Rechtsgutachten «Tor zur Stadt» liegt vor

Das Gutachten zum Projekt «Tor zur Stadt» liegt vor. Über die Ergebnisse informierte heute (25. Februar) Oberbürgermeisterin Katja Wolf. Das Gutachten – erstellt von der überörtlichen Sozietät «Redeker Sellner Dahs» – sollte das mögliche Schadensrisiko der Stadt Eisenach bei einem Scheitern des gegenwärtigen Projektes zum Bau eines Einkaufszentrums ermitteln.

«Bauplanungsrechtlich gibt es keinerlei Ansprüche, die gegen die Stadt geltend gemacht werden können“, sagte Katja Wolf. Die bereits erteilte Unbedenklichkeitsbescheinigung ist ebenfalls nicht als Bauvorbescheid oder als Zusicherung zu verstehen. Sie ist lediglich eine Bescheinigung zu Finanzierungszwecken. «Finanzierungszweck ist die Freistellung. Das heißt, es gibt keinen Schaden, der zu ersetzen wäre», sagte Katja Wolf. Das Gutachten hat außerdem ergeben, dass der derzeitige Investor (OFB Procom) keine vertraglichen Ansprüche gegenüber der Stadt geltend machen kann. «Im Zusammenhang mit dem derzeitigen Investor besteht kein finanzielles Risiko», betonte Katja Wolf. Auch der Altinvestor, die Firma Heinrich Becker GmbH, kann gegenüber der Stadt keinen Schadensersatz fordern.

Die umweltrechtliche Sicht ist eine andere: Grundlage ist das Bundesbodenschutzgesetz sowie das Wasserrecht. Demnach haftet die Stadt für die noch auszuführende Restsanierung auf dem als «Tor zur Stadt» bekannten Areal an der Bahnhofstraße. Einerseits als Voreigentümerin der Grundstücke, andererseits aber auch dann, wenn die Stadt bei Rückabwicklung des Projektes wieder Eigentümerin der Grundstücke werden sollte. «Das Gutachten hat ergeben, dass rund 1,25 Millionen Euro für das restliche Dekontaminieren und 0,4 Millionen Euro (nur bis 2016) für das Grundwassermonitoring zu zahlen wären», so Katja Wolf.

Weitere Risiken erwachsen nach dem Gutachten aus dem Freistellungsbescheid des Landes aus dem Jahr 2005. Der Altinvestor (Firma Becker) hat auf dessen Grundlage bereits Sanierungsarbeiten auf dem Areal in der Bahnhofstraße durchgeführt. Die Kosten dafür hat das Land Thüringen übernommen, bislang 7,39 Millionen Euro. «Das Gutachten kommt zu dem Ergebnis, dass der Bescheid wohl rechtswidrig ist», sagte Katja Wolf. «Grund sind Fehler aus der Nachwendezeit seitens der Stadtspitze und des Stadtrates, die wir geerbt haben und mit denen wir heute umgehen müssen.»

Im Freistellungsantrag hätte das Investitionsvorhaben sehr konkret formuliert werden müssen. Stattdessen sind im Beschluss des Stadtrates die Planungsabsichten außerordentlich weit gefasst worden. Die Vorhabensbeschreibung enthält ebenfalls keine konkreten Angaben hinsichtlich des Investitionsvolumens und der zu schaffenden Arbeitsplätze. «Das ist ein Versäumnis», betonte Oberbürgermeisterin Katja Wolf.

Anzeige

Zum Umgang mit dem Freistellungsbescheid gibt es zwei Szenarien: Im besten Fall muss die Stadt nichts zahlen, schlimmstenfalls (bei einem Widerruf des Bescheides durch das Land) 8,5 Millionen Euro. Wichtig ist, dass nur die tatsächlich notwendigen Sanierungskosten zurückgezahlt werden müssten.

«Selbstverständlich ist das im Raum stehende Risiko einer Rückzahlung von rund 8,5 Millionen Euro hoch», sagte Katja Wolf. In gemeinsamen Gesprächen müsse es daher darum gehen, das Problem gemeinsam mit dem Ministerium zu lösen. Ein Beispiel kann die Verlängerung der gesetzten Fristen sein. Die Stadt hätte in diesem Fall also mehr Zeit, die geforderten Arbeitsplätze zu schaffen. Zudem ist es auch nicht völlig eindeutig, dass die Firma Becker dann aus rechtlicher Sicht einen Anspruch gegen die Stadt erfolgreich geltend machen könnte.

«Ich stehe zu meinem Wort. Der Stadtrat ist in seiner Entscheidung frei. Ich selbst möchte auf dem Areal in der Bahnhofstraße kein reines Einkaufszentrum. Dort muss etwas entstehen, das einen Mehrwert für unsere Stadt bringt», betonte Katja Wolf. Daher wird die Oberbürgermeisterin einen Grundsatzbeschluss, der sich gegen das Projekt in seiner bisherigen Form richtet, in die Ausschüsse und den Stadtrat einbringen. Die Vorlage beinhaltet aber auch, dass Katja Wolf Gespräche mit der OFB Procom und dem Land führen wird. «Ziel soll ein alternatives Projekt sein, das nicht aus einem reinen Einkaufszentrum besteht. Ein reines Einkaufszentrum würde eine Gefahr für die Innenstadt bedeuten», so die Oberbürgermeisterin.

«Ich weiß, es gibt zum Thema Tor zur Stadt noch Beratungsbedarf», so Katja Wolf. Daher wird im heutigen Bau-, Verkehrs- und Umweltausschuss sowie im morgigen Haupt- und Finanzausschuss über das Gutachten diskutiert. Am 6. März steht die Beschlussfassung auf der Tagesordnung des Stadtrates.

Ausführliche Informationen zum Thema Tor zur Stadt gibt es auch auf der städtischen Internetseite www.eisenach.de – Rubrik «Tor zur Stadt». Dort ist ab morgen eine 13-seitige Zusammenfassung des Gutachtens nachzulesen.

Anzeige
Anzeige