Alle Warnungen in den Wind geschlagen: ThSV unterliegt Schlusslicht

«Unbegreiflich, wie wir uns das Spiel nach dem Ausgleichstreffer aus der Hand nehmen ließen.» Michael Dubiel, ehemaliger Kapitän und Abwehrstratege, verstand die ThSV-Welt nicht mehr. Die Spieler des bis dato punktlosen Schlusslichtes SG Wallau/Massenheim tanzten auf dem Parkett der Werner-Aßmann-Halle. Der ThSV Eisenach unterlag dem Aufsteiger mit 28:34 (15:18). «Der Bann ist gebrochen», jubelte Wallaus Trainer Carsten Bengs nach der faustdicken Überraschung.
Dabei hatten es die Eisenacher nach völlig verkorksten 48 Minuten in der Hand, noch alles richtig zu rücken. Beim Stand von 23:28 (48.) stellte Hans-Joachim Ursinus seine Abwehr zum wiederholten Male um, beorderte Karsten Wöhler und Benjamin Trautvetter auf vorgeschobene Positionen. Der Start zur Aufholjagd. Ballgewinne und Tempogegenstöße waren angesagt. Martin Hoffmann versenkte zum 27:28 Anschlusstreffer (50.). Torhüter Timo Meinl blieb im Siebenmeterduell gegen Sebastian Linder Sieger. Die über 1300 Zuschauer schraubten die Phonstärke in die Höhe. Christoph Jauernik zog urplötzlich ab. Das Leder zappelte zum 28:28-Ausgleich im Netz (51.). Doch danach raufte sich nicht nur Michael Dubiel die Haare. Das kurzzeitige Aufflackern wurde jäh beendet. «Wir waren nur eine Gruppe von Einzelspielern, keine Mannschaft», diese Aussage von Hans-Joachim Ursinus fand in der knapp zehnminütigen Schlussphase ihre Bestätigung. Die linke schien völlig losgelöst von der rechten Angriffsseite. Ein die Angriffshandlungen koordinierender Regisseur, eine Führungspersönlichkeit auf der mittleren Aufbauposition, stand an diesem Tag nicht in den Eisenacher Reihen. Weder Till Riehn, Christoph Jauernik oder Tomas Sklenak vermochte diese Rolle zu übernehmen. Konzeptionslos und von Egoismus geleitet stürzte der Favorit in die Pleite. «Disziplinlosigkeiten», befand Hans-Joachim Ursinus. Kilian Kraft versuchte es immer wieder erfolglos auf eigene Faust, stoppte, ebenso wie Christoph Jauernik, sich und sein Team durch Stürmerfouls. Die «Nullnummer» der knapp zehn Schlussminuten war die Folge. Anders die Gäste, die selbst die Aufregungen über eine vom Kampfgericht zu spät angezeigte und unwirksame Auszeit wegsteckten. Couragiert und selbstbewusst agierten sie in der Eisenacher Heimfestung. Torhüter Matthias Beer und Rechtsaußen Markus Rossmeier sorgten für die big points der Gäste. Der Keeper wehrte zwei Bälle von Kilian Kraft ab. Rossmeier traf von Rechtsaußen zum 28:30 (54.) und blieb kurz hintereinander im Siebenmeterduell gegen Timo Meinl gleich doppelt Sieger (28:32, 57.). Eine Eisenacher Rückhandablage nach Rechtsaußen landete im Seitenaus. Der Aufsteiger hatte den Favoriten in dessen Halle düpiert.
Alle Warnungen im Vorfeld, den Tabellenletzten nicht auf die leichte Schulter zu nehmen, waren mit dem Anpfiff Schall und Rauch. Die Lockerheit, ja Ausgelassenheit zur Mannschaftssitzung unmittelbar vor dem Anpfiff, löste bei Trainer Hans-Joachim Ursinus ein ungutes Gefühl aus. Alle Verletzungen und Krankheiten waren weitestgehend auskuriert. Was sollte da also schief gehen?
«Für keine Mannschaft ist ein Sieg in Eisenach alltäglich. Umso höher ist unser Erfolg zu bewerten. Wir sind in der 2. Liga angekommen», frohlockte Carsten Bengs, zu Erstligazeiten als Spieler mit Wallau das heiße Pflaster in Eisenach verspürend. Hans-Joachim Ursinus kündigte harte Aussprachen an, will sich «die Arbeit der jüngsten Zeit nicht vom Egoismus einzelner Spieler kaputt machen lassen».

STATISTIK
ThSV Eisenach: Meinl, Nositschka; Hoffmann (3), Trautvetter (6), Kraft (3), Sklenak (1), A. Wöhler (3), Weiß, Riehn (2/1), Luther (n.e.), Mellack, K. Wöhler (8/3), Bojinovic (1), Jauernik (1)

SG Wallau/Massenheim: Beer, Tillmann (n.e.); Ehrmann (6), Hetkamp (6), Lorenz (1), Plattner (2), Gassmann, Fäth (4), Bonnkirch (3), Rossmeier (6/2), Linder (5/4), Schimmelbauer (1), Garbo, Zölls, Hahn

Siebenmeter: Eisenach 7/4 – Wallau 7/6
Zeitstrafen: Eisenach 7 x 2 Min. – Wallau 5 x 2 Min.

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