Neues und altes im Wartburgmuseum

Nachdem die vorjährige Thüringer Landesausstellung am 19. November 2007 ihre Pforten schloss, konnte zwar der traditionelle Führungsbetrieb durch den Palas nahtlos wieder aufgenommen werden, das Museum jedoch bedurfte einer umfassenden Renovierung. Die Erneuerung von Fußböden und Türen, die Installierung von Klimatechnik und Beleuchtung, Malerarbeiten sowie diverse Einbauten und Sicherheitstechnik nahmen etwa drei Monate in Anspruch, bevor die Räume mit der neuen Dauerausstellung und einer Sonderausstellung eingerichtet werden konnten. Besonders auffällig, die Vorhänge vor den Fenstern sind verschwunden, den Besucher bietet sich so ein einmaliger Blick von der Wartburg. Die Fenster sind mit spezieller Folie behandelt, die die wertvollen Ausstellungsstücke vor Licht schützen.
Realisiert wurde die Umgestaltung der Ausstellung ausschließlich mit eigenen Mitteln der Wartburgstiftung. Gestaltung und Bauarbeiten erfolgten durch die wissenschaftliche Abteilung und durch die Bauhütte sowie Fachfirmen.

Die Kunstsammlung der Wartburg umfasst ca. 10000 Objekte, von denen rund 400 gezeigt werden, darunter so berühmte Highlights wie der Dürerschrank oder die Werke von Lucas Cranach d. Ä. Wer also die Wartburg in den vergangenen Jahren besichtigte, wird auch in der neuen Exposition auf «alte Bekannte» treffen, der Eindruck allerdings dürfte ein ganz anderer sein.

Auf die Wiederherstellung der Wartburg zwischen 1838 und 1890 und auf die damit verbundene Idee des Gesamtkunstwerks beziehen sich die Exponate im ersten Museumsraum. Neu ist der Einsatz einer digitalen Präsentation, bei der der Besucher die Baugeschichte nachvollziehen und einem virtuellen Rundgang durch die Wartburg unserer Urgroßväter folgen kann.
Gleichsam als Brückenglied zwischen dem historistischen Ensemble des Festsaals und den musealen Schätzen in den folgenden Räumen verweisen Möbel und Gebrauchsgegenstände auf die großherzogliche Wohnung, die sich bis vor 60 Jahren im heutigen Museum befand. Von ihrer prächtigen Ausstattung kündet nur noch das sogenannte Fürstenschlafzimmer in der ursprünglichen Dekoration. Mit dem entsprechenden Interieur wird es erstmals dem Publikum gezeigt.

Wie ein mittelalterliches Kabinett erscheint der Raum, der mit den beiden Aquamaniles, dem reich verzierten Dokumentenkasten oder der textilen Darstellung von «Christi Geburt» die ältesten Sammlungsstücke aufnahm. Ihm schließen sich Objekte des 15. Jahrhunderts an, wobei der Elisabethteppich, die so genannte Wartburgharfe und die Quinterne – ein lautenartiges Instrument, das der Nürnberger Meister Hans Ott um 1450 fertigte – wohl zu den Glanzlichtern gezählt werden dürfen.

Renaissance und Reformation treffen sich Dirnitzsaal. Hier wird der Reichtum an Cranach-Gemälden präsentiert, hier darf man den einzigartigen, um 1515 datierten Dürerschrank bewundern und angesichts der verbliebenen Rüstungen und Prunkwaffen der als «Beutekunst» verlorenen Rüstsammlung der Wartburg nachtrauern.
Die so genannten Hochzeitsbilder Luthers, die Porträts seiner Eltern, das Triptychon mit den drei zu seinen Lebzeiten regierenden sächsischen Kurfürsten und weitere Bildnisse von Freunden und Feinden der Reformation verweisen auf die Bedeutung der Wartburg als «Lutherburg». Dass Martin Luther während seines hiesigen Aufenthaltes vom 4. Mai 1521 bis zum 1. März 1522 das Neue Testament in ein allen verständliches Deutsch übersetzte, ist allgemein bekannt. Über die anderen hier entstandenen Schriften informiert eine zweite digitale Präsentation.

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Die Dauerausstellung endet mit dem Schweizer Zimmer und der Schau der Egloffstein’schen Bestecksammlung. Ersteres wurde im Zuge der Wiederherstellung von seinem einstigen Standort in Graubünden um 1865 auf die Wartburg verpflanzt, um dem soeben entstandenen Neubau einen Hauch von Geschichtlichkeit zu geben. Bei den historischen Bestecken, die der Kammerherr und Schlosshauptmann, Freiherr von Egloffstein bis etwa 1820 zusammengetragen hatte, handelt es sich um die älteste Kollektion ihrer Art.

Mit der Kennzeichnung einiger Exponate durch das Familienwappen derer von Sachsen-Weimar-Eisenach wurde wie in Weimar dem Wunsch der großherzoglichen Nachfahren Rechnung getragen, auf den einstigen, gegen Abfindung überlassenen Besitz hinzuweisen.

Die Sonderausstellung
ist einem Jubiläum gewidmet, das im vorigen Jahr nicht bedacht werden konnte: 1907 erschien im Historischen Verlag Max Baumgärtel Berlin das mit fast 20 kg wohl gewichtigste Wartburg-Werk. Die reich bebilderte Monographie stellt sich in den damals verwendeten Druckvorlagen, einer inhaltlichen Übersicht und ihrer langen Entstehungsgeschichte vor.

Der nun wieder für Sonderausstellungen genutzte Raum hat mit seinen flexiblen Raumteilern nicht nur ein neues Gesicht erhalten, sondern bietet den unterschiedlichsten Expositionen damit auch mehr Fläche und Variationsmöglichkeiten. Seit Vergrößerung von Souvenirverkauf und Eintrittskartenkasse waren Sonderausstellungen und mit ihnen die Chance unbekanntes Inventar einmal ans Licht zu holen, gänzlich weg gefallen. Man darf also wieder öfter gespannt sein.

Die Rüstkammer der Wartburg – ein Beitrag zum Thema Beutekunst
Dass die Wartburg eine Rüstkammer besaß, ist heute kaum noch bekannt. 1945 von den Besatzern als «militaristisch» bewertet, konfisziert und als so genannte Beutekunst in die ehemalige Sowjetunion abtransportiert, blieben die außerordentlich wertvollen Stücke bis heute verschollen. Der 1912 erschienene Sammlungskatalog und seine qualitätvollen Fotos ermöglichten die kleine Dokumentation im Dirnitzgang, von dem aus die Rüstkammer, ein sieben Meter hoher neugotischer Saal, betreten werden konnte.