Ein Derby voller Leidenschaft und handballerischer Magerkost

Der SV Town & Country Behringen/Sonneborn und der ThSV Eisenach II trennen sich letztendlich leistungsgerecht 30:30 (15:15)

Das war nichts für Handballfeinschmecker. Das war im Vorfeld auch nicht zu erwarten. Der SV Town & Country Behringen/Sonneborn setzte auf Kampf und Leidenschaft. Der ThSV Eisenach II nahm dies an, brachte sein spielerisches Potential aber nicht zum Tragen. Nach dramatischer Partie trennten sich beide Teams im stets brisanten Derby 30:30 (15:15).

Tim Rodrian besorgt mit seinem 12. Treffer in letzter Sekunde den Ausgleich

Letztendlich eine gerechte Punkteteilung. Im gesamten Spiel stand es stets ganz knapp. Der ThSV Eisenach II hat ganz andere Ziele als wir, sodass ich das Remis als gewonnenen Punkt einstufe, konstatierte Hannes Meyer, einer von fünf ehemaligen Eisenachern in den Reihen der Gastgeber, der am Kreis begann und später in den Rückraum wechselte. Mit Schönspielen ist in Behringen nicht zu gewinnen, unterstrich Michael Stegner-Guillaume.

Die Titelanwärter  HBV Jena (33:34) und der VfB Mühlhausen (31:32) nahmen jedoch mit knappen Siegen beide Zähler mit. Dem ThSV Eisenach II gelang das nicht. Ihm fehlte 1 Sekunde. Der in der Schlussphase ins ThSV-Gehäuse eingewechselte John Martin wurde ein Faktor, parierte zwischen der 52. und 60. Minute 5 Bälle, hatte erheblichen Anteil, dass aus dem 27:29-Rückstand seines Teams (55.) eine 30:29-Führung (59.) wurde. Den letzten abgewehrten Ball des 18-jährigen ThSV-Keepers angelte sich jedoch Tim Rodrian und besorgte mit seinem 12. Treffer (!) den viel umjubelten Ausgleich für den SV Behringen/Sonneborn. In doppelter Überzahl, in allerletzter Sekunde! Tim Rodrian krönte damit seine erneut bärenstarke Leistung. Nach dem frühen Aus für Oldie Mirko Brachmann (21., nach 3. Zeitstrafe) besetzte der 22-Jährige wechselweise alle drei Rückraumpositionen, war der Chef der Rückraum-Jugendbrigade zusammen mit Oscar Zika und Hannes Meyer, alle einst im Nachwuchs des ThSV Eisenach. Tim Rodrian glänzte auch als Spielgestalter, „Ein einstudierter Spielzug mit einer Auslösehandlung von Tim Rodrian führte mehrfach zum Erfolg“, frohlockte Michael Stegner-Guillaume.

Benjamin Trautvetter: Unterm Strich war es ein Punktverlust

Kein schönes Spiel, immer wieder Körperattacken, die keinen Spielfluss zuließen. Wir wollten Tempohandball spielen, doch das war unter diesen Umständen nicht möglich. Mit Blick auf die letzten zehn Minuten, mit unserem 2-Tore-Rückstand, sehe ich das Remis als Punktgewinn. Unterm Strich war es – mit unserem besser besetzten Kader – ein Punktverlust. Nach unserer 2-Tore-Führung kurz nach dem Seitenwechsel haben wir leider die Linie verloren, resümierte Benjamin Trautvetter, Interimstrainer des ThSV Eisenach II, in dieser Partie von Christian Roch unterstützt.

Benjamin Trautvetter, der sich in der Schlussphase selbst das Trikot überstreifte, verteilte Bestnoten an Philipp Emmelmann, der unermüdlich geackert und Pascal Küstner, der immer wieder den schmerzhaften Zweikampf gesucht habe. Mit je 7 Treffern waren beide auch die erfolgreichsten Werfer ihres Teams. Verletzungsbedingt konnte Christian Lämmerhirt nicht eingesetzt werden, damit fehlte dem ThSV Eisenach II der Mann für die einfachen Tore aus dem Fernwurfbereich. Im Torhüterduell verzeichneten die Hausherren ein Plus. Henrik Häuser parierte 14 Bälle, darunter einige spektakuläre. Für Marius Noack standen nur 8 gelungene Paraden in der Statistik.

ThSV Eisenach II nun 4 Minuszähler mehr wie Jena und Sonneberg
An der Tabellenspitze der Thüringenliga Männer liegen mit dem HBV Jena, dem VfB Mühlhausen, dem Sonneberger HV und dem ThSV Eisenach II vier Mannschaften ganz dicht beieinander. Durch die unterschiedliche Zahl absolvierter Spiele ergibt sich ein schiefes Bild. Der Sonneberger HV ließ zwei Niederlagen zum Saisonauftakt 9 Siege folgen, am Samstag ein 26:24 über den VfB Mühlhausen und liegt nach Minuszählern (4) gleichauf mit Tabellenführer HBV Jena. Beide Teams haben 4 Minuszähler weniger als der ThSV Eisenach II.  Der SV Behringen/Sonneborn rangiert mit 9 Pluszählern auf dem 10. Tabellenplatz.

Wir gehen unseren Weg weiter, verzichten auf kostspielige ausländische Neuzugänge, setzen auf unsere eigene Nachwuchsarbeit und sind mit der bisherigen Saisonausbeute zufrieden, erklärte Michael Stegner-Guillaume.

Referees meistern kuriose Situation mit salomonischer Entscheidung
Am meisten beschäftigt waren die Unparteiischen Ralf Langbein und Frank Schmidt.

Bei aller Kritik, spielentscheidende Fehler sind beiden nicht anzulasten, doch ihnen fehlte das Fingerspitzengefühl, befand Michael Stegner-Guillaume.

Die Referees hatten Schwerstarbeit zu leisten, verhängten 38 Strafminuten und 3 rote Karten. Es hätten beidseitig durchaus mehr sein können. Eine ganz knifflige und zugleich kuriose Situation hatten sie im ersten Abschnitt zu klären. Sie verhängten gegen Eisenachs Markus Collatz eine 2-Minuten-Strafe (23.). Der junge Rückraumspieler stand aber bereits nach einer Minute wieder auf dem Parkett. Zeitnehmer und Sekretär signalisierten das den Spielleitern. Eisenach Spielertrainer Benjamin Trautvetter konnte den Zeitpunkt der Rückkehr mit dem vom Sekretär ausgehändigten Zettel begründen. Doch der wies einen Rechenfehler auf, die Zeitangabe des Wiedermitwirkens beruhte nur auf einer Minute. Was tun? Das Spiel war bereits fortgesetzt. Die Spielleiter baten Markus Collatz zum einmütigen Nachsitzen auf die Bank. Eine salomonische Entscheidung. Die Frage, ob sie regelgerecht war, konnte an diesem Abend keiner beantworten.

Tim-Rodrian-Show
Aufgrund des Fehlens von Christian Lämmerhirt besetzte beim ThSV Eisenach II Pascal Küstner den rechten Rückraum, übernahm Philipp Emmelmann die Kreisposition, teilten sich Noah Streckhardt und Qendrim Alaj die Regieposition. Nach fast einjähriger Verletzungspause gab der in Behringen beheimatete Maximilian Manys auf Linksaußen seinen Wiedereinstand. Von Beginn war klar, es wird kein Abend für Handballfeinschmecker. Selten standen beide Teams in voller Zahl auf dem Parkett. Nach nicht einmal 10 Minuten war das Trikot von Maximilian Manys zerrissen. Er musste zum Trikotwechsel auf die Bank. Kurz zuvor hatte das Leder zum 2:3 ins Netz gehoben. In Unterzahl netzte Tim Rodrian zum 6:6 ein (14.). Der eingewechselte Armend Alaj traf mit schlitzohrigem Wurf zum 7:8 (17.). Pascal Küstner sah sich immer wieder härtester Körperattacken ausgesetzt. Für Sünder Mirko Brachmann kam das frühzeitige Aus (21.). „Das war wohl zu unserem Vorteil“, war hernach aus dem Gastgeber-Lager zu hören. Mit der Tim-Rodrian-Show wurde die spielerische Komponente zumindest etwas erhöht. Leichtfüssig narrte er mit Körperfinten die ThSV-Abwehr, verwandelte nach Regelwidrigkeit an Hannes Meyer von der Siebenmeterlinie zum 13:12 (25.). Nachdem er zuvor 4 Strafwürfe sicher vollstreckt hatte, scheiterte Eisenachs Markus Collatz im 5. Versuch an Schlussmann Henrik Häuser (28.). Den Führungstreffer von Oscar Zika zum 15:14 (29.) egalisierte Noah Streckhardt zum 15:15-Halbzeitstand.

Fast wäre ThSV-Keeper John Martin zum Matchwinner geworden
Mit Wiederanpfiff schien sich die Waage zu Gunsten der Eisenacher zu neigen, die ihre handballerischen Vorteile durch zwei Emmelmann-Treffer zum 16:18 (38.). Sekunden später musste Armend Alaj nach der 3. Zeitstrafe auf den Zuschauerbänken Platz nehmen (38.). Die Hausherren nutzten edie doppelte Überzahl zum 18:18 (39.). Lars Hellmund traf gleich dreifach  auf Vorlage von Tim Rodrian (21:21, 43.). Spielzüge auf beeide Außenpositionen ließen die Eisenacher Defensive schlecht aussehen. Der Kampf wogte hin und her. Nach dem 22:23 (44.) bekam der SV Behringen/Sonneborn Dank der Regiequalitäten von Christopher Kohls und Tim Rodrian Oberwasser. Eisenachs Noah Streckhardt und Makus Collatz trafen nicht. Christopher Kohls, Andre Schmandt und Tim Rodrian lochten für die Hausherren zum 25:23 ein (48.). Das Signal für Eisenachs Interimstrainer Benjamin Trautvetter, selbst einzugreifen. Mit dem auf die Regieposition gerückten Philipp Emmelmann fand sich der einstige Bundesligakapitän zum Duett, Pascal Küstner suchte und fand im leidenschaftlichen Zweikampf den Torerfolg. Dem Ausgleichstreffer stand jedoch Torhüter Henrik Häuser im Wege, der vom eigenen Anhang mehrfach mit Sonderbeifall bedacht wurde. Der zum Kreis eingelaufene Lars Hellmund dankte für ein erneutes Rodrian-Zuspiel mit seinem 5. Treffer zum 29:27 (55.). Die Männer aus der Wartburgstadt erhöhten noch einmal die Schlagzahl, motiviert durch die Paraden des in den Kasten eingewechselten John Martin. Per Schlagwurf glich Pascal Küstner aus, nach zwei Paraden von John Martin schaltete der eingewechselte Rechtsaußen Philipp Urbach ganz schnell und versenkte zum 30:29 (59.). ThSV-Keeper John Martin blieb auch im Duell mit Hannes Meyer Sieger (60.). Ballbesitz für den ThSV Eisenach II.  Heiß umstritten, eine Stürmerfoul-Entscheidung gegen Pascal Küstner. Dramatik pur. Zeitstrafen gegen die Eisenacher Pascal Küstner und Philipp Emmelmann, jeweils nach Foulspiel an Tim Rodrian. Doppelte Überzahl für die Hausherren, bei einer Spielzeit von 5 Sekunden. Den ersten Wurf wehrte ThSV-Schlussmann John Martin ab, beim Nachwurf war er machtlos. Spieler, Trainer und Anhänger des SV Town & Country Behringen/Sonneborn jubelten.

Statistik
SV Town & Country Behringen/Sonneborn: Gärtner, Hübner, Häuser; Zika (2), Brachmann (1), Kohls (2), Ehrhardt (4), Schmandt (1), Meyer (3), Hellmund (5), Kubald, Koch, Rodrian (12/3), A. Stegner
ThSV Eisenach: Noack, Martin; Trautvetter (1), Küstner (7/1), Urbach (1), Emmelmann (7/3), A. Alaj (1), Kreutzer, Collatz (5/4), Manys (3), Baur, Streckhardt (4), Q. Alaj (1)
Siebenmeter: SV Behringen/Sonneborn 3/3  /  ThSV Eisenach II 9/8
Zeitstrafen: SV Behringen/Sonneborn 9 x 2 Min. (Rot für Brachmann nach 3. ZS, 21.)  /  ThSV Eisenach II 10 x 2 Min. (Rot für Manys n. Foulspiel, 48., Rot für A. Alaj 3. ZS, 3.)
Schiedsrichter: Ralf Langbein/Frank Schmidt
Zuschauer: 149 in der Hanich-Sportalle Behringen

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