Abstimmung zu Bürgermeister-Abwahl in frühestens 14 Tagen

«Ich appelliere an die Gemeinderäte und das Publikum, dass auf Sachebene und nicht emotional diskutiert wird.»
Mit diesem grundlegenden Satz eröffnete am gestrigen Mittwochabend die Vorsitzende des Wutha-Farnrodaer Gemeinderats, Sylvia Grasreiner (SPD), dessen 36. Sitzung.
Recht dünn war dabei jedoch die Tagesordnung der Sitzung in der Mosbacher Triftberghalle. Lediglich der inhaltliche Punkt «Abstimmung über den Antrag auf Abwahl des Bürgermeisters gemäß § 28 ThürKO» zierte das Papier, war aber zugleich Anlass, dass rund 50 Zuschauer und 14 Gemeinderatsmitglieder an der Ratsversammlung teilnahmen.

Doch schnell war klar, dass es in dieser Sitzung zu keiner Abstimmung über den Sachverhalt kommen würde und diese Wahl in frühestens zwei Wochen stattfinden kann.
In einem Antrag der SPD-Fraktion forderte deren Vorsitzende, Klaus Stöber (pl), eine Vertagung dieses Verfahrens und stattdessen eine erneute Aussprache über die Begründung des Abwahlverfahrens. «In der letzten Woche sind einige neue Gründe für eine Abwahl des Bürgermeisters hinzugekommen», erklärte Stöber in der Antragsbegründung. Mit 11 Ja-Stimmen und nur drei Gegenstimmen passierte der Antrag der SPD den Gemeinderat.

Was daraufhin folgte, war ein rund zehnminütiger Monolog des SPD-Fraktionsvorsitzenden, in welchem Stöber sich über das «Verhalten des Bürgermeisters gegenüber Gemeinderatsmitgliedern» echauffierte.
Dabei berichtete er, dass der Bürgermeister während einer nichtöffentlichen Sitzung der SPD, aus welcher Gieß bereits im letzten Jahr austrat, an der Tür gelauscht hatte. Auch berichtete Stöber davon, dass Bürgermeister Gieß einem Gemeinderatsmitglied zuhause aufgelauert habe und sie dort bedroht habe, da sie trotz einer ärztlichen Krankschreibung an einer Gemeinderatssitzung teilgenommen habe.

Doch nicht nur zu anderen Gemeinderatsmitgliedern äußerte sich Stöber. Auch mit seiner eigenen Person sei Gieß in «unangebrachter Weise» verfahren. So führte der SPD-Fraktionsvorsitzende über ein Telefonat aus, welches er am vergangenen Mittwoch mit einem Redakteur von Eisenachonline.de gehabt habe. Darin hatte ihn der Redakteur zu einer Anzeige wegen übler Nachrede und Verleumdung befragt, die Torsten Gieß gegen ihn gestellt hatte. «Es ist schlimm, dass man so etwas erst durch die Presse erfährt», mahnte Stöber an. «Dennoch bin ich glücklich darüber, da so Polizei und Staatsanwaltschaft auch die Hintergründe des Anzeigenden beleuchten müssen.»

Bürgermeister Torsten Gieß hingegen erklärte, dass Stöber mit «Halb- und Unwahrheiten agiere» und wies die Vorwürfe von sich.
Bestätigen tat Gieß diese Auffassung am heutigen Tag.
So liegt unserer Redaktion ein Schreiben des Bürgermeisters an die Polizei vor, in welchem er die Beamten unter anderem auffordert, das betreffende Gemeinderatsmitglied zum Tatbestand der Bedrohung zu befragen.

Allerdings waren es nicht nur Stöber und Gieß, welche sich in der Gemeinderatssitzung einen Schlagabtausch lieferten.
Auch der Erste Beigeordnete der Gemeinde, Matthias Kehr (SPD)mischte sich ein. Er erklärte zwar Gieß´ Verhalten für «sicherlich unschön», sprach aber von einem «Problem im Kommunikationsverhalten des Bürgermeisters». Gleichfalls verwies er auf ein förmliches Disziplinarverfahren, welches gegen Torsten Gieß durch die zuständige Dienstaufsichtsbehörde eingeleitet wurde. «Ich möchte aber noch einmal ganz deutlich betonen, dass auch für Torsten Gieß die Unschuldsvermutung gilt», erklärte Kehr und bat Stöber dabei ein Schreiben an Landrat Krebs (CDU) aufzusetzen, in welchem er diesem Gieß´ Verfehlungen mitteilte.

Dass jedoch nicht nur Gemeinderatsmitglieder in der gestrigen Sitzung ihre Fragen stellen können, sondern auch die Bürger das Recht auf Informationsbeschaffung hatten, dafür hatte SPD-Fraktionsmitglied Martin Valley gesorgt. In einem Antrag, welcher mit 10 Ja-Stimmen und vier Enthaltungen angenommen wurde, hatte er eine Bürgerfragestunde gefordert.
Diese Chance nutzte vor allem Guido Rübsam. Das Wuthaer SPD-Mitglied fragte Klaus Stöber, ob dieser Bürgermeister werden und damit Gieß´ Nachfolge antreten wolle. Stöber verneinte dies und erklärte, dass dies «nicht in einem Jahr und nicht in 20 Jahren» seine Absicht sei.

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