Auswärts die alte Leier: ThSV unterliegt auch in Delitzsch

Eine Woche nach dem rauschenden Handballfest beim 33:24-Erfolg über Erstligaaufsteiger Bayer Dormagen enttäuschte der ThSV Eisenach seine Anhängerschaft wieder einmal bei einem Auswärtsspiel. «Immer die gleiche Leier», so die knappe Hundertschaft mitgereister in blau-weiß getauchter Fans aus der Wartburgstadt im Kultur- und Sportzentrum Delitzsch.
Wieder einmal war der ThSV Eisenach bei einem Tabellenkellerkind ein gern gesehener Gast. Concordia Delitzsch bejubelte vor über 1000 Zuschauern nicht nur einen 33:25 (12:11)- Sieg, sondern sicherte sich mit diesem Doppelpunktgewinn praktisch auf der Ziellinie den Klassenerhalt (Tabellenplatz 15).
«Die Mannschaft mit sehr viel Herz und sehr viel Willen trug verdient den Sieg davon», frohlockte Uwe Jungandreas, der Coach von Concordia Delitzsch, jüngst gar in Frage gestellt, trotz finanzieller und personeller Engpässe mit seinen Schützlingen die 2. Liga sichernd. «Delitzsch bot mit seinen derzeitigen Möglichkeiten im Aufbaubereich herzerfrischenden Handball», zollte auch Hans-Joachim Ursinus dem Sieger uneingeschränkt Lob. Die ausgelassene Freude der Gastgeber bescherte allen Zuschauern, damit auch den Eisenachern, nach dem Abpfiff Freibier und kostenfreie Bratwürste!
Der ThSV Eisenach beendet die Saison auf Tabellenplatz 11 (Vorjahr Platz 12), mit 31:37 Punkten (Vorjahr 29:39). Die HSG Gensungen/Felsberg und der TV Korschenbroich heißen die Absteiger, die HG Oftersheim/Schwetzingen muss in die Abstiegsrelegation gegen den 16. der Nordstaffel der 2. Liga, den TSV Altenholz. Die HSG Düsseldorf und Eintracht Hildesheim, die Zweiten der Süd- und Nordstaffel, bestreiten die erste Relegationsrunde um den Aufstieg in die 1. Bundesliga. Den direkten Aufstieg in die 1. Liga schafften der Stralsunder HV (Nordstaffel) und Bayer Dormagen (Südstaffel).

Keeper Timo Meinl hält ThSV Eisenach im Rennen
In der für Gastgeber Concordia Delitzsch so bedeutungsvollen Partie hatte es nach den ersten 30 Minuten keinesfalls nach einem so klaren Ausgang ausgesehen. Die Eisenacher, ohne ihren verletzten Stammlinksaußen Karsten Wöhler, waren im letzten Saisonspiel mit viel Feuereifer bei der Sache, standen den hoch motivierten Gastgebern in punkto Einsatzfreude nichts nach. «Wir wussten, was die Sunde geschlagen hatte», so Concorden-Coach Uwe Jungandreas. Doch seine Schützlinge packten keineswegs die Keule aus, setzten selbst in der Abwehr auf überwiegend saubere Mittel. Die überzeugenden Unparteiischen Blümel/Loppaschewski (Berlin) verhängten in diesem «Entscheidungsspiel» lediglich drei (!!) Zeitstrafen gegen das um den Klassenerhalt ringende Team (gegen Eisenach fünf). Im Vorwärtsgang setzte Delitzsch auf ein hohes Tempo, viel Bewegung mit und ohne Ball, heizte mit einem «Verlegenheitsrückraum», vornweg der kleine Japaner Hirotaka Kawada, Ulrich Streitenberger (5 Treffer) und Oldie Marco Bergelt (6) sowie dem torhungrigen Außen Sascha Meiner (8) den Gästen von Beginn ein.
Im Tor der Eisenacher lief jedoch Timo Meinl in seinem Abschiedsspiel (er unterzeichnet am heutigen Montag wahrscheinlich einen neuen Vertrag beim EHV Aue) nochmals zu Glanzform auf. Der 29-jährige Schlussmann wehrte bis zur Halbzeit 14 Bälle, darunter zwei Siebenmeter, ab und hielt seine Farben damit im Rennen. Er kompensierte damit fast im Alleingang die Ladehemmung der Offensivabteilung. Im Vorwärtsgang ließen die Eisenacher wieder einmal klarste Torchancen aus. Adrian Wöhler steuerte beim Stand von 6:6 (18.) gleich doppelt mutterseelenallein das gegnerische Gehäuse an, scheiterte erst am Holz und beim zweiten Mal am glänzend reagierenden Torhüter. So zappelte aber auch erst der fünfte Strafwurf durch Tomas Sklenak im Netz (54.), nachdem zuvor Till Riehn, Christoph Jauernik, Pavel Prokopec und Krisztian Szep-Kis den sich von Minute zu Minute steigernden Delitzscher Keeper Gabor Pulay vom Punkt nicht zu überwinden wussten.
Erwartungsgemäß drückten die Hausherren von Beginn auf die Tube, attackierten die Eisenacher frühzeitig. Pavel Prokopec kassierte eine Zeitstrafe, Krisztian Szep-Kis unterlief ein Schrittfehler, Delitzsch traf durch Oldie Marco Bergelt zum 5:3 (11.). Mehr Bewegung und mehr Struktur bekam Eisenachs Angriffsspiel mit der Hereinnahme von Till Riehn, der selbst per Doppelpack zum 5:5 (13.) ausglich. Mit einem auf spielerische Komponente setzenden mittleren Aufbauspieler bekommt Eisenachs Angriffsspiel mehr Linie und Zuschnitt. Die greifbare Eisenacher Führung vergaben zunächst Benjamin Trautvetter und Tomas Sklenak. Zu heißspornig, ohne Besonnenheit aber auch die Gastgeber in dieser Phase. «Energiebündel» Ulrich Streitenberger war aber selbst durch zwei Fahrkarten vom Punkt nicht zu stoppen. Thomas Oehlrich rackerte am Kreis, traf zum 12:9 über «Umwege» (28.).

Entscheidung binnen fünf Minuten
Die Spielentscheidung fiel praktisch zwischen der 40. und 45. Minute. «Fünf desolate Minuten. Wir hatten wieder einmal keinen Führungsspieler, der den Kopf oben behielt», so die nicht neue Aussage von Eisenachs Trainer Hans-Joachim Ursinus. Völlig ohne Zeitdruck wurde unvorbereitet zum Torwurf angesetzt, wurde versucht, den gut abgeschirmten Benjamin Trautvetter am Kreis anzuspielen. Delitzsch konterte die Eisenacher vom 16:14 (40.) zum vorentscheidenden 22:14 (45.) aus. UIrich Streitenberger und Thomas Oehlrich ließen sich nicht mehr stoppen. Timo Meinl sah sich im ThSV-Kasten serienweise im Stich gelassen. Concordia Delitzsch indes war im Stimmungshoch. Der schon an den Schläfen ergraute Concorden-Kapitän Marco Bergelt, in der nächsten Saison für Regionalligaaufsteiger DHfK Leipzig auflaufend, spazierte wie im Training durch die in Auflösung befindliche Eisenacher Abwehr (25:17). Das Kombinationsspiel der Hausherren lief, zur Freude des eigenen Anhanges, auf Hochtouren. Der in den Eisenacher Kasten gekommene Andreas Nositschka konnte das Leder nur noch aus den Maschen holen. Krisztian Szep-Kis sorgte nach dem 30:21 (57.) mit seinen Treffern dafür, dass die Differenz nicht auf über 10 Tore anwuchs.

Sympathiewelle für Stephan Mellack
In der 60. Spielminute sprachen die Unparteiischen dem ThSV Eisenach einen Siebenmeter zu. Von den Fans geradezu enthusiastisch gefeiert, schritt der zu Regionalligist Potsdam wechselnde Stephan Mellack zum Punkt und warf sein letztes Pflichtspieltor für den ThSV Eisenach. Sichtlich bewegt nahm dieser, in der Vorwoche zum Ehrenmitglied des ThSV-Fanprojektes ernannt, die erneuten Sympathiebekundungen entgegen und zeigte sich nach dem Spiel in kompletter ThSV-Fanprojekt-Montur! Ein Lausitzer mit ThSV-Herz! «Melle», ein Typ, von dem es leider nur noch wenige gibt!

Aufbauende Worte in Richtung Eisenach
In der Stunde der Genugtuung (gegenüber Zweiflern im eigenen Lager) und der Glückseeligkeit über den Klassenerhalt verteilte Uwe Jungandreas, der Coach von Concordia Delitzsch, noch aufbauende Worte in Richtung ThSV Eisenach. «In einer schwierigen Situation hat im Vorjahr Hans-Joachim Ursinus die Mannschaft übernommen und den Ligaverbleib gesichert. Ich verstehe schon die Kritik an der Erfolglosigkeit auf Reisen. Doch der Grundstein wird in erfolgreichen Heimspielen gelegt, wie es Eisenach praktiziert, dann stellen sich auch Erfolge auswärts ein. Da bin ich mir auch beim ThSV Eisenach sicher.» Die Worte gingen leicht über die Lippen, hat Uwe Jungandreas mit Concordia Delitzsch alle bisherigen Punktspiele gegen den ThSV Eisenach, sowohl in Delitzsch als auch unter der Wartburg, ausnahmslos gewonnen.

Statistik:
Concordia Delitzsch: Pulay, Huhnstock; Löffler, Meiner (8), Streitenberger (5), Oehlrich (6), Kählke (4), Kawada (3), Bergelt (6), Eulitz, Weiß, Dietzmann, Voigt, Deffke (1)
ThSV Eisenach: Meinl, Nositschka; Hoffmann (2), Trautvetter (2), Sklenak (4/1), A. Wöhler (1), Riehn (2), Luther (2), Mellack (1/1), Jauernik, Prokopec (5), Szep-Kis (6)
Zeitstrafen: Delitzsch 3 x 2 Min.; Eisenach 5 x 2 Min. (Rot gegen Trautvetter nach 3. ZS, 56.)
Siebenmeter: Delitzsch 2/0; Eisenach 6/2

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