Niederlage gegen Nordhorn – 2. Platz in Dessau

Am 2. Weihnachtsfeiertag setzte es im zweiten Schlüsselspiel unter Trainer Matthias Allonge eine deftige 29:40 (16:20) Heimniederlage. Die Gäste der HSG Nordhorn, zwar international erfolgreich, im Bundesligaalltag zuletzt eine Niederlagenserie kassierend, hatten in den Oldies Peter Gentzel und Magnus Andersson die überragenden Spieler in ihren Reihen. Weltmeister Peter Gentzel brachte die Eisenacher Werfer schier zur Verzweiflung, meisterte 26 (!!) Bälle, zog ihnen den letzten Nerv. Merklich mit Fracksausen setzten die Gastgeber in der zweiten Halbzeit zum Wurf an. Günther Oßwald, Aufsichtsratschef der ThSV-Marketing GmbH, kommentierte es drastisch: «Scheiße in der Pfote und in der Hose». Allerdings, Eisenachs Schlussmann Karsten Lehmann, einer der wenigen seines Teams in Normalform, traf den Nagel auf den Kopf. «Es kann nicht sein, dass es heißt, gegen Gentzel werfen wir hoch – und der Nordhorner Torhüter geht mit blauen Beinen vom Parkett, weil alle tief werfen.» Der 37-jährige Magnus Andersson, ein für drei Spiele verpflichteter «Feuerwehrmann» hielt die Fäden der Partie fest in der Hand, bestimmte Tempo und Angriffszüge. Einen solchen «Fuchs» hatten die Eisenacher nicht in ihren Reihen.
Vor über 3000 erwartungsvollen Zuschauern begannen die Eisenacher, mit Ronny Göhl auf Rechtsaußen, Gintautas Vilaniskis im linken Rückraum und Till Bitterlich am Kreis, mit viel Bißss in der Abwehr sowie temporeichen druckvollen Angriffsaktionen. Sergio Casanova sprühte vor Tatendrang, traf zum 4:1 (4.Min.). Einen langen Ball erwischte Ronny Göhl vor dem heraus geeilten Peter Gentzel und vollendete mühelos ins leere Tor zum 8:5 (10.). Doch damit war die Eisenacher Herrlichkeit nahezu beendet. Nach einem Eisenacher Zuspielfehler besorgte Michael Hoffmann den 8:8 Ausgleich (13.). Mustergültig frei gespielt lochte Jan Marco Fog zum 8:10 ein (15.). Nach einem Traumpass von Danijel Grgic quer über das gesamte Spielfeld versenkte Ronny Göhl zum 11:11(17.), was letztmalig den Gleichstand bedeutete. Nordhorns Keeper Peter Gentzel rückte immer mehr in den Blickpunkt. Er vernagelte förmlich seinen Kasten. Casanova und Wöhler zeigten vom Punkt Nerven, hämmerten ans Gebälk. Nordhorn zeigte sich im Gegensatz zu den Gastgebern treffsicher aus dem Rückraum. Holger Glandorf wuchtete zum 13:17 (24.) ein. Nur mit einem gefährlichen Fernwurfschützen (Gintautas Vilaniskis) ist für den ThSV Eisenach halt in der 1. Liga kein Blumentopf zu gewinnen. Der rechte Rückraum (Klesniks) glich einer Flaute. Gentzel-Paraden waren Auslöser von Tempogegenstößen am Fließband, die in Jan Filip (15 Tore) einen dankbaren und treffsicheren Abnehmer fanden, der auch den 16:20 Halbzeitstand besorgte.
Danijel Grgic traf 30 Sekunden nach Wiederanpfiff zum 17:20, weckte neue Hoffnungen. Doch er selbst, Casanova und Karbe brachten wenig später das Leder aussichtsreich nicht an Gentzel vorbei. Die 3000 rauften sich nicht zum letzten Male die Haare. Als dann auch noch Karsten Wöhler das Leder verlor, dankte Michael Hoffmann auf seine Art, nämlich mit dem Torerfolg zum 17:23 (36.). Ein Griff in die Taktikkiste folgte. Sonderbewachung für Nordhorns Holger Glandorf durch Philipp Karbe sowie durch Danijel Grgic gegen Spielmacher- Kollegen Magnus Andersson. Doch beide waren nicht in der Lage, dies effektiv umzusetzen.
Die HSG Nordhorn zeigte dem ThSV Eisenach und allen Anhängern nochmals die Grenzen der aktuellen Mannschaft auf. Der inzwischen nicht mehr im Amt befindliche Cheftrainer Peter Rost hatte vor Saisonbeginn immer wieder betont, dass der Klassenerhalt mit dieser jungen Bundesliga unerfahrenen Mannschaft eine Wahnsinnssache wäre. Er hatte aber auch angefügt, «machbar, wenn alle ihre Potenzen ausschöpfen und alle an einem Strang ziehen». Noch ist alles offen, da «unten» die Mannschaften noch ganz eng beieinander liegen.

ThSV Eisenach: Jerkovic (1.-17./4 Paraden), Lehmann (17.-60./12 Paraden); Wöhler (3), Augensen (1), Vilaniskis (5), Bitterlich (2), Klesniks, Grgic (4), Göhl (4), Taj (1/1), Casanova (8/3), Ameddah (1/1), Karbe;
HSG Nordhorn: Gentzel, H. Rigterink (n.e.); Heisig (n.e.), Arrhenius(4), Riedel (n.e.). Wolterink (n.e.), Filip (15/3), Glandorf (5), Hoffmann (6), Fog (3/1), Leissink, Schumann (3), Andersson (4/1), Lindgren (n.e.);
Schiedsrichter: Damian/Wenz (Bingen/Mainz)

Matthias Allonge (Eisenach):
Nach wieder einmal gutem Beginn haben wir wieder einmal unsere Chancen nicht genutzt und wurden eiskalt ausgekontert. Die Aggressivität der Anfangsphase fand leider keine Fortsetzung. Eine Deckungsumstellung in der 2. Halbzeit brachte nicht den erhofften Erfolg, weil der eine oder andere nicht auf der Höhe der Aufgaben war. Mit der Angriffsgestaltung bin ich nicht so sehr unzufrieden, doch der katastrophale Abschluss brachte uns ins Verderben. Die Höhe der Niederlage stimmt mich traurig, hatten wir uns insgeheim doch weitaus mehr ausgerechnet. Einen Regisseur der Klasse Magnus Andersson wünschte ich mir, der absolut weiß, was er macht.
Ola Lindgren (Nordhorn):
In der Bundesliga wurden wir zuletzt mit Erfolgen ja nicht verwöhnt, haben trotz unserer verletzten Stammkräfte tolle Spiele abgeliefert aber dennoch unglücklich verloren. Unsere harte Arbeit, Handball mit Herz und Leidenschaft, wurde in emotionsgeladener Atmosphäre nun belohnt. Eine gute Abwehr mit einem herausragenden Torhüter Peter Gentzel bildete den Grundstein, war Ausgangspunkt für viele erfolgreiche Tempogegenstöße.

TEAG-KÜRZUNG LÖSTE KEINE PANIK AUS
Die Nachricht, die Thüringer Energie AG (TEAG) werde die Zuwendungen für den ThSV Eisenach in der kommenden Spielzeit zurückschrauben, löste in der Wartburgstadt keine Panikstimmung wie in der Landeshauptstadt Thüringen aus. Beim Fußball-Regionalligisten FC Rot-Weiß Erfurt, wo die TEAG ebenso wie beim ThSV Eisenach als Hauptsponsor fungiert, schrillten die Alarmglocken, wurde gar ein Horrorszenario vom bevorstehenden Aus gemalt. Mit jährlich 1,5 Millionen Euro stecken die drittklassigen Fußballer eine dicke Summe ein. Der Erfolg auf dem grünen Rasen, der Aufstieg in die 2. Bundesliga, blieb in schöner Regelmäßigkeit aus. Die Sorglosigkeit, mit denen in Erfurt die früheren Verantwortlichen (die Chefetage wechselte nahezu ständig) ihre Luftschlösser bauten, scheint sich zu rächen.
Beim ThSV Eisenach ist man sich der großen Hilfe der TEAG über Jahre bewusst. Ohne die TEAG gäbe es keinen Erstligahandball, denn der hat schließlich seinen Preis. Vertrauensvoll arbeiten seit Jahren Sportverein und Hauptsponsor zusammen. In der schwierigen Zeit der Insolvenz ließ die TEAG daher den ThSV Eisenach, das Flaggschiff des Thüringer Handballs, im Sturm nicht allein. Der ThSV Eisenach würdigte das riesige Engagement während der Mitgliederversammlung im Herbst mit einer außerordentlichen Ehrung. Die TEAG wurde mit der höchsten Auszeichnung, der Ehrennadel in Gold, geehrt. Monika Pfalzer, Leiterin Personal- und Unternehmensstrategie der TEAG, nahm stellvertretend die Auszeichnung entgegen. Bei solch einer vertrauensvollen Zusammenarbeit signalisierte die TEAG dem ThSV Eisenach rechtzeitig die Kürzung der Zuwendungen um etwa 30 Prozent, entspricht etwa 200000 Euro. Durch das Gewinnen neuer Sponsoren soll dieser Ausfall ausgeglichen werden. Allerdings, so Günther Oßwald, Chef des Aufsichtsrates der ThSV-Marketing GmbH, solle bei den Personalkosten weiter gespart, der Gürtel insgesamt weiter enger geschnallt werden. Ziel sei es natürlich auch, wieder mehr Zuschauer in die Werner-Aßmann-Halle zu locken. Gegen Nordhorn kamen erstmals wieder über 3000, immerhin 1000 Zuschauer mehr wie zuletzt. Doch die «Angestellten» auf dem Parkett konnten nicht so richtig Werbung in eigener Sache betreiben….!

Internationales Turnier der Stadt Dessau
Einen Tag nach der drastischen 29:40 (16:20) Punktspielniederlage vor über 3000 Zuschauern in der heimischen Werner-Aßmann-Halle war die HSG Nordhorn tags darauf im Finale des Internationalen Handballturniers der Stadt Dessau dem ThSV Eisenach erneut deutlich überlegen. Die Wartburgstädter unterlagen nach 2 x 15 Minuten mit 11:19 (7:9). Eklatante Abschlussschwächen prägten erneut das Eisenacher Spiel. «Wir scheiterten wie 24 Stunden zuvor an Schlussmann Peter Gentzel und wurden klassisch ausgekontert», lautete das nüchterne Fazit von Eisenachs Trainer Matthias Allonge. In der Vorrunde bezwangen die Thüringer SKA Minsk mit 15:10 (5:3) und trennten sich vom gastgebenden Zweitbundesligisten Dessauer SV 15:15 (8:12) Unentschieden. Im Halbfinale wurde die vom Eisenacher Urgestein Rainer Osmann betreute Nationalmannschaft Österreichs mit 11:9 (7:5) bezwungen, was den Einzug ins Finale bedeutete.
Die Eisenacher räumten in Dessau Akteuren der zweiten Reihe, wie Philipp Karbe, Mark Tetzlaff und Christoph Auer längere Einsatzzeiten ein. Erfolgreichste Werfer waren Danijel Grgic mit 14 und Moustapha Taj mit 9 Treffern.
Am Montag, 29.12.03, steht für den ThSV Eisenach noch ein Punktspiel in der 1. Handballbundesliga an. Der HSV Hamburg ist am 2. Spieltag der Rückrunde um 20 Uhr als haushoher Favorit Gastgeber für die weiter ernsthaft um den Klassenerhalt bangenden Eisenacher.

Anzeige