Interview mit Coburgs Trainer Jan Gorr vor dem Spiel in Eisenach

Die 2. Handballbundesliga der Männer bestreitet noch sechs Spieltage in der laufenden Saison. Die Entscheidungen „oben“ und „unten“ reifen heran. Wer neben dem Ligaprimus SC DHfK Leipzig den Sprung ins Handballoberhaus schafft, dazu berechtigen die Tabellenplätze 1 bis 3, könnte sich erst am letzten Spieltag entscheiden. Der auf Tabellenplatz 4 rangierende ThSV Eisenach gehört zu jenen Teams, die noch berechtigt hoffen dürfen. Nach der mit 27:29 verlorenen „Schlacht“ beim HV Aue wollen die Wartburgstädter ganz schnell zurück in die Erfolgsspur. Sie empfangen am Samstag, 18.04.2015 um 19.30 Uhr zum thüringisch-fränkischen Nachbarschaftsvergleich den HSC Coburg. Auch wenn dem Aufsteiger zuletzt etwas die Puste ausging, Dank einer ganz starken Hinrunde blicken die Franken, mit 2.500 Zuschauern im Schnitt je Heimspiel der absolute Zuschauerkrösus der Liga, auf eine erfolgreiche Saison zurück.

Vor der Partie in Eisenach sprachen wir mit Jan Gorr, dem Coach des HSC Coburg:

„Kein normaler Aufsteiger“, so wurde der HSC Coburg zumeist von der Konkurrenz vorgestellt. Ist der HSC Coburg mit dem bisherigen Saisonverlauf zufrieden?
Überwiegend ja. Wir haben uns sehr schnell in der 2. Liga behauptet und nachgewiesen, dass wir in diese Klasse gehören. Das ist nicht selbstverständlich wenn man sich anschaut, wie eng alle Teams beieinander liegen und eigentlich jeder jeden schlagen kann. In der Vorrunde haben wir einige herausragende Ergebnisse erzielt und eine echte Euphorie entwickelt. Zuletzt ist uns das nur noch punktuell gelungen.

Aus der Ferne könnte der Eindruck erweckt werden, Ihr Team „schwächelt“?
Wir haben definitiv nicht mehr die guten Resultate in Serie. Das hat mehrere Gründe. Entscheidend für uns wird deswegen sein, zu lernen auf Dauer am Limit zu spielen und unsere Grenzen noch weiter nach oben zu verschieben. Alles andere ist sonst eben auch nur Durchschnitt. Und deswegen müssen wir perspektivisch beweisen, dass wir dauerhaft – auch in einer so langen Saison – hungrig nach Erfolgen sind.

Wie geben sich die Ex-Eisenacher Ronny Göhl, Till Riehn, Philipp Seitle und der junge Konstantin Singwald?
Jeder für sich hat seinen Platz und seine Aufgaben in unserem Team. Ronny ist unser Mannschaftskapitän und nicht nur wegen seiner großen Erfahrung wichtig. Till ist ein Spieler mit sehr viel Verantwortung auf der Rückraum-Mitte-Position und in unserer Deckung. Auf Mitte teilt er sich diese Aufgabe mit Philipp Seitle, der aufgrund seiner individuellen Voraussetzungen ein anderes Spiel verkörpert. Eine gute Mischung. Und Konstantin Singwald hatte sich gerade zur Rückrunde dicht an unser Team heran gearbeitet, sich gut entwickelt und dann auch in Bittenfeld Einsatzzeiten erhalten. Leider hat er sich gerade dort eine Fußverletzung zugezogen, die ihn wohl bis zum Saisonende zum Pausieren zwingt.

Beim Hinspiel erwischte der ThSV Eisenach einen rabenschwarzen Tag, war mit dem Endergebnis noch gut bedient. Was erwarten Sie für die Neuauflage?
Im Hinspiel habe ich vor allem eine sehr starke Leistung meiner Mannschaft gesehen. Für die Neuauflage erwarte ich eine hochmotivierte Heimmannschaft, die um ihre letzte Aufstiegschance kämpft. Und diesen Kampf werden wir annehmen, denn auch für uns ist das ein wichtiges Spiel und vor allem eine Partie, auf die wir uns schon direkt nach dem Aufstieg gefreut haben. Überhaupt sind die Spiele in Eisenach mit diesem begeisterungsfähigen Publikum immer interessant.

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Tüfteln Sie an besonderen taktischen Maßnahmen?
Wir schauen immer, was der Gegner ins Spiel einbringt und welche Gegenmaßnahmen notwendig sind. Mir persönlich ist aber auch wichtig, dass man eine eigene Systemstärke entwickelt, darauf vertraut und diese Qualitäten in ein Spiel einbringt. Nur nach dem Gegner zu schauen, wäre eine recht ängstliche und wenig selbstbewusste Einstellung.

Wie sieht es beim HSC Coburg personell für den thüringisch-fränkischen Nachbarschaftsvergleich am Samstag aus?
Wir hatten in den letzten Wochen personell einige Probleme. Im Prinzip fing das mit der Rückrundenvorbereitung an. Aktuell fallen mit Philipp Barsties, Konstantin Singwald und Nikola Franke drei Spieler aus. Ansonsten hoffe ich natürlich auf Vollbesetzung. Aber auch wenn nicht alle Mann an Bord sein sollten, haben wir genug Möglichkeiten, ein schlagkräftiges Team auf das Parkett zu stellen. Entscheidend ist immer, was man aus den vorhandenen Möglichkeiten macht.

Wie beurteilen Sie die Lage an der Tabellenspitze der 2. Handballbundesliga, sechs Spieltage vor dem letzten Pfiff?
Wie erwartet wird es ein Foto-Finish geben. Rimpar hat die gute Form konserviert und Bittenfeld einige nicht eingeplante Minuspunkte angehäuft. Das macht es mit dem guten Lauf von Eisenach echt spannend. Auch Nordhorn darf man hier nicht vergessen. Wie gut die momentan drauf sind, haben wir in der letzten Woche live erlebt. Und auch das Restprogramm der Nordhorner ist zumindest nicht nachteilig.

Sie haben Girts Lilienfelds vom ThSV Eisenach für die nächsten drei Jahre verpflichtet. Welche Rolle soll der routinierte Linkshänder in Ihrem Konzept übernehmen?
Girts ist in meinen Augen ein äußerst zuverlässiger und erfahrener Spieler, der von einem guten Spielverständnis und schnellen Beinen lebt. Er wird somit unser Rückraumspiel noch variabler machen. Außerdem weiß ich, dass er auch neben dem Platz ein echter Profi ist.

Der HSC Coburg rüstet auf, im Kader und strukturell, hat die Beletage des deutschen Handballs im Blick. Könnte das schon in der nächsten Saison gelingen?
Wir haben in dieser Saison einige Spiele mit hervorragender Leistung gezeigt, aber auch schon eine Menge Lehrgeld bezahlt. Der Weg hin zu einer Kontinuität auf höchstem Niveau ist noch weit, erfordert viel Arbeit und maximale Einsatzbereitschaft von allen Beteiligten. Das wissen wir. Aber genau das haben wir uns zum Ziel gesteckt – auf dem Platz aber auch in Sachen Strukturentwicklung im Umfeld. Und warum soll man seine Ziele nicht auch aussprechen? Wie schnell wir uns weiterentwickeln, werden wir sehen. In zwei Jahren diesen Schritt zu gehen ist unser Plan. Doch Pläne alleine reichen nicht. Letztlich kommt es darauf an, echte Qualität zu beweisen. Aber angriffslustig werden wir auf jeden Fall auch nächstes Jahr schon sein.

Für danken für das offene und sehr informative Gespräch.

Gespräch Thomas Levknecht

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