Ernst Kranz zieht Gemeinderatsmandat nach Debatte um Gieß zurück

Gut gefüllt war am heutigen Dienstagabend die Mosbacher Triftberghalle. Rund 150 Menschen waren gekommen, um sich selbst ein Bild von der 35. Sitzung des Wutha-Farnrodaer Gemeinderats zu machen.
Auf der Tagesordnung stand dabei vor allem ein Punkt im Fokus: die «Beratung und Aussprache zu einem möglichen Antrag auf Abwahl des Bürgermeisters».

Eingebracht hatte diesen Antrag gegen Bürgermeister Torsten Gieß (parteilos) die SPD-Fraktion unter Leitung ihres Fraktionsvorsitzenden, Klaus Stöber.
Unterstützung erfuhren die Sozialdemokraten dabei sowohl durch die CDU als auch durch die Fraktion der Linken. Bereits in der Vergangenheit hatte es Unstimmigkeiten zwischen Bürgermeister Gieß und den Mitgliedern des Gemeinderates gegeben und so war es vor allem der Streitpunkt «Bau der B 88», der die Gemüter erhitzte (Eisenachonline.de berichtete).

«Doch es geht bei diesem Antrag nicht um die verschiedenen Meinungen zum Bau der Bundesstraße», betonte Stöber in seiner Begründung. Viel eher hätten das «Verhalten des Bürgermeisters in den Gemeinderatssitzungen» und Gieß´ «Auftreten in verschiedenen Gremien und in der Öffentlichkeit» eine Bedeutung für den Antrag auf Abwahl. Und so führte Stöber in seiner Begründungsrede unter anderem verschiedene Äußerungen Gieß´ an. Auch Johanna Helch (Linke) kritisierte den Bürgermeister scharf und warf Gieß unter anderem Diffamierungen vor.
Auch der Linke-Fraktionsvorsitzende, Detlef Krüger, führte über den Bürgermeister aus und berichtete von «Peinlichkeiten», welche sich Gieß in den Sitzungen des Trink- und Abwasserverbandsrats Eisenach-Erbstromtal(TAVEE) erlaubt habe.
So berichtete er von einer Versammlung, bei der Torsten Gieß einen Aufenthalt in der polnischen Partnergemeinde vorgezogen hatte und vor seiner Reise keine Vertretung für die TAVEE-Versammlung benannt hatte.

Zu den Anschuldigungen im Großen und Ganzen äußerte sich der Bürgermeister, der aus personellen Gründen im Publikum platzgenommen hatte, nicht.
Allerdings ging er auf die genannte Reise in die Partnerstadt ein und verteidigte diese scharf als eine Reise, die den «europäischen Gedanken fördern» sollte.

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Nachdem Gieß den Gemeinderäten am Gastmikrofon Rede und Antwort gestanden hatte, beantragte SPD-Fraktionschef Stöber eine halböffentliche Sitzung, an der lediglich die Gemeinderäte, Jana Schreiber von der Kommunalaufsicht und der Bürgermeister selbst teilnehmen sollten.
Darin sollten auch die «persönlichen Interessen Gieß´» diskutiert werden, ohne dass dabei dem Privatmann Torsten Gieß ein Schaden zugefügt würde.
Mit 16 Ja-Stimmen und zwei Enthaltungen beschloss der Gemeinderat diese Form der Sitzung.

Rund eine Stunde lang, bis 21:53 Uhr, diskutierten die Abgeordneten daraufhin hinter verschlossenen Türen die Personalie Torsten Gieß. Zu einem Ergebnis äußerte sich im Nachgang kein Ratsmitglied, lediglich der frühere Bundestagsabgeordnete Ernst Kranz (SPD) gab im Anschluss an den nichtöffentlichen Part eine Erklärung ab, in der er seinen sofortigen Austritt aus dem Gemeinderat Wutha-Farnrodas mitteilte.
Kranz hatte in letzter Zeit als eine der treibenden Kräfte gegen seinen vormaligen politischen Ziehsohn, Torsten Gieß, gegolten und sich auf Gemeinderatssitzungen regelmäßig heftige Wortgefechte mit dem Bürgermeister geliefert.
Gieß selbst war zu keiner Aussage über die vorangegangenen Diskussionen bereit.

Die Abstimmung über den Abwahlantrag des Bürgermeisters findet allerdings erst im Gemeinderat in zwei Wochen statt. «Es ist von der Thüringer Kommunalordnung her so vorgesehen, dass nach einer Diskussion zunächst eine Bedenkzeit für einen Beschluss gewahrt wird», rechtfertigte Jana Schreiber von der Kommunalaufsicht dieses Vorgehen.

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