ThSV: Gerechte Punkteteilung zwischen zwei Traditionsvereinen

«Eine tolle Partie fürs Publikum mit einem letztlich gerechten Ausgang», waren sich beide Trainer, Maik Handschke (Eisenach) und Jan Gorr (Hüttenberg), einig. Das thüringisch-hessischen Nachbarschaftsderby zwischen den Traditionsvereinen ThSV Eisenach und TV Hüttenberg endete nach dramatischem Spielverlauf 30:30 (12:14). Eine ganz wichtige Erkenntnis dürften die Eisenacher gesammelt haben.
Sie verfügen auch über ausgezeichnete Außen, die zwölf Bälle einlochten. Der Treffsicherheit von Martin Hoffmann (Rechtsaußen) und Adrian Wöhler (Linksaußen), zusammen zehn Treffer, dazu die Nervenstärke ihres Kapitäns Pavel Prokopec vom Siebenmeterpunkt, rettete dem ThSV Eisenach nach einem 14:19-Rückstand (35.) einen Zähler.
In aufgeheizter Atmosphäre nach umstrittenen Entscheidungen der Unparteiischen Kern/Kuschel, insbesondere nach einer Attacke von Hüttenbergs Michael Stock gegen den im Flug befindlichen Eisenacher Martin Hoffmann (12.), hielten die Hessen an ihrem von Benjamin Laudt initiiertem strukturiertem Spiel fest, wendeten das Blatt vom 10:9 (23.) zum 14:19 (35.). Ihre «jugoslawische Abwehr» stoppte Eisenachs Rückraum-Asse Tomas Sklenak und Pavel Prokopec zumeist frühzeitig. Nach dem klaren Rückstand setzten die Eisenacher auf Ballstafetten zu beiden Außenpositionen. Mit Erfolg! Auch Tomas Sklenak tauchte plötzlich auf Linksaußen auf, rochierten Benjamin Trautvetter und Adrian Wöhler phasenweise gemeinsam an der Kreismitte. Auf Zuspiel von Daniel Luther versenkte Adrian Wöhler von Linksaußen zum 23:23-Ausgleich (47.). Kurz zuvor hatte ThSV-Keeper Radek Musil seinen dritten Strafwurf der Partie pariert. «Ein Kampf auf Augenhöhe. Keiner gab sich eine Blöße», charakterisierte Hüttenbergs 31-jähriger Trainer Jan Gorr die Schlussetappe. Er hatte die Qualität der Eisenacher Flügelflitzer wohl nicht auf seiner Rechnung!
Der ins ThSV-Gehäuse eingewechselte junge Stanislaw Gorobtschuk stärkte seinen Vorderleuten mit gelungenen Paraden den Rücken. Ein Führungstreffer gelang den Gastgebern jedoch nicht. So scheiterte beim Stand von 25:25 Daniel Luther an Hüttenbergs Schlussmann Jan-Steffen Redwitz (51.), landete ein Ball von Routinier Krisztian Szep-Kis, der den verletzten Girts Lilienfelds mit viel Engagement vertrat, neben dem Kasten (52.). Spannungsgeladenen Schlussminuten waren eingeläutet. Martin Hoffmann egalisierte die Gästeführung (Stelzenbach) postwendend von Rechtsaußen zum 28:28 (56.). Mit viel Dusel landete ein Ball von Tomasz Jezewski noch hinter der Linie (57.). Dann brachten Pavel Prokopec und Adrian Wöhler binnen weniger Sekunden das Leder nicht am ins Gästegehäuse zurückgekehrten Matthias Ritschel vorbei (57.). Doch die Eisenacher erkämpften sich den Ball zurück. Martin Hoffmann konnte beim Torwurf von Rechtsaußen nur regelwidrig gestoppt werden. Pavel Prokopec versenkte den fälligen Strafwurf zum 29:29 (59.). Auf der Gegenseite tankte sich Florian Laudt zum 29:30 durch (59.). Da waren noch exakt 90 Sekunden zu spielen. Tomas Sklenak übernahm Verantwortung, zündete in seiner typischen Art den Turbo, konnte nur auf Kosten eines Siebenmeters am Torwurf gehindert werde. Pavel Prokopec schritt zum fünften Mal zum ominösen Punkt und versenkte kaltblütig zum 30:30. Doch da waren noch 45 Sekunden – eine lange Zeit im Handball – zu absolvieren. Diese überstanden die Eisenacher mit vorbildlichem Einsatz. Ein Freiwurf der Hüttenberger (Mario Weber) in der Schluss-Sekunde wurde mit vereinten Kräften abgewehrt. «Ich bin froh über diesen Punkt», gestand Eisenachs Trainer Maik Handschke, der die Szene in der 12. Minute nochmals in Rage brachte. «Gesundheitsgefährdende Fouls müssen härter bestraft werden», richtet der Ex-Nationalspieler ein Appell generell an die Gilde der Unparteiischen. Thomas Kern und Thorsten Kuschel ließen an diesem Abend nicht nur in der besagten Szene die «Volksseele kochen». Schiedsrichter-Beobachter Axel Hack, bis vor kurzem mit Hagen Becker ein vorzügliches Referee-Duo bildend, dürfte mit den Spielleitern dieses Abends einiges auszuwerten haben….

Vor über 1350 Zuschauern, die trotz besten spätsommerlichem Wetters in die Werner-Aßmann-Halle gekommen waren, sprach der Auftakt für die Hausherren. Keeper Radek Musil kaufte gleich mal Hüttenbergs Mario Weber einen Strafwurf ab (5.). Pavel Prokopec traf zum 3:1. Doch das sollte das einzige Feldtor des Eisenacher Regisseurs bleiben. Auf Seiten der Hessen setzte zunächst Spielmacher Florian Laudt die Akzente, traf mit seinem dritten Treffer zum 4:5 (11.). Das schönste Tor der Partie, Martin Hoffmann bediente von Rechtsaußen den in den Kreis fliegenden Oldie Krisztian Szep-Kis, brachte den ThSV Eisenach mit 8:6 (16.) in Vorhand. «Wir wussten, wir haben nur eine Chance, wenn wir in Eisenach kühlen Kopf bewahren», gestand Jan Gorr. Das beherzigte seine junge Truppe über weite Strecken. Zu überhastet agierten die Hausherren. «Wir gingen einfach zu früh in die Aktion», befand indes Maik Handschke. Besonders nach dem 10:9-Führungstreffer durch den für Alexander Schiffner auf Linksaußen eingewechselten Adrian Wöhler (23.). behielten die Wartburgstädter keinen kühlen Kopf. Daniel Luther kam im linken Rückraum, Tomas Sklenak rückte in den rechten Rückraum. Die Abwehr der Hessen behielt den Kopf oben, schirmte auch Eisenachs torgefährlichen Kreisläufer Benjamin Trautvetter geschickt ab, stoppte die Eisenacher Rückraumspieler frühzeitig. «Ausgesprochen unangenehm», so Maik Handschke über die Defensive der Hessen. Mit einstudierten Spielzügen übernahmen die Hüttenberger das Zepter. Maik Handschke sah in der Phase vor und nach dem Seitenwechsel ein Manko sowohl im Angriff als auch in der Abwehr. «Zu passiv», so der ThSV-Coach. Die Gäste freuten sich, dankten durch Tomas Jezewski zum 12:14-Pausenstand, erhöhten durch Andreas Scholz gar auf 14:19 (35.). Zeit für die grüne Karte durch Maik Handschke und eine neue taktische Ausrichtung. Durch «zwei berechtigte Zeitstrafen», so Hüttenbergs Trainer Jan Gorr, nutzte Eisenach die doppelte Überzahl zur Aufholjagd. Im Nachsetzten drückte Till Bitterlich das Leder zum 18:19 (39.) über die Linie. «In dieser Phase, sicher auch durch die Atmosphäre von außen, ließen wir uns von unserem Weg abbringen», blickt Jan Gorr zurück. Auf den erstmaligen Ausgleichstreffer mussten die Eisenacher allerdings bis zur 47. Minute warten (23:23). Dann war knisternde Spannung bis zur buchstäblich letzten Sekunde angesagt!

Statistik

ThSV Eisenach: Musil, Gorobtschuk (ab 35.); Hoffmann (5), Trautvetter (3/1)), Sklenak (4), A. Wöhler (5), Luther, Bitterlich (1), Schiffner (2), Lindner, Heinemann, Prokopec (6/5), Szep-Kis (4)

TV Hüttenberg: Ritschel, Redwitz; Weber (3/2), A. Lex, Faulenbach, Laudt (5), Stelzenbach (3), Jezewski (6), Rigterink (2), S. Lex (2/1), Scholz (6), Langenbach (1), Redwitz, Stock (2)

Siebenmeter: Eisenach 6/6; Hüttenberg 6/3
Zeitstrafen: Eisenach 3 x 2 Min.; Hüttenberg 3 x 2 Min.
Schiedsrichter: Kern/Kuschel (Bellheim/Karlsruhe)