Thüringen beim IGLU-Ländervergleich 2006 auf erstem Platz

Dienstag wurden die zentralen Ergebnisse des nationalen IGLU*-Ländervergleichs (IGLU-E 2006) vorgestellt. Thüringens Kultusminister Bernward Müller (CDU) erklärt dazu:

«Die Leseleistungen Thüringer Grundschüler sind im internationalen Vergleich Spitze. Die Viertklässler aus dem Freistaat belegen nicht nur national, sondern auch international Spitzenplätze. Im nationalen Gesamtvergleich rangiert Thüringen mit 564 Punkten vor Bayern, Sachsen und Sachsen-Anhalt, international gleichauf mit Hongkong nur einen Punkt getrennt vom Besten Russland. Der Freistaat liegt damit auch signifikant über dem deutschen Mittelwert. Der Leistungsabstand zwischen Thüringen und Bremen beträgt 42 Punkte, was knapp dem Leistungsunterschied von Jahrgangsstufe 3 zu Jahrgangsstufe 4 entspricht. Nach Bayern verzeichnet Thüringen mit 14,9 Prozent die größten Anteile von Spitzenlesern, also Kindern auf der höchsten Stufe der Lesekompetenz. Dagegen hat der Freistaat im internationalen Vergleich mit 6,8 Prozent den geringsten Anteil an besonders leseschwachen Kindern. Äußerst erfreulich ist, dass in Thüringen kaum ein Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft und Schülerleistung besteht. Mit 33 Punkten ist diese wesentlich geringer als im deutschen Mittel.

An IGLU 2006 nahmen weltweit insgesamt 35 Staaten teil. Hinzu kamen zehn Regionen. Mit IGLU wurde international vergleichend das Leseverständnis von Schülern der Klassenstufe 4 getestet. In Deutschland beteiligten sich rund 10000 Grundschulkinder aus 410 Schulen, davon 24 aus Thüringen. Lesefähigkeit ist bei IGLU definiert als die Fähigkeit, geschriebene Texte zu verstehen und zu nutzen. Schüler müssen Informationen aus Texten entnehmen und mit diesen Informationen weiterarbeiten. Diese Kernkompetenz wird durch IGLU am Ende der Grundschulzeit erhoben. Der Schwerpunkt der Untersuchung liegt nicht allein auf den Schülerleistungen, sondern auch auf deren schulischen und häuslichen Bedingungsfaktoren. Das Projekt ist zyklisch angelegt, um Tendenzen in der Entwicklung der Lesekompetenz erheben zu können. Nach IGLU 2001 ist IGLU 2006 die zweite Erhebung innerhalb eines fünfjährigen Turnus. Eine weitere internationale Untersuchung ist für das Jahr 2011 geplant.

Die durch PISA und andere Studien angestoßenen Maßnahmen greifen. Lesekompetenz ist eine Schlüsselqualifikation. Nicht umsonst heißt es: ‚Wer lesen kann, ist klar im Vorteil.’ An dieser Stelle möchte ich allen Eltern, Pädagogen und ihren Partnern aus den verschiedensten gesellschaftlichen Bereichen meinen ausdrücklichen Dank aussprechen. Nur durch das Engagement aller Beteiligten ist dieses Ergebnis möglich geworden. Die erzielten Spitzenleistungen sind Motivation, in den Anstrengungen nicht nachzulassen.

Im Bereich der Leseförderung wurde 2002 die Thüringer Leseinitiative ‚Lust auf Lesen’ ins Leben gerufen, die weit über die Schule hinaus wirkt. Zahlreiche Partner von der Wirtschaft bis hin zu den Medien unterstützen diese Aktion des Kultusministeriums. Außerdem bieten die Kindertagesstätten, die mehr als 95 Prozent der Kinder besuchen, und die Grundschulen mit flexibeler Schuleingangsphase und Hortbetreuung die Rahmenbedingungen, damit sich unsere Kinder gut entwickeln können.

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Auch die Einzelergebnisse in den vier getesteten Teilbereichen sind Spitzenergebnisse. Beim Lesen literarischer Texte führt Thüringen mit 564 Punkten die internationale Rangreihe an. Thüringen gehört dabei zusätzlich zur Spitzengruppe von Staaten, die signifikant über dem deutschen Mittelwert liegen. Beim Lesen von informierenden Texten liegen Thüringen und Bayern mit jeweils 560 Punkten signifikant über dem deutschen Mittelwert. Damit zählen beide Freistaaten in diesem Teilbereich der Lesekompetenz zur Spitzengruppe. Die Schülerinnen und Schüler in Bayern und Thüringen haben bei der direkten Entnahme von Informationen aus Texten, den so genannten textimmanenten Verstehensleistungen, mit 569 und 568 Punkten höhere Werte als die Kinder in Luxemburg und führen damit die internationale Rangreihe an. Bei den komplexeren Verstehensprozessen auf Basis von Hintergrundwissen, den so genannten wissensbasierten Verstehensleistungen, gehört Thüringen mit 557 Punkten zur Spitzengruppe von Staaten, die signifikant über dem deutschen Mittelwert liegen. Der Leistungsabstand zwischen Thüringen und Bremen ist mit 42 Punkten beträchtlich.

Thüringen ist das einzige Land, in dem die Lesekompetenz der getesteten Schülerinnen und Schüler auf der Gesamtskala signifikant über dem deutschen Mittelwert liegt. Beim Vergleich der Leseleistungen zwischen IGLU 2001 und IGLU 2006 haben Thüringer Schüler um 12 Punkte zugelegt. Das ist mehr als der Bundesdurchschnitt mit neun Punkten. Das hat seine Ursachen: Kontinuität im Bildungswesen, gute äußere Rahmenbedingungen und die engagierte Arbeit der Pädagogen sind der Schlüssel zum Erfolg. Kleine Klassen, eine bundesweit vorbildliche Schüler-Lehrer-Relation und durchgehend angebotene Ganztagesbetreuung im Grundschulhort bilden optimale äußere Rahmenbedingungen. Hinsichtlich der jährlich aufgewendeten Unterrichtszeit weist Thüringen mit Berlin und Bremen die höchsten Werte in Deutschland auf. Thüringen gehört mit Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen zu den Ländern, in denen alle Kinder Zugang zu einem Computer haben. Allerdings muss näher untersucht werden, warum der Anteil derjenigen Kinder die angeben, außerhalb der Schule nie oder fast nie zum Vergnügen zu lesen, in Thüringen bei überdurchschnittlicher Lesekompetenz relativ hoch ist. Auch die Ursachen des Vorsprungs der Mädchen vor den Jungen bei der Leseleistung bedürfen der weiteren Analyse. Hier müssen wir ansetzen, um noch besser zu werden.

Insgesamt ist der 9. Dezember ein guter Tag für Thüringen. Die Ergebnisse von IGLU zeigen einmal mehr nach PISA und dem Bildungsmonitor, dass der Freistaat eines der leistungsfähigsten Schulsysteme in Deutschland besitzt. Die Grundschulen zählen sogar international zur Spitze. All das zeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Dort, wo über Jahrzehnte hinweg Strukturdebatten geführt wurden, hat man die Zeichen der Zeit verpasst und wertvolle Zeit verloren. Wir brauchen keine Strukturdebatte, sondern eine Qualitätsdebatte.

IGLU-E 2006 verdeutlicht erneut, dass das gegliederte Schulsystem leistungsfähig ist. Wir wollen keine Einheitsschule, sondern für jeden Schüler die richtige Schule. Kontinuität und Verlässlichkeit sind für den Bildungserfolg unserer Kinder immens wichtig. Daher wird es mit uns keine Experimente geben. Im Mittelpunkt von Schule steht immer der einzelne Schüler. Die individuelle Förderung jedes Einzelnen ist und bleibt unser gemeinsames Ziel. Wir sind auf einem guten Weg, aber es gibt immer noch Spielraum nach oben», so der Minister abschließend.

* IGLU – Internationale Grundschul-Lese-Untersuchung

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