ThSV: Kläglicher Auftritt

Wolken verhangen zeigte sich der Himmel über Eisenach. Das waren nicht nur Regelwolken. Dunkle Wolken auch beim ThSV Eisenach. Ohne Leidenschaft, ohne Esprit und Pfiff präsentierte sich der Erstligaabsteiger am 3. Spieltag der 2. Handballbundesliga Männer bei der SG Leutershausen. „Die roten Teufel von der Bergstraße“ heizten mit einer jungen namenlosen Mannschaft den Wartburgstädtern gehörig ein und landeten vor der Leutershäuser Rekordkulisse von 911 zahlenden Zuschauern einen verdienten 27:25 (15:11) Erfolg. Mit 2:4 Punkten rutschten die eigentlich einen Spitzenplatz anvisierenden Eisenacher zunächst in den Tabellenkeller. Zlatko Feric eilte nach dem Spiel auf dem Parkplatz vor der Heinrich-Beck-Halle in Leutershausen zu den mitgereisten eigenen Anhängern, um sich persönlich per Handschlag für die Leistung seines Teams zu entschuldigen. „Es tut mir leid, daß Ihr so etwa anschauen mußtet“, so der verärgerte ThSV-Coach. Nur wenige seiner Aktiven suchten gleichfalls den Kontakt mit den eigenen Fans. Ohne Kampfgeist und Leidenschaft, ohne Herzblut, ja sogar mit einem Schuß Überheblichkeit, präsentierte sich der Großteil der Eisenacher Mannschaft, zu deren Tugenden in der Vergangenheit vor allem Kampfkraft zählte. Von Kompaktheit und Biß war in der Abwehr keine Spur. Ein Indiz (ohne falsch verstanden zu werden), in der 46.Minute kassierte die Eisenacher mit Runar Sigtryggsson die erste Zeitstrafe.
Gewiss, mit dem verletzten Havard Augensen fehlte eine wichtige Stütze, der einzig gelernte Kreisspieler. Danijel Grgic und Runar Sygtyggsson wechselten sich an der Kreismitte ab. In der Endphase war selbst Bernard Latchimy dort zu finden. Kompensiert konnte der Ausfall der Norwegers, der ja noch acht bis zehn Wochen nach seinem doppelten Bänderriß im Sprunggelenk pausieren muß, freilich nicht werden. Kapitän Danijel Grgic kann zwar 8 eigene Torerfolge verbuchen, doch auf seinem Konto steht ebenso die doppelte Anzahl von Fehlern. Der Regisseur ist noch immer nicht im Vollbesitz seiner Kräfte, nimmt schmerzstillende Mittel. Als Spielführer muß er allerdings dennoch Antreiber und Ankurbler sein, die Mannschaft führen. Der in der Vorbereitung so überzeugend auftrumpfende Neuzugang Krsztian Szep-Kis läuft im Punktspielgeschehen einem Erfolgserlebnis hinterher. In der Vorbereitung der „Knipser“ aus dem Rückraum, produziert er fast nur noch Fahrkarten. Mit ihm schienen die Eisenacher auch endlich einen sicheren Siebenmeter-Werfer gefunden zu haben. Vorbei, wie die Auftaktspiele zeigten. Von fünf Strafwürfen konnten die Thüringer in Leutershausen erneut drei von fünf nicht unterbringen. Ohne jegliche Beteiligung von Krisztian Szep-Kis. Der 18-jährige Stefan Kneer, vor einem Jahr noch in der Oberliga auflaufend, steht inzwischen 60 Minuten auf dem Parkett. Besonders in der zweiten Halbzeit zerrte der Jugendeuropameister gewaltig an den Ketten, doch ein ständiger Dauereinsatz ist seiner Entwicklung nicht dienlich. Andrej Kastelic, der erst wenige Tage in Eisenach weilende Neuzugang aus Slowenien, ist naturgemäß noch nicht in die Spielabläufe richtig integriert. Apropos Spielabläufe: Wo waren die im Training einstudierten Spielzüge in Leutershausen? Viele Angriffshandlungen erweckten den Eindruck von Zufallsprodukten. Nahezu einziger Lichtblick in der ersten Halbzeit war Ronny Göhl auf Rechtsaußen: 4 Würfe, 4 Tore. Im zweiten Abschnitt versagten ihm bei Tempogegenstößen völlig allein vor dem Kasten die Nerven, kam er mit halbhohen Bällen dem Torhüter entgegen.
Zum Spiel der Eisenacher in Leutershausen selbst: Die Gastgeber setzten sich nach einem 3:3 (6.) auf 7:3 (10.) ab. Eisenachs Rückraum visierte serienweise nur das Holz an (Szep-Kis, Kneer), die Defensivabteilung wirkte zu lasch. Anders die Gastgeber, die ihre Chancen kaltblütig verwerteten. Für den glücklosen Krisztian Szep-Kis kam Bernard Latchimy im rechten Rückraum. Die Torflaute aus der 2. Etage hielt dennoch an. Grgic und Sigtryggsson wechselten sich am Kreis ab, doch Licht und Schatten wechselten ebenso. Andrej Kastelic scheiterte vom Siebenmeter-Punkt. Hannes Volk nutzte einen der vielen Leutershäuser Konter nach ThSV-Fehlern zum 12:7 (22.). Kennzeichnend: Unmittelbar vor der Pausensirene scheiterte Danijel Gric nach einem Tempogegenstoß.
Nach Wiederanpfiff setzten die Hausherren ihren erfrischenden Handball fort, sehr zur Freude der eigenen Anhänger. Danijel Grgic schmetterte das Leder ans Holz. Im Gegenzug erhöhte Leutershausen auf 17:11 (32.) und später gar auf 21:14 (39.). Gerade zu behäbig das Eisenacher Spiel bis dahin. Nun endlich ein Aufbäumen, ein Aufflackern beim ThSV Eisenach. Danijel Grgic spielte seine Stärken beim Abluchsen des Balles aus. Stefan Kneer traf endlich aus dem Rückraum. Listig ergatterte sich Grgic das Leder und vollendete zum 22:20 (46.). Genügend Zeit, um der Partie noch eine Wende zu geben. Doch die Aufholjagd wurde abrupt beendet, die alte Lethargie hielt wieder Einzug. Grgic- und Göhl-Fehler laden Leutershausen zum 26:20 (53.) ein. Mit Andrej Kastelic als Deckungsspitze zieht Trainer Zlatko Feric seine letzte Karte. Mit Erfolg! Beim 26:24 (57.) ist wieder alles möglich. Der wieder ins Tor gekommene Dragan Jerkovic wehrte ab. Im Gegenzug konnte Runar Sigtryggson nur regelwidrig gestoppt werden. Die dicke Chance zum Anschlußtreffer! Doch Danijel Grgic brachte vom Punkt das Leder nicht unter. Die Frage nach Sieger und Verlierer war entschieden.

Am Mittwoch, 29.09.04 wartet in der 2. DHB-Pokal-Hauptrunde der HSC Coburg-Neuses auf die Thüringer. Am Freitag, 01.10.04 gastiert die HSG Gensungen/Felsberg um 19.30 Uhr zum Punktspiel in der Werner-Aßmann-Halle.

STATISTIK
SG Leutershausen: Lenz, Pfeiffer; Ottgerbeck, Schmitt, Ratzel (2), Glock (2/1), Marcinek (3), Schulz (5), Willbrandt (3), Ober, Volk (4), Hrachovez (7), Zahn (1)
ThSV Eisenach: Jerkovic, Lehmann; Kneer (5), Sigtryggsson (4), Riehn, Emmelmann (n.e.), Latchimy, Grgic (8/2), Göhl (5), Kastelic (2), Szep-Kis (1)
Zeitstrafen: Leutershausen 4 Min. – Eisenach 6 Min.
Siebenmeter: Leutershausen 1/1 – Eisenach 5/2
Schiedsrichter: Vornehm/Schweizer (Augsburg)
Zuschauer: 911

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