Handball: Raubein-Derby in Aue

Eisenachs Coach Petkovic: Ich hatte Kampf erwartet aber keine Prügelei!

Erste Niederlage nach neun Siegen: ThSV Eisenach unterliegt im
knüppelharten Derby beim EHV Aue mit 27:29 (13:13)

Die Emotionen schlugen hoch bei der Neuauflage des Traditionsderbys, das einer Schlacht glich. Vor dem Anpfiff wurde freundschaftlich geplaudert, zwischen den Geschäftsführern Rüdiger Jurke (Aue) und Karsten Wöhler (Eisenach), tauschte sich Eisenachs zum HSV Hamburg abwandernder Rückraumspieler Dener Jaanimaa mit seinen ehemaligen Teamkollegen vom EHV Aue aus, schüttelte Radek Musil, der Ex-Eisenacher im Tor des EHV Aue, viele Hände in den Reihen der Aktiven und der nahezu 300 aus Thüringen angereisten Fans, die zu einer stimmungsvollen Kulisse beitrugen. Die 60 Minuten auf dem Parkett der Erzgebirgshalle glichen dann allerdings einer Schlacht. Danach war das Tischtuch zerschnitten. Die Trainer würdigten sich keines Blickes. „Ich hatte einen Kampf erwartet, aber keine Prügelei. Von Beginn waren Schläge auf den Kopf meiner Spieler angesagt. Jetzt ist mir der Grund über die Heimstärke des EHV Aue klar und weshalb sie auswärts mit zehn Toren verlieren“, erklärte ein über die Gangart der Gastgeber frustrierter Eisenacher Trainer Velimir Petkovic, der sich – trotz des Bemühens von EHV-Manager Rüdiger Jurke um Zurückfahren der Emotionen – beim Verlassen der Pressekonferenz im VIP-Raum noch unflätigen Beschimpfungen ausgesetzt sah. „Wir hätten einen Punkt verdient gehabt, Ich bin enttäuscht, auch über die bisher bei diesen Derbys nicht gekannte Gangart des EHV Aue. Wir richten jetzt den Blick nach vorn. Am Samstag wartet im Heimspiel gegen den HSC Coburg die nächste Aufgabe. Wir wollen uns für die klare Hinspielniederlage revanchieren und doppelt punkten. Abgerechnet wird am Ende der Saison“, fasste Karsten Wöhler am Montagvormittag seine Gemütslage zusammen.

Der EHV Aue packte von Beginn die Keule aus
Mit einer roten Karte und acht Zeitstrafen kam der EHV Aue mehr als glimpflich davon. Dener Jaanimaa und Marcel Schliedermann fühlten sich insbesondere im zweiten Abschnitt wie Freiwild. Die Spielleiter Thomas Hörath und Timo Hoffmann, die zwar bereits in der 12. Minute Rot gegen Bjarki Gunnarsson zückten, vermochten in brodelnder Atmosphäre die Auer Raubeine nicht zu stoppen. Runar Sigtryggsson, der Coach des EHV Aue, einst selbst Spieler und Trainer beim ThSV Eisenach, der im Vorfeld ein „Kampfspiel“ prognostiziert hatte, sah das freilich anders. „Ein verdienter Sieg für meine Mannschaft, trotz der Schiedsrichter-Entscheidungen gegen uns“, formulierte der Isländer, der seinem 18-jährigen Sohn Dadi Runarsson in diesem Derby im Rückraum ganz viel Verantwortung übertrug. Der ThSV Eisenach vermochte die Überzahlsituationen nicht effektiv zu nutzen. „Das war ein Manko. Mit der Positionsverteidigung setzte der EHV Aue über weite Strecken die linke Eisenacher Angriffsseite matt“, analysierte Timo Meinl, einst Torhüter beim ThSV Eisenach und beim EHV Aue, jetzt im Gehäuse von Drittligist Elbflorenz Dresden. Der EHV Aue hatte über die Distanz mit dem 41-jährigen zwei Kopftreffer kassierenden Radek Musil ein Plus auf der Torhüterposition. Eisenachs Keeper Rene Villadsen begann ganz stark, parierte bis zur 20. Minute acht Bälle, darunter einen Siebenmeter, bekam danach, wie sein kurzzeitig (26.- 36. Min.) eingewechselter Kollege Stanislaw Gorobtschuk, kaum noch einen Ball zu fassen. Die Hausherren kamen gegen eine zu passiv agierende Eisenacher Abwehr insbesondere durch Rückraumspieler Janar Mägi (8 Tore) zu leichten Treffern. Die Außen Jan Faith und Marvin Sommer (zusammen 10 Tore) schlossen per Gegenstoß und aus dem Positionsangriff ab. Eisenachs bestens abgeschirmter Top-Torjäger Bjarki Elisson gelangen nur zwei Feldtore (plus fünf verwandelter Siebenmeter). Ballgewinne in der Abwehr und Steilvorlagen auf den jungen Isländer, ein Erfolgsrezept der letzten Wochen, fanden kaum statt. Der EHV Aue ging in Unterzahl volles Risiko, brachte bei Ballbesitz für seinen Torhüter einen zusätzlichen Feldspieler.

Entscheidung in brodelnder Atmosphäre im Finish
Die Entscheidung fiel in der Schlussphase der Partie. Die Wartburgstädter begannen mit der zuletzt erfolgreichen Formation, hatten freilich den sich erneut einen Kreuzbandriss zuziehenden Tomas Sklenak keinen „Turbo“ in petto. Dafür standen die lange verletzt pausierenden Hannes Jon Jonsson und Girts Lilienfelds erstmals wieder im Aufgebot. Girts Lilienfelds kam vor der Pause ganz kurz auf das Parkett. Hannes Jon Jonsson füllte längere Zeit die Regieposition aus. Im ersten Abschnitt kompensierte die rechte Eisenacher Angriffsseite (Nick Heinemann mit 4 Toren) die kalt gestellte linke Angriffsseite. Nach einem Jaanimaa-Knaller zum 3:5 (15.) erhöhten die Hausherren die Schlagzahl, trafen nach dem 8:8 (22.) zum 12:9 (27.). Bjarki Elisson, Nick Heinemann und Jan Forstbauer sorgten für das 12:12 (29.). Der eingewechselte Hannes Jon Jonsson initiierte den letzten Eisenacher Angriffszug vor der Pause. Nicolai Hansen konnte nur durch Foulspiel gestoppt werden. Bjarki Elisson verwandelte zum 13:13-Pausenstand.
Vor Leidenschaft sprühend kamen die Gastgeber aus den Kabinen, nutzten Ballgewinne zum 19:14 (37.). Sie setzten vorübergehend ihre Positionsverteidigung aus, sodass nun Eisenachs von der HSG Wetzlar umworbener Rückraumspieler Aivis Jurdzs mehrfach erfolgreich abzog (6 Treffer im zweiten Abschnitt). Was blieb, war die unsaubere Gangart der Hausherren. Die Eisenacher steckten die Fouls in Serie weg, nahmen den Kampf an, operierten mit Herzblut., Aivis Jurdzs und Dener Jaanimaa verkürzten bis auf zwei Treffer (12:19, 45.). EHV-Keeper Radek Musil zögerte den Ausgleichstreffer hinaus. Dener Jaanimaa (trotz rabiaten Foulspiels) und Aivis Jurdzs versenkten dann doch zum 25:25-Gleichstand (54.). Der EHV Aue stellte wieder auf Positionsverteidigung gegen Aivis Jurdzs um. Spannung und Dramatik pur waren angesagt. Nach dem 26:26 (57.) erhöhten die Hausherren den Druck auf den Eisenacher Angriff, eroberten sich in hitziger Atmosphäre das Leder, trafen durch Ladislav Brykner, Marvin Sommer und Eric Meinhardt (per Siebenmeter) zum 29:26 (59.). Die Entscheidung in einem denkwürdigen Handball-Klassiker war gefallen.

ThSV Eisenach muss Aufstiegsplatz 3 wieder räumen
In Baden Württemberg, beim TV Bittenfeld, wird man sich angesichts der rabiaten Spielweise des EHV Aue genüsslich die Hände reiben. Der TV Bittenfeld kletterte wieder auf Platz 3. Hinter Tabellenführer SC DHfK Leipzig ist ein Kopf-an-Kopf-Rennen um die zwei weiteren Aufstiegsplätze zwischen den DJK Rimpar Wölfe, dem TV Bittenfeld, dem ThSV Eisenach und der HSG Nordhorn-Lingen entbrannt. Noch stehen 6 Spieltage an.

Erneutes Derby für die Wartburgstädter
Am kommenden Wochenende steht dem ThSV Eisenach ein erneutes Derby ins Haus. Bis dahin sind die Wunden der „Schlacht von Aue“ auszukurieren. Die Schützlinge von Velimir Petkovic empfangen am Samstag, 18.04.2015 um 19.30 Uhr zum thüringisch-fränkischen Vergleich den HSC Coburg, der lange Zeit im Aufstiegsrennen mit mischte, dem zuletzt aber die Puste ausging. Der ThSV Eisenach muss doppelt punkten, um alle Chancen im Aufstiegsrennen zu wahren. Der Ticketverkauf läuft bereits auf Hochtouren. Nur noch wenige Sitzplätze sind erhältlich. Eintrittskarten können vorab online unter www.thsv-eisenach.de und in der ThSV-Geschäftsstelle erworben werden. Aus Coburg hat sich eine große Zahl von Handballfans angesagt. Für Anhänger des ThSV Eisenach gilt, ganz schnell seinen Platz sichern!

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Statistik

EHV Aue: Musil, Peterusson; Schäfer, Meinhardt (5/2), Roch, Brykner (4), Mägi (8), A. Sigtryggsson, Sommer (4), Faith (6), Gunnarsson, Mazur, Runarsson (1), Sightorsson (1),

ThSV Eisenach: Villadsen, Gorobtschuk; Elisson (7/5), Wöhler, Jurdzs (6), Jonsson (1), Luther, Forstbauer (2), Schliedermann, Hansen, Heinemann (4), Lilienfelds, Koloper

Zeitstrafen: EHV Aue 8 x 2 Min. / Rot für Gunarrsson nach grobem Foul (12.)
ThSV Eisenach 3 x 2 Min.

Siebenmeter: EHV Aue 4/2
ThSV Eisenach 5/5

Schiedsrichter: Hörath/Hofmann

Zuschauer: 1.800

Th. Levknecht

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