Auf der Suche nach Überlebenden

Ein Wäldchen nahe des Landschaftspark Dürrerhof bei Hötzelsroda. Junge Eschen sprießen aus dem Boden, Vögel zwitschern, die Sonne bricht immer wieder durch den nicht wirklich dichten Baumbewuchs im Frühling. Wer hier spazieren geht, der denkt wohl selten an etwas Schlimmes. Doch sobald er tiefer in diese eigentlich recht idyllische Landschaft eindringt, stößt auch das ungeübte Auge überall auf Stahlbetonklumpen, Bombenkrater und mehr schlecht als recht erhaltene Erdbunker.

Das sind alles Überbleibsel des BMW-Flugmotorenwerks

weiß Jessica Elsner. Die 24-jährige Eisenacherin studiert an der Universität Erfurt Geschichtswissenschaften und schreibt seit April an ihrer Masterarbeit, die einen sehr eindeutigen lokalen Bezug zu Eisenach hat.  „Das KZ-Außenlager „Emma“ in Eisenach – Zur Geschichte und Rolle des Lagers im Nationalsozialismus und dessen öffentlicher Wahrnehmung in der Wartburgstadt Eisenach“ lautet der Titel ihrer Arbeit.

Damit nähert sich die junge Frau einem Thema an, das auf keinen Fall als „einfach zu bezeichnen ist. Rund 150 Außenlager des Weimarer Kozentrationslagers Buchenwald gab es – allesamt verhältnismäßig klein und doch alle sehr stark mit den traurigen Schicksalen der religiös- und politisch Verfolgten in der NS-Zeit verbunden.

Das eigentliche Problem an der Arbeit ist, dass nur noch wenige wissen, dass es hier in Eisenach überhaupt ein solches Außenlager des KZ Buchenwald gegeben hat und dass dessen Häftlinge zur Zwangsarbeit im hiesigen BMW-Werk benutzt wurden

erklärt Elsner im Gespräch über ihre Arbeit. Zu viel Zeit sei seit der Befreiung im April 1945 vergangen, zu viel sei auch durch die Ideologie zu DDR-Zeiten vertuscht und damit vergessen worden. Somit konnte auch keine regionale Erinnerungskultur entstehen und die meisten Eisenacher, das weiß Jessica Elsner aus eigener Erfahrung, schauen zunächst ziemlich verdutzt, wenn sie von einem KZ auf dem Boden der Wartburgstadt spricht.

Genau das sei es auch, was ihr immer wieder zum Verhängnis werde. Denn offizielle Quellen zum Lager „Emma“ seien rar, so die 24-Jährige. Sie sei aus diesem Grund immer wieder auf die Hilfe von Zeit- und Augenzeugen angewiesen, die allerdings auch immer älter werden und damit immer weniger.

Gern jedoch will Jessica Elsner mit den Menschen, die zu jener Zeit in Eisenach wohnten in Kontakt kommen und bittet daher um Zuschriften per E-Mail (jessica.elsner@uni-erfurt.de). Dabei fügt sie hinzu:

Nur wenn wir eine wissenschaftliche und sachgerechte Aufarbeitung dieser schlimmen Zeit vorantreiben, können wir auch eine Erinnerungskultur schaffen.

 

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