Gegenwärtig versuchen die Regierungen von Land und Bund Maßnahmen auf den Weg zu bringen, um einerseits den unkontrollierten Zustrom zu reduzieren und anderseits eine schnelle Integration zu fördern. Doch gerade Letzteres kommt nur schleppend voran. Und statt die Landkreise, die die Flüchtlinge in einer vom Land übertragenen Aufgabe unterbringen und betreuen, finanziell besser auszustatten, erhält der Wartburgkreis mit dem aktuellen Gesetzesentwurf des Landes zum Kommunalen Finanzausgleich 5,2 Millionen Euro weniger an Schlüsselzuweisungen. Damit hat der Wartburgkreis ab 2016 nicht länger eine angemessene Finanzausstattung. Die Landesregierung erhöht so den Druck auf die Kreisumlagen und damit auf die Kommunen im Kreis. In den konstruktiv und sachlich geführten Diskussionen mit den Fraktionsvorsitzenden konnte gemeinsam ein Kompromiss zum Haushaltsausgleich erarbeitet werden. Ein gesunder Haushalt braucht eigentlich Rücklagen zur Finanzierung der Investitionstätigkeiten. Da jedoch die vom Land angedachte Finanzausstattung bei weitem nicht ausreichend ist, um die bestehenden Bedarfe zu decken, kann auch keine Zuführung an den Vermögenshaushalt erwirtschaftet werden.
Der Wartburgkreis ist einer der wenigen deutschen Landkreise, die schuldenfrei sind und bislang über einen soliden, ausgeglichenen Haushalt verfügen. Trotz der drastischen Kürzungen des Landes hoffe ich, dass wir im Januar 2016 einen Haushaltsbeschluss erreichen, der dem Wartburgkreis im neuen Jahr wieder Investitionen in Schulen und Kreisstraßen ermöglicht.
Die Zeiten wandeln sich. Nach dem Willen der Landesregierung sollen nun auch die Weichen für eine Gebietsreform gestellt werden. Eine Neustrukturierung der Thüringer Landkreise soll dabei der demographischen Entwicklung Rechnung tragen. Dafür habe ich volles Verständnis. Allerdings wehren wir uns scharf gegen alle Versuche, den Wartburgkreis, der einer der erfolgreichsten Thüringer Landkreise ist, in seinem Fortbestand in Frage zu stellen. Eisenach und der Wartburgkreis arbeiten als Partner längst eng zusammen und möchten zudem freiwillig aufeinander zugehen. Addiert man die Einwohner von Eisenach und Wartburgkreis, sind schon jetzt 167.000 Einwohner das Ergebnis. Im Jahre 2035 würden es immerhin noch 143.000 Einwohner sein. Eine Größenordnung, die einen Fortbestand des Landkreises auch nach den Vorgaben des Leitbildes zur Gebietsreform rechtfertigt. Wir arbeiten im Rahmen der Wartburg-Sparkasse, des öffentlichen Nahverkehrs, der Krankenhäuser, des Landestheaters, der Abfallwirtschaft, in Kooperationen im Brand- und Katastrophenschutz, Tourismus sowie in der Wirtschaftsförderung eng mit Eisenach zusammen und stehen in zahlreichen Zweckverbänden und Zweckvereinbarungen Seite an Seite. Es ist aus meiner Sicht völlig absurd, diese Strukturen zu zerschlagen und ich werde mich mit aller Kraft dafür einsetzen, dass der Wartburgkreis bestehen bleibt und die seit einigen Jahren angestrebte Rückkreisung der Stadt Eisenach vollzogen wird.
Die Zeiten wandeln sich und wir alle sind ein Teil dieser Geschichte. Jeder einzelne kann mittun und dafür sorgen, dass jetzt die richtigen Weichen für die Zukunft gestellt werden. Dazu leben wir in einer Demokratie und dazu hat jeder vor Ort die Möglichkeit, Dinge anzupacken und das Leben für alle etwas schöner, besser oder bunter zu machen. Ich freue mich auf das neue Jahr. Aufs Anpacken und darauf, gemeinsam mit Ihnen allen die anstehenden Aufgaben, die der Wandel mit sich bringt, zu bewältigen!
Ich wünsche Ihnen für das neue Jahr Gesundheit, Lebensfreude und viel Erfolg bei allem, was Sie vorhaben!
Ihr Landrat Reinhard Krebs