SPD feierte an ihrer Wiege ihr 140-jähriges Gründungsjubiläum

Auf Initiative von August Bebel und Wilhelm Liebknecht konstituierte sich im August 1869 in Eisenach die Sozialdemokratische Arbeiterpartei. Mit einem Festakt im «Thüringer Hof» und einem Volksfest rund um die Wiege der Sozialdemokratie, um den «Goldenen Löwen» in der Eisenacher Marienstraße, feierte die SPD ihr 140-jähriges Gründungsjubiläum. Die Festansprache hielt, einen Bogen von 1869 bis heute in amüsantem Stil spannend, der SPD-Bundesvorsitzende Franz Müntefering. Thüringens SPD-Vorsitzender Christoph Matschie erinnerte, schon den Gründungsvätern der Sozialdemokratie habe das Thema Bildung besonders am Herzen gelegen.
Die Thüringer SPD befinde sich mit ihren Plänen für Kindertagesstätten und Schulen in der Tradition der Parteigründer. «Es darf nicht Geld dafür ausgegeben werden, damit die Kleinkinder zuhause bleiben. Wir müssen vielmehr Geld für unsere Kindertagesstätten ausgeben», so Christoph Matschie und warb zugleich für die Thüringer Gemeinschaftsschule als ein Bildungsangebot, ein Ganztagsangebot als Bildungschance für alle.

Die Landtagswahl am 30. August sei auch ein Entscheid hierüber. Er erinnerte auch an den Fall der Mauer vor 20 Jahren. Die Entspannungspolitik von Willy Brandt unter dem Motto «Wandel durch Annäherung» sei eine wichtige Grundvoraussetzung gewesen. «Mehr Demokratie wagen», dieses Credo habe die Altbundesrepublik in die neue Zeit geführt.

Mitglieder des «Jungen Theaters» Eisenach erinnerten mit besonderen Interpretationen in Wort und Tanz an die Zeit von 1869 und ernteten dafür viel Beifall.
Eisenachs Oberbürgermeister Matthias Doht (SPD), der viele Gäste, darunter Thüringens DGB-Chef Steffen Lemme begrüßen konnte, stellte die große Geschichte der Stadt heraus.

«Ich bin sehr stolz Oberbürgermeister einer überschaubaren Stadt zu sein, die das Kulturerbe einer Großstadt hat», so Matthias Doht . Er verwies auf die Heilige Elisabeth, auf Martin Luther, auf Johann Sebastian Bach, Walther von der Vogelweide. «Der Physiker Ernst Abbe, ein Eisenacher, war nicht nur ein begnadeter Wissenschaftler und talentierter Unternehmer sondern eben auch ein Sozialreformer, der bereits im 19. Jahrhundert den 8-Stundentag und ein Mittagessen für die Belegschaft in seinen Zeiss-Werken in Jena einführte», führte das Eisenacher Stadtoberhaupt aus. Das am 8. August 1869 in Eisenach verabschiedete Programm der gerade gegründeten Sozialdemokratischen Arbeiterpartei war ein Plädoyer für gleiche Rechte und Pflichten, für die Abschaffung der Klassenherrschaft. Als grundsätzliches Ziel wurde die Schaffung des «freien Volksstaats» formuliert. Nur ein demokratischer Staat sei in der Lage auch die sozialen Fragen zu lösen; für Matthias Doht ein Fingerzeig ins Heute. Das Parteiprogramm von 1869 passte auf zwei DIN A 4 Seiten, kurz und prägnant, zuvor heiß diskutiert.

Auf das Organisationstalent und den weitsichtigen damals gerade 29-jährigen August Bebel, auf die heißblütigen Diskussionen während des Eisenacher Parteitages verwies Franz Müntefering. Das im Laufe der vielen Jahrzehnte Erreichte, oft im Schulterschluss mit den Gewerkschaften, sei nicht selbstverständlich. «Wir müssen das Erreichte sichern, zugleich täglich die Demokratie pflegen», betonte Franz Müntefering. Wenn die FDP in ihrem aktuellen Parteiprogramm fordere, keinen Kündigungsschutz für Mitarbeiter in Betrieben mit bis zu 20 Angestellten, in Betrieben dieser Größenordnung keinen Betriebsrat vorsieht, so müsse das doch wahrlich hellhörig machen. Die anstehende Bundestagswahl sei eine ganz wichtige Richtungsentscheidung. Mit CDU und FDP gäbe es Kapitalismus pur, unabgefedert!
Eine starke Sozialdemokratie, eine starke SPD in der Tradition von 1869, könne dies verhindern. Die Entscheidung treffe der Wähler zur Bundestagswahl im September.