Wertvolle Nachlässe, Ausbau der Digitalisierung

Um 54 Meter laufende Akten ist das Eisenacher Stadtarchiv 2010 gewachsen. Die städtische Einrichtung im Stadtschloss ist die zentrale Stelle, wenn es um Fragen der Geschichte Eisenachs geht. Hier können Forscher und andere Interessierte Blicke in die Vergangenheit werfen. Doch nicht nur die Betreuung der Besucher gehört zu den Aufgaben des Archivs. Die neuen Archivalien müssen auch erschlossen und konserviert werden.

Als besonders wertvoll werden sich in Zukunft Archivalien erweisen, die aus privater Hand stammen. Das Stadtarchiv konnte so im vergangenen Jahr den Nachlass von Dr. Gerhard F. Hasse übernehmen. Dr. Hasse, der 2001 gestorben ist, war als Chefarzt des Diakonissen-Krankenhauses und einer der führenden Köpfe der friedlichen Revolution 1989 in Eisenach. Viele Dokumente aus seinem Nachlass stammen denn auch aus dieser bewegten Zeit.

Das Archiv konnte überdies einen Teilnachlass des ehemaligen Eisenachers Dr. Georg Appell übernehmen. Er war Minister in der Thüringer Landesregierung von 1946 bis 1949. Für die Eisenacher Sportgeschichte von hohem Wert ist das Archiv des ESV Lok Eisenach, das vom Vorstand als Dauerleihgabe an das Stadtarchiv abgegeben wurde.

Die Sammlung Judaica im Archiv wurde bereichert durch eine Schenkung von diversen Dokumenten über die Eisenacher jüdische Familie Grünbaum.

Dass sich das Stadtarchiv hohen Interesses erfreut, belegen erneut mehr als 450 schriftliche Anfragen, die 2010 eingingen, zumeist per E-Mail. In etlichen von ihnen ging es um historische Sachverhalte, und bevor sie beantwortet werden konnten, war eine langwierige Recherche nötig.

Von besonderem Interesse waren dabei die früheren Standesamtsunterlagen, Geburten-, Heirats- und Sterberegister. Dem Gesetz nach sind sie seit geraumer Zeit Archivgut und können für familiengeschichtliche Forschungen verwendet werden. Eine Vielzahl diesbezüglicher Anfragen erreichte das Archiv.

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Das Stadtarchiv registrierte 2010 auch knapp 800 Benutzer – Heimatforscher, Wissenschaftler oder einfach interessierte Bürger. Die hohe Zahl an Nutzern deutet auf ein zunehmendes Interesse an lokaler Geschichte hin. Der Befriedigung dieses Interesses dienten auch zehn Vorträge des Stadtarchivars Dr. Brunner vor unterschiedlichem Publikum, die Beteiligung des Stadtarchivs an der Kinderkulturnacht, Führungen im Magazinbereich und nicht zuletzt die Präsentation der erfolgreichen Ausstellung »Grau in grau – Eisenach – Stadtbild ‘89” im Hotel Hohenhaus. Besonderer Beliebtheit erfreute sich der vom Archiv herausgegebene Bildband zu der Ausstellung.

Zur Freigabe der neuen A 4 nördlich der Hörselberge, im Jahr 2010 hat das Archiv einen historischen Artikel verfasst, ebenso zum Gedenken an das Kriegsende in Eisenach vor 65 Jahren.

Stets war es auch Ziel des Stadtarchivs, Geschichte wirksam im Stadtbild zu präsentieren. So wurden in Zusammenarbeit mit der Tourismus GmbH die touristischen, E-förmigen Wegweiser umgestaltet. Sie enthalten nun großformatige historische Bilder aus den Beständen des Archivs, versehen mit kurzen Aussagen berühmter Persönlichkeiten über die Wartburgstadt. Sie sind für Einheimische und Gäste ein Blickfang.

Zur Geschichte im Stadtbild gehören inzwischen auch die »Stolpersteine”. Im Boden eingelassen, erinnern sie an frühere jüdische Bürger Eisenachs. Dieses Projekt wurde vom Stadtarchiv inhaltlich ebenso begleitet wie das jährlich wiederkehrende Gedenken an den Juden-Pogrom am 9. November 1939.

Zu den Aufgaben des Archivs gehörte auch 2010, das zu erhalten, was frühere Generationen hinterlassen haben. Zunehmend setzt sich dabei der Trend zu Digitalisierung vorhandener Bilder und Dokumente durch. Etwa 25000 Blatt und rund 6500 Bilder wurden im vergangenen Jahr verfilmt und anschließend digitalisiert. Das Ziel ist, diese Informationen über das Internet weltweit für Interessierte verfügbar zu machen. Dass dafür ein Bedarf vorhanden ist, zeigen die insgesamt 19000 Zugriffe auf die Webseite des Stadtarchivs Eisenach – mit steigender Tendenz.

Die Archiv-Seiten sind zu finden auf www.eisenach.de, Bereich »Die Stadt”, Menüpunkt »Geschichte”.

Das Stadtarchiv im Nordflügel des Stadtschloss bleibt aber trotz fortschreitender Digitalisierung für alle Besucher erhalten. Die Arbeitsbedingungen im Archiv haben sich durch die Neugestaltung des Benutzerbereiches sehr verbessert. Ein Mikrofilmlesegerät steht dort ebenso zur Verfügung wie ein Benutzer-PC – beide ermöglichen es, in den Beständen des Archivs zu recherchieren.

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