Im Positionsangriff klemmte erneut die Säge

Knapp 20 Minuten nur 1 Treffer: ThSV Eisenach unterliegt nach 10:8-Halbzeitführung mit 17:22 beim VfL Bad Schwartau

Der ThSV Eisenach schnupperte an der Ostseeküste am 2. Saisonsieg. Eine gute Abwehrleistung konnte einen miserablen Positionsangriff nicht kompensieren. Knapp 20 Minuten erzielten die Wartburgstädter beim VfL Bad Schwartau nur einen einzigen Treffer, gerieten nach einer 10:8-Führung (29.) mit 11:15 (48.) in Rückstand, verließen am Ende mit einer 17:22 (10:8)-Niederlage das Parkett der mit nahezu 2.100 Zuschauern gefüllten Hansehalle in Lübeck. Freitag, der 13. hätte für die Thüringer ein Wendepunkt sein können.

Wir hatten mit unserer Abwehrvariante eigentlich den Erfolg organisiert, doch unser Rückraumspiel stand dem entgegen, konstatierte ThSV-Coach Christoph Jauernik.

Unterm Strich stand eine unnötige Niederlage, die 8. in Folge. Auch das ist die bittere Wahrheit: Mit 2:16 Punkten vermelden Statistiker den schlechtesten Saisonstart Eisenacher Handball-Männer seit 1971! Im Jahr 1975 brauchte Motor Eisenach 9 Spieltage für den 2. Sieg, 1971 wurde mit 12 Niederlagen gestartet, gelang erst am 13. Spieltag mit einem 17:16 über Post Schwerin der erste Sieg. Nur Relegationsspiele sicherten seinerzeit Motor Eisenach den Verbleib in der aus 10 Mannschaften bestehenden höchsten DDR-Handball-Spielklasse. Diese gibt es nicht mehr. In der 20 Mannschaften umfassenden eingleisige  2. Handballbundesliga muss mindestens Platz 16 belegt werden, um die Klasse zu halten.

VfL-Coach Greve: Die kalkulierte Eisenacher Schwächephase kam
„Mit ihrer offensiven Abwehr haben uns die Eisenacher im ersten Abschnitt erhebliche Probleme bereitet. Wir entwickelten zu wenig Druck auf die Gäste-Abwehr. Der ThSV Eisenach hat seine Angriffe lange ausgespielt, uns dadurch die Emotionalität genommen. Die Wartburgstädter haben eine gute erste Halbzeit gespielt. Aus der Analyse wussten wir, Eisenach zeigt im zweiten Abschnitt stets eine längere Schwächephase. Das war auch so. Wir hingegen standen in der Abwehr weiter stabil, agierten im Angriff deutlich beweglicher und mit viel Emotionalität, schlossen jeden zweiten oder dritten Angriff erfolgreich ab. Spielentscheidend, die 20 Minuten vom 8:10 zum 15:11“, resümierte Torge Greve, der Trainer des VfL Lübeck-Schwartau.

Ich hoffe, Eisenach rappelt sich noch aus dem Tabellenkeller raus, fügte der 42-Jährige hinzu.

Schliedermann: Wir spielten eine richtig gute erste Halbzeit
Für Marcel Schliedermann war es eine ganz besondere Partie. Der Eisenacher Rückraumspieler trug 5 Jahre das Trikot des VfL Bad Schwartau, ehe er 2014 ins Thüringische wechselte. Diese Zeit blieb positiv in Erinnerung, wurde der nach einem schweren Autounfall Anfang des Jahres erst wieder auf das Parkett zurückgekehrte mit ganz viel Beifall begrüßt. Nach dem Spiel wollte im Foyer nahezu jeder ihm die Hand schütteln oder zumindest auf die Schulter klopfen. Marcel Schliedermann, wie erwähnt nach monatelanger Zwangpause erst wieder zurück, zählte zu den besten Eisenachern. Sein Trainer Christoph Jauernik betraute ihn von Beginn mit der Rolle des Spielgestalters. Diese füllte er mit seiner typischen Art auch erfolgreich aus. So lange die Kraft reichte. Als diese Schwand, vermochte er nicht mehr so die Akzente zu setzen.

Wir spielten eine richtig gute erste Halbzeit. Nur 8 Gegentore sprechen für unsere Abwehr. Nach dem Seitenwechsel haben wir in der Abwehr Schlüssel-Zweikämpfe verloren. Doch viel schlimmer und gravierender, unser Angriffsspiel war eine Katastrophe. Damit haben wir die Hausherren stark gemacht, bilanzierte Marcel Schliedermann völlig ausgelaugt.

Zu den besten Eisenachern zählte einer, der auch erst gerade aus der Krankenstation zurückkehrte. Kapitän Daniel Luther, im ersten Abschnitt überwiegend in der Abwehr aufgeboten, agierte ab Mitte der zweiten Halbzeit auch im Angriff im linken Rückraum. Er markierte zwei der gerade einmal 5 Eisenacher Rückraumtreffer in der zweiten Halbzeit.

ThSV-Coach Jauernik: Nach Misserfolgen fehlte die Traute
„Nach verworfenen Bällen fehlte die Traute zum eigenen Abschluss, wurde versucht den Teamkollegen anzuspielen, der nicht frei war. Daraus erhöhte sich die Zahl unserer technischen Fehler“, konstatierte Eisenachs Trainer Christoph Jauernik. Alle drei Kreisspieler wurden nur selten in Szene gesetzt. Vor der Pause klappte zumindest das Zusammenspiel zwischen Matthias Gerlich und den Linksaußen lauernden Adrian Wöhler. Das Protokoll seines Co-Trainers Arne Kühr wies 9 technische Fehler im zweiten Abschnitt auf, gegenüber 5 während der ersten 30 Minuten. Nur das Torhüterduell sah beide Keeper (Dennis Klockmann VfL Lübeck, Jan-Steffen Redwitz, ThSV Eisenach) in der Gesamtstatistik auf dem gleichen Level. Dennis Klockmann, der Keeper des VfL Lübeck-Schwartau, in der Vorsaison zum besten Torhüter der Liga gekürt, wurde allerdings im zweiten Abschnitt ein wichtiger Faktor für die Hausherren. Wo Matthias Gerlich oder Alexander Saul hinwarfen, da stand der 35-Jährige schon.

Eisenachs Abwehrvariante schmeckte Marmeladenstädtern nicht
Die vom Eisenacher Trainer ausgetüftelte personelle und taktische Variante ging zunächst voll auf. Eine 5:1-Abwehr, mit Daniel Luther in der Mitte vorgezogen und dem auch immer wieder offensiv heraustretenden  Willy Weyhrauch, schmeckte dem Hausherren nicht. Duje Miljak und Daniel Luther lösten Matthias Gerlich und Hannes Iffert für Abwehraufgaben ab. Jonas Richardt begann im rechten Rückraum. Die Norddeutschen, mit ihrer ersten Saisonniederlage am vergangenen Wochenende bei der HG Saarlouis im Hinterkopf, kamen nicht in Tritt. Anders die Eisenacher. Sie trumpften auf, spielten ihre Angriffe lange aus, um dann urplötzlich abzuziehen. Marcel Schliedermann, immer wieder beherzt den Zweikampf suchend, tankte sich zum 2:3 durch (10.). Eine Fackel von Matthias Gerlich, bei dem das Zielwasser insgesamt nass war, schlug zum 2:5 ein (15.). Matthias Gerlich setzte mit einem ballverlagernden Pass Adrian Wöhler zum 4:8 in Szene (22.). Tore auf beiden Seiten blieben weiter Mangelware. Die Eisenacher ließen dicke Tormöglichkeiten aus, versäumten es mit einem Polster in die Pause zu gehen.

ThSV Eisenach mit nur noch 7 Treffern nach dem Seitenwechsel
Nach Wiederanpfiff meisterten die Thüringer zunächst eine Unterzahlphase gut, doch unter Druck erhöhte sich die Zahl an Fehlern. Bei Marcel Schliedermann, dem Kopf der Eisenacher Mannschaft, schwanden die Kräfte. Die Hausherren gingen mit Power und Leidenschaft zu Werke. „Wir bewegten uns auch wesentlich besser“, befand VfL-Trainer Torge Greve. Seine Mannen trafen aus dem Rückraum, durch Toni Podpolsinski (4 Treffer) und Jan Schult (6). Beim ThSV Eisenach klemmte indes deutlich die Säge im Positionsangriff. Jasper Bruhn vollendete mit sehenswertem Heber zum 15:11 (48.). Die Eisenacher rappelten sich noch einmal auf, fighteten. Einen Ballgewinn von Daniel Luther nutzte Alexander Saul, um auf zwei Treffer zu verkürzen (18:16, 56.) und noch einmal Hoffnung zu pflanzen. Doch die im Stimmungshoch befindlichen Hausherren antworteten entschlossen zum 20:16 (57.) und 22:17 (59.).

Statistik:
VfL Lübeck-Schwartau: Mallwitz, Klockmann; Glabisch, Milde, Lauenroth, Podpolinski (5), Akermann (1),  Hansen (4), Ranke, Zimmermann, Waschul, Schult (6), Köhler, Claasen (2/1), Schlichting, Bruhn (4)
ThSV Eisenach: Redwitz, Gorobtschuk; Iffert, Bogatzki, Wöhler (3), Meoki, Luther (3), Gerlich (4), Miljak (1), Schliedermann (1), Richardt, Streckhardt, Popa, Niemeyer (1), Weyhrauch (1), Saul (3/1)
Siebenmeter: VfL Lübeck-Schwartau 3/1 – ThSV Eisenach 2/1
Zeitstrafen: VfL Lübeck-Schwartau 1 x 2 Min. – ThSV Eisenach 5 x 2 Min.
Schiedsrichter: Fratczak/ Ribeiro
Zuschauer: 2.076

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