Eisenacher Heimspiel im Erzgebirge

Derbysiege, noch dazu in fremder Halle, schmecken zuckersüß! Der ThSV Eisenach siegte im ewig jungen Traditionsderby beim EHV Aue mit 29:22 (14:12), versetzte 250 (!) ins verschneite Erzgebirge mitgereiste Fans in einen Freudentaumel.
Die Eisenacher Fans bestimmten mit ihren blau-weißen Zipfelmützen optisch und mit Stimmgewalt auch akustisch das Geschehen auf den Traversen der mit insgesamt 1400 Zuschauern gut gefüllten Erzgebirgshalle.
Das Eisenacher Team übernahm nach einem 5:8-Rückstand das Kommando auf dem Parkett und schritt bereits mit einem 14:12-Vorsprung zum Pausentee. Nach dem Seitenwechsel biss sich der Gastgeber am Eisenacher Abwehrbollwerk um den bärenstarken Innenblock mit Daniel Luther und Eryk Kaluzinski sowie einem sich steigernden Stanislaw Gorobtschuk im Tor die Zähne aus. Daniel Luther war unmittelbar vor dem Spiel in der Kabine ausgerutscht, hatte sich das linke Sprunggelenk verdreht, biss nach der Behandlung durch «Ersatz-Physiotherapeut» Tommy Zimmermann auf die Zähne.
Auch das war Ausdruck des eisernen Willens des gesamten Eisenacher Teams, das nach famosen Heimspielleistungen auswärts bisher so oft enttäuscht hatte. Die Eisenacher Fans hatten deshalb nur ein einziges Transparent entrollt: Heimspiel. Die Werner-Aßmann-Halle war auf Tour ins Erzgebirge!

Im Vorwärtsgang schwang Alexander Koke vorzüglich den Taktstock, löste lehrbuchreife Angriffszüge zu Kapitän Benjamin Trautvetter an der Kreismitte aus, entwischte der schnelle Girts Lilienfelds immer wieder der Auer Abwehr. Der lettische Nationalspieler leistete die Vorarbeit zum 19:13 durch Benjamin Trautvetter (40.).
An der Dominanz der Wartburgstädter änderte auch die Einwechslung von Ex-ThSV-Keeper Timo Meinl ins Auer Gehäuse nichts. «Ganz stark in Abwehr und Angriff, im Stil einer Spitzenmannschaft. Sie spielten geduldig im Rückraum und suchten dann das Zuspiel zum Kreis», zollte Maik Nowak, der Coach des EHV Aue, den Eisenachern ein dickes Lob. Für seinen Rückraum fand er fast nur kritische Worte, stellte die Zweitligatauglichkeit einiger seiner Rückraumspieler öffentlich in Frage. Eisenachs Aufbaureihe mit Alexander Koke auf der Regieposition, Tomas Sklenak im linken und Girts Lilienfelds im rechten Rückraum, variierte geschickt das Tempo, zog selbst ab, wie Tomas Sklenak zum 22:15 (48.) oder bediente die Kreisspieler, wie die Vorlage zu Adrian Wöhler, der von Linksaußen Timo Meinl beim 23:16 (50.) keine Abwehrchance ließ.

Solotänzchen von ThSV-Coach Adalsteinn Eyjolfsson
Der EHV Aue auf dem Parkett und sein Anhang hatten längst resigniert. Die EHV-Defensive schaute dem schwungvollen und variantenreichem Angriffspiel der Thüringer verdutzt hinterdrein, wusste sich nur auf Kosten von Siebenmetern zu helfen, die Alexander Koke kaltschnäuzig, wie beim 25:17 (53.), versenkte. Benjamin Trautvetter, vom Gastgeber zum «player of the mastch» gewählt, war regelkonform nicht zu stellen. Nach einem Ballgewinn startete Tomas Sklenak gar zum 28:18 (57.) durch. «Oh, wie ist das schön», intonierte die komplett von Eisenacher Fans gefüllte Südtribüne. «Einfach Weltklasse, diese Fans», strahlte Adalsteinn Eyjolfsson, der Coach des ThSV Eisenach. Nach dem Abpfiff skandierten die ThSV-Anhänger «wir wollen den Trainer sehen». Dieser war hin und weg, kam beifallsumrauscht zu einem kleinen Solotänzchen auf das Parkett. Und auch der Trinkwasser schleppende Marketing-Geschäftsführer wurde mit «Karsten-Wöhler»-Sprechchören gefeiert.

Entscheidender Schachzug im Abwehrverband
Die Auftaktphase erinnerte freilich an vormalige Auswärtsauftritte des ThSV Eisenach. Das Team erarbeitete sich beste Tormöglichkeiten, scheiterte jedoch in Serie an Aues Schlussmann Mareks Skabeikis. Dieser vereitelte bereits in den ersten zwei Minuten drei Riesenchancen der Eisenacher. Im Angriff sorgte der ehemalige Eisenacher Zbynek Vesely für Alarmstimmung in den Reihen seines Ex-Vereins. Per Tempogegenstoß traf der inzwischen 32-jährige Tscheche zum 6:4 für seine Farben (10.). Auch Alexander Matschos sorgte aus dem Rückraum für Gefahr. («So lange bei ihm die Luft reicht», formulierte EHV-Coach Maik Nowak ironisch nach dem Abpfiff.) Nach einer neuerlichen Skabeikis-Parade traf Tommi Sillanpää im Gegenzug zum 8:5 für den EHV Aue (12.). Eisenachs Bank mit Coach Adalsteinn Eyjolfsson reagierte, brachte Tomas Sklenak für Eryk Kaluzinski im linken Rückraum und im Abwehrverband gelang der entscheidende Schachzug. Der bandagierte Daniel Luther bildete fortan mit Eryk Kaluzinski ein Abwehrbollwerk im Innenblock. Aues Rückraum hatte kein Rezept mehr. Nach vorn kam der ThSV-Motor nun so richtig auf Touren. Girts Lilienfelds war ein um das andere Mal zu schnell für seine Gegenüber. Tomas Sklenak brachte seine arteigenen Stärken ein. Die Außenspieler rissen mit Einlaufen zur Kreismitte die Abwehr auf. Nach einem Ballgewinn durch Alexander Schiffner vollendete Nick Heinemann per Tempogegenstoß zum 11:11-Ausgleich (23.). Im Zusammenspiel mit seinen Vorderleuten bekam nun auch der junge Stanislaw Gorobtschuk im Eisenacher Gehäuse die Hände vor der Linie ans Leder. Schlitzohrig zog Aleksander Koke zum 12:11 für den ThSV Eisenach ab (26.). Fortan gaben die Wartburgstädter die Führung nicht mehr ab! Benjamin Trautvetter besorgte die 14:12-Halbzeitführung für den ThSV Eisenach, die noch um einen Treffer höher hätte ausfallen können, doch Alexander Schiffner scheiterte unmittelbar vor der Sirene nach einem Tempogegenstoß am EHV-Schlussmann.

Alexander Koke dirigiert ThSV Eisenach zum souveränen Sieg
Die zweite Halbzeit begann mit einer Freiwurfablage der Auer in die Hände von Eisenachs Nick Heinemann! Die eigentlichen Hausherren zeigten sich von der Qualität und Souveränität der Eisenacher sichtlich beeindruckt. Der tatendurstige Zbynek Vesely stand beim EHV Aue zumeist allein auf weiter Flur. Eric Meinhardt vermochte dem EHV-Angriffsspiel kein Pep zu verleihen. Erst spät, als das «Kind bereits im Brunnen lag», kam der junge hochtalentierte Carlo Wittig, auf der Regieposition. Bis dahin erteilte der ThSV Eisenach dem EHV Aue eine Lehrstunde. Benjamin Trautvetter stellte seine Klasse einmal mehr unter Beweis, traf vom Kreis zum 20:14 (42.) für die Wartburgstädter, die sich vom Kurs Auswärtssieg nicht mehr abbringen ließen. Alexander Koke hielt mit seiner Crew das ThSV-Schiff klar auf Kurs.
Auch wenn es ihnen sichtlich schwer fiel, Rüdiger Jurke und Maik Nowak, Manager und Trainer des EHV Aue, sprachen von einem auch in der Höhe verdienten Sieg des ThSV Eisenach. Eisenachs Kapitän Benjamin Trautvetter brachte bei der Auszeichnung als «player of the mastch» seine Hoffnung zum Ausdruck, dass es auch in der neuen eingleisigen zweiten Liga die Duelle zwischen Eisenach und Aue gibt. «Dieses stets stimmungsvolle Derby muss bleiben», betonte Benjamin Trautvetter. Sein Team hat zum Erreichen der neuen Spielklasse mit 17:11 Punkten beste Chancen. Die für den EHV Aue sehen momentan mit 9:19 Punkten auf Platz 14 nicht so rosig aus.

Statistik:

EHV Aue: Skabeikis, Meinl; Schäfer (1), Meinhasrdt (1), Rothenburger (2), Berthold, Agnarsson (2), Mägi (1), Vesely (8/4), Sillanpää (1), Salmin, Uematsu (3), Matschos (2), Wittig (1)

ThSV Eisenach: Gorobtschuk, Musil; Trautvetter (5), Sklenak (4), A. Wöhler (2), Koke (9/6), Luther, Bitterlich, Kaluzinski (2), Hruby, Schiffner, Langhans, Heinemann (2), Lilienfelds (5)

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Siebenmeter: EHV Aue 5/4 – ThSV Eisenach 7/6

Zeitstrafen: EHV Aue 5 x 2 Min. – ThSV Eisenach 2 x 2 Min.

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