«Erdmöbel» im Schlachthof Eisenach

Eine deutsche Größe der Independent-Musik kommt nach Eisenach. Die Band «Erdmöbel» gastiert am Donnerstag, 31. Oktober, im Schlachthof Eisenach. Mit routinierter Dringlichkeit schraubt sich Claus Kleber in die Kamera. Der große Nachrichtenmann ballt das Gesicht zu einem Mahnmal des kritischen Journalismus und spricht mit zu Schlitzen verengten Augen die magischen Worte: «Sie werden das, was jetzt kommt, möglicherweise nicht verstehen. Ich hab’s jedenfalls nicht verstanden».

Gemeint ist die Band Erdmöbel. Kleber war der enorme Zuspruch, den die Band für ihr letztes Album «Krokus» erhielt, nicht entgangen. Von der SZ über die FAZ bis hin zur Zeit: In allen Blättern überschlug man sich ob der unerhörten Melodien, der wundersamen Arrangements und der assoziativen Texte.

Auch für Erdmöbel selbst stellte «Krokus» den bisherigen Höhepunkte ihres Schaffens dar: Was die vier in Köln ansässigen Münsteraner mit «Krokus» geschaffen hatten, stand komplett für sich allein und hatte mit nichts etwas zu tun, was sonst unter dem Banner «deutschsprachige Popmusik» veranstaltet wird.

Doch nach Krokus kam die Krise. Nicht sofort. Zunächst tourten Erdmöbel eifrig, nahmen Weihnachtssongs auf, spielten im Auftrag des Goethe-Instituts in Russland und konzertierten auf Kölner Kranhausdächern. Irgendwann aber galt es den Nachfolger zum Über-Album aufzunehmen – ein Unterfangen, das sich mehr als schwierig erweisen sollte.

Anzeige

Wer die Bandmitglieder zu Beginn dieses Jahres traf, der erlebte Künstler in Zerknirschung. «Für uns war klar: Wir mussten «Krokus» übertreffen und gleichzeitig etwas machen, was so wenig mit der Platte zu tun hat, wie nur möglich», erzählt Ekki Maas, Bassist und Produzent der Band. Nun ist die neue Platte da. «Kung Fu Fighting» heißt das neue Werk, mit dem die Band gerade auf Tour ist. Im Falle des gleichnamigen Titelsongs muss man sich nicht allzu groß den Kopf zerbrechen.

Das Lied ist eine Ode an die Magie der Erinnerung. Etwas, was sich womöglich über einige der neuen Stücke sagen ließe: Man staunt immer wieder mit Kloß im Hals wie hier aus Klassenfahrterinnerungen, Schwimmbadausflügen und Brückenspaziergängen ein ums andere Mal große Erinnerungspoesie entsteht. Die Musik reicht diesmal von moderner Klassik bis hin zu Steely-Dan-Referenzen; Peter und der Wolf trifft auf Sixties-Soundtracks, verdrehte Reggae-Rhythmen und umgebauten Meters-Funk. Das Zarte und Delikate von «Krokus» ist einem dringlicheren und – zumindest für Erdmöbel-Verhältnisse – dreckigeren Sound gewichen.

Eins ist «Kung Fu Fighting» mit Sicherheit: ein aufregendes und zupackendes Album, das den Hörer während seiner kurzen Laufzeit an mehr Orte trägt als die meisten Alben der jüngeren Vergangenheit: nach Biarritz, Zollstock, Emsdetten, Oer-Erkenschwick, Shenzen, Guangzhou, Cardiff (oder doch eher Bromley?), Mumbai, an die finnische See, natürlich nach Kölle – und an all die ganzen Orte, die keinen Namen haben.

Und es ist eine Platte, die daran erinnert, dass das Schöne im Leben nicht das ist, worüber man Bescheid zu wissen glaubt, sondern das, wovor man staunend steht. Womit man wieder bei Claus Kleber wäre.

Das Konzert im Schlachthof beginnt um 20 Uhr, der Eintritt an der Abendkasse kostet 29 Euro
Mehr Informationen auf www.schlachthof-eisenach.de

Anzeige