ThSV: Daniel Luther als Lichtblick zu wenig

Die Vorzeichen vor Fahrtantritt in die Region Stuttgart, in den Waiblinger Vorort Bittenfeld, waren schon ungünstig. Mit Till Riehn (Magen- und Darminfekt) und Robert Weiß (Leistenbruch) fiel dem ThSV Eisenach der Innenblock der Deckung aus. Schwere Verkehrsunfälle mit Todesopfer auf der Autobahn stoppten mehrfach den Mannschaftsbus. Der DHB machte sich für eine Austragung der Partie am vorgesehenen Spieltag stark, fand in den Verantwortlichen des TV Bittenfeld auch verständnisvolle Partner. Knapp 1000 Zuschauer in der gut gefüllten kleinen Gemeindehalle in Bittenfeld erlebten einen um 70 Minuten verschobenen Anpfiff, konnten allerdings am Freitag um 22.35 Uhr den 4. Heimsieg im 4. Heimspiel ihrer Mannschaft bejubeln. Der TV Bittenfeld, am hochdramatischen letzten Spieltag der Vorsaison erst den Klassenerhalt schaffend, bezwang die Wartburgstädter mit 33:28 (14:14). «In punkto mannschaftlicher Geschlossenheit vermochten wir den Hausherren über 60 Minuten nicht entscheidend Paroli zu bieten», erkannte Eisenachs Trainer Hans-Joachim Ursinus die Leistung des Siegers an. «Unbändiger Siegeswillen über die gesamte Distanz in einer emotionsgeladenen Partie gab den Ausschlag», freute sich Bittenfelds Trainer Günter Schweikardt. Einige aus seiner ausgesprochen bodenständigen Mannschaft spielen seit der C-Jugend zusammen!

Der junge Daniel Luther rechtfertigte beim ThSV Eisenach das Vertrauen seines Trainers. Der 20-jährige Kfz-Mechaniker-Lehrling bei Auto-Meier in Eisenach-Krauthausen überzeugte im personell umgekrempelten Deckungsinnenblock (in der ersten Halbzeit gemeinsam mit Vladimir Bojinovic) ebenso wie im linken Rückraum. Mit sechs Treffern war Daniel Luther der erfolgreichste Werfer seines Teams aus dem Feld. Doch er war nahezu der einzige Lichtblick! Eisenachs Achillesferse, die Rechtsaußenposition, wurde erneut schmerzhaft sichtbar. Martin Hoffmann, nahezu ohne personelle Konkurrenz auf dieser Position im Kader, agiert ohne Selbstvertrauen. Bei drei seiner sieben Wurfversuche nahm er sich durch Übertreten bereits im Ansatz die Erfolgschance. Gleich doppelt fehlten die berühmten Millimeter zum Torerfolg. Das Glück ist einem bei Erfolglosigkeit zumeist auch nicht hold. Seine eingegrenzte Wurfvariabilität haben die Torhüter der Liga inzwischen erkannt. Kilian Kraft, körperlich noch immer nicht im Bestzustand, ist als Unruheherd ein nicht zu kalkulierender Faktor; für Aufgaben im Deckungsverband momentan nahezu untauglich. Völlig deplatziert, als er vor einem Siebenmeterwurf dem Bittenfelder Torhüter den inzwischen nahezu obligatorischen Ballkontakt verwehrte, die Zuschauer gegen sich und die gesamte Eisenacher Mannschaft aufbrachte. Beim jungen Adrian Wöhler wechseln permanent Licht und Schatten. Sein älterer Bruder Karsten hat sein heißblütiges Temperament etwas gezügelt, er ließ jedoch in Bittenfeld besonders in der ersten Halbzeit dickste Torchancen aus. Tomas Sklenak begann ausgesprochen gut auf der Regieposition, war aber mit zunehmender Spielzeit mit der Spielführung überfordert, rieb sich in Zweikämpfen auf, nahm sich dann Pausen in der Abwehr. Benjamin Trautvetter, in Bittenfeld sicher nicht einen Glanztag erwischend, wurde am Kreis dennoch viel zu wenig gesucht, hing regelrecht in der Luft. Vladimir Bojinovic zeigte sich deutlich verbessert und mit viel Selbstvertrauen, zweifellos in der ersten Halbzeit eine Säule in der Abwehr und im Angriff (5 Tore). Eine Verletzung des Daumengrundgelenkes am Wurfarm zwang ihn schon vor dem Seitenwechsel auf die Bank. Vom dankenswerterweise wieder einmal eingesprungen Physiotherapeuten Wolfgang Heyer bandagiert, startete der Linkshänder in der 46. Minute einen letzten, allerdings erfolglosen, Versuch. «Er konnte den Ball gar nicht richtig greifen», sah sein Trainer und beorderte den 2-Meter-Mann schweren Herzens zurück auf die Bank. Hans-Joachim Ursinus hofft, dass Vladimir Bojinovic nicht länger ausfällt. Sein Ausscheiden in Bittenfeld war ein großes Handicap. Auf Robert Weiß wird der ThSV Eisenach wahrscheinlich bis zum Weihnachtsfest verzichten. Er unterzieht sich am Dienstag einer unaufschiebbaren Leistenoperation.
Überzeugte die Eisenacher Abwehr in Bittenfeld über weite Strecken der ersten Halbzeit, fand sie nach dem Seitenwechsel, sicherlich auch bedingt durch das Ausscheiden von Vladimir Bojinovic, nicht mehr zu Stabilität. Die allgemeine Verunsicherung übertrug sich auch auf die Torhüter. Nach spektakulären Paraden ließ Timo Meinl an seinem 29. Geburtstag auch Haltbare ins Netz, machte den Platz im ThSV-Kasten nach 37 Minuten frei für den jungen Andreas Nositschka. Beifallsumrauscht hingegen der sein erstes Zweitbundesligaspiel bestreitende Schlussmann des TV Bittenfeld, Steffen Lehle. Im Hochgefühl des Sieges über den ThSV Eisenach verkündete Günter Schweikardt, Trainer des TV Bittenfeld, «mit breiter Brust zu Tuspo Obernburg zu reisen und vielleicht den dritten Auswärtssieg der Bundesligageschichte anzupeilen». Lob zollten auch die Eisenacher. «Hut ab, vor dem was in dem kleinen Ort in Sachen Handball geleistet wurde und täglich mit neuem Leben erfüllt wird» zeigte sich ThSV-Trainer Hans-Joachim Ursinus ausgesprochen angetan. Überwiegend wohltuend die freundliche Aufnahme, von einigen wenigen «Ossi-Diffamierungen» klopfenden Zuschauern abgesehen. Hohlköpfe gibt es leider überall. In Bittenfeld wie in Eisenach.
Der ThSV Eisenach richtet den Blick schon wieder auf den kommenden Samstag, 27.10.07, wenn um 19.30 Uhr die HG Oftersheim/Schwetzingen in der Werner-Aßmann-Halle gastiert und wenn es gilt, die eigene Punktebilanz (derzeit 7:9 Zähler) wieder auszugleichen. Tickets sind im Vorverkauf erhältlich. Reservierungen möglich unter Tel. 03691/82800 oder 72360.

STATISTIK
TV Bittenfeld: Krotz, Lehle (ab 27.); Schöbinger (2), Prasolov (2), Heib, Baumgarten (5), Kleefeld (1/1), Rothe (10/5), Häfner (2), Wehner (8), Coudoro (1), Drobek (2)
ThSV Eisenach: Meinl, Nositschka (ab 37.); Hoffmann (2), Trautvetter (1), Kraft (6/5), Sklenak (4), A. Wöhler (1), Luther (6), Emmelmann, Mellack, K. Wöhler (3), Bojinovic (5), Jauernik
Siebenmeter: Bittenfeld 7/6; Eisenach 5/5
Zeitstrafen: Bittenfeld 5 x 2 Min./ Rot gegen Couduro nach grober Unsportlichkeit, 60.; Eisenach 8 x 2 Min.

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