Telemann ins Bachhaus zurückgekehrt

Mit unfreiwilliger Unterstützung der Stadt Eisenach konnte das seltenste und prachtvollste aller Telemann-Porträts für das Bachhaus Eisenach erworben werden. Das Schabkunstblatt des Schwarzkünstlers Valentin David Preissler aus dem Jahr 1750 ersetzt eines, das 1996 in Wilhelmsthal verloren gegangen war.

Ähnlich wie sein Freund Johann Sebastian Bach ist der einstige Eisenacher Hofkapellmeister Georg Philipp Telemann nur selten porträtiert worden. Den größten und kostbarsten Porträtstich des Barockkomponisten fertigte 1750 der Nürnberger Schwarzkünstler Valentin David Preissler. Die Schwarzkunst, auch Schabkunst oder Mezzotinto genannt, ist ein Mitte des 17. Jahrhunderts erfundenes aufwendiges Verfahren, mit dem sich alle Schwarz-Schattierungen in einem samtig wirkendem Druck nahezu fotorealistisch darstellen lassen.

Von dem Telemann-Stich existieren heute weltweit nur vielleicht ein Dutzend Originalblätter. «Maßlos geärgert» habe er sich, erzählt Bachhaus-Direktor Hansen, als er 2009 feststellte, dass dem Bachhaus ein solcher Telemann-Stich 1996 verloren gegangen war. Nach einer Ausstellung in Schloss Wilhelmsthal sei er nicht mehr ins Bachhaus zurückgekehrt. Für die Ausstellung «Bachs Passionen» 2010 habe er dann eine Leihgabe suchen müssen – doch den Preissler-Stich gab es nirgendwo.

«Magdeburg und Hamburg hatten ihn nicht», erinnert sich Hansen (in Telemanns Geburtsstadt befindet sich das Telemann-Zentrum, in Hamburg das einzige Telemann-Museum). Seitdem suchten Hansen und Bachhaus-Archivarin Gisela Vogt.

Im August dieses Jahres die Überraschung: Ein Antiquariat in Quickborn bei Hamburg bot ihn an – für gerade einmal 53 Euro. «Der fünfzigfache Preis hätte mich nicht überrascht», kommentiert Vogt. Nach einer Restaurierung in Leipzig ist er am letzten Freitag ins Bachhaus zurückgekehrt und soll nun in die Dauerausstellung integriert werden.

Die Stadt Eisenach hat den Ankauf des seltenen Portraits ihres berühmten früheren Hofkapellmeisters unterstützt, wenn auch nicht ganz freiwillig: Für die Unterbringung von Musikern in Hotels hatte das Bachhaus der Stadt die sogenannte «Bettensteuer» zahlen müssen und erhielt Anfang Oktober – nachdem die Nichtigkeit der städtischen Satzung feststeht – 53,50 Euro zurück. «Damit war der Ankauf des Telemann-Stichs für das Bachhaus sogar kostenneutral», freut sich Hansen. Vielleicht wird diese gute Tat der Stadt, die vor drei Jahren ihre finanzielle Förderung des Bachhauses einstellen musste, auf einem Täfelchen an dem wertvollen Portrait gewürdigt.

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