Wieder nur eine gute Halbzeit

ThSV Eisenach unterliegt im Abstiegsderby bei der HBW Balingen-Weilstten mit 20:27 (11:12) • Joker der Gallier von der Alb sticht

Bis vor wenigen Wochen ließ der ThSV Eisenach einer schwachen ersten eine starke zweite Halbzeit folgen. Inzwischen ist es umgekehrt. Einer starken ersten folgt eine schwache zweite.

Wir müssen aber 60 Minuten gut spielen. Uns fehlt die Konstanz, um zu punkten. Und letztendlich zählen nur die Punkte,

betonte Branimir Koloper, Kreisspieler des ThSV Eisenach, am Freitagabend. Die Wartburgstädter hatten im Abstiegs-Schlüsselspiel bei der HBW Balingen-Weilstetten eine überaus passable erste Halbzeit gezeigt, gingen nur mit einem hauchdünnen 11:12-Rückstand zu den Pausengetränken. Da war alles offen.

Im zweiten Abschnitt haben wir uns, wie auch im Heimspiel gegen Magdeburg, selbst geschlagen. Wir fanden nicht mehr zu unserem Spiel, fabrizierten unter dem Druck der gegnerischen Abwehr viele Fehler, ermöglichten den Gastgebern viele Gegenstoßtreffer,

analysierte ein enttäuschter Branimr Koloper. Der sympathische Sportsmann weiß, jetzt hilft nur noch ein kleines Wunder, um die Liga zu halten. Der Rückstand auf den ersten  Nicht-Abstiegsplatz, derzeit von den „taumelnden Bergischen Löwen“ belegt,  beträgt weiterhin nur einen Zähler.

Auch wenn unser Restprogramm hammerhart ist, wir werden weiterhin alles versuchen,

unterstrich Branimir Koloper.  Nahezu 70 blau-weiß gekleidete Anhänger aus Thüringen, die die über 800-Kilometer-Fahrstrecke auf sich genommen hatten, unterstützten ihr Team vorbildlich. Doch auch bei ihnen schwand die Hoffung auf den Klassenerhalt im Handball-Oberhaus.

Eisenach gestaltet zwei Unterzahlsituationen erfolgreich
Sein Trainer Gennadij Chalepo sprach in der Analyse vom Druck, dem seine Mannen nicht standgehalten hätten.

Die erste Halbzeit war in Ordnung. Doch gleich zu Beginn der zweiten Halbzeit ließen wir drei dicke Torchancen aus. Das war wohl der Knackpunkt,

befand der ehemalige weißrussische Nationalspieler. Er hatte freilich keinen Joker wie sein Kollege Frank Bergemann im Ärmel. Der gerade das 60. Lebensjahr vollendende Coach der HBW Balingen-Weilstetten schickte nach dem Seitenwechsel den zuletzt pausierenden Rückraumspieler Alexandros Vasilakis auf das Parkett, der binnen 30 Minuten 8 Bälle in den Eisenacher Kasten schmetterte. Er war der Mann der zweiten Halbzeit. Ähnliche Torgefahr strahlte bei den Gastgebern in der ersten Halbzeit Fabian Böhm aus dem linken Rückraum aus. Alexandros Vasilkas und Fabian Böhm markierten zusammen 17 Treffer! Die Eisenacher hingegen bissen sich am Balinger Abwehrbeton, wie zuletzt selbst der große THW Kiel, der an gleicher Stätte nicht über ein 22:22 hinaus kam, die Zähne aus. Eine wohl ganz entscheidender Griff in die Taktikkiste gelang Frank Bergemann, als er nach 11 Minuten auf eine 5:1-Abwehrvariante, mit dem leichtfüssigen Oliver Nyoklas vorgezogen, umstellte. Zu diesem Zeitpunkt führte der ThSV Eisenach 4:2. „Eine gute Maßnahme“, hielt Frank Bergemann zur Pressekonferenz den Ball flach, fügte aber an, „damit haben wir den Spielfluss der Eisenacher entscheidend gestört“. Doch die Thüringer verzagten nicht, als sie 7:10 in Rückstand gerieten (23.). Für ihre Moral und auch handballerisches Können spricht, sie entschieden zwei Unterzahlsituationen für sich, ließen sich vom inzwischen lodernden Hexenkessel der mit 2.350 Zuschauern bis auf den letzten Platz gefüllten SparkassenArena nicht einschüchtern. Bogdan Criciotoiu und Borut Mackovsek sorgten bis zur Halbzeitsirene für den Anschlusstreffer.

Knackpunkt: ThSV Eisenach lässt drei dicke Torchancen aus/ Balinger Joker sticht
Die zweie Spielhälfte begann mit einer Eisenacher Überzahl. Doch die Chalepo-Schützlinge patzten, verloren das Leder, scheiterten kurz darauf gleich dreifach aus bester Wurfposition, was Eisenachs Coach als den Knackpunkt benannte. Nick Heinemann, an diesem Tag ohne Fortune beim Torwurf, wurde durch Tomas Urban ersetzt, der auf Rechtsaußen neue Impulse setzte, beim 14. Eisenacher Treffer (zum 17:14, 35.) Hoffnungen keimen ließ. Doch die „Gallier von der Alb“ hatten die Vorherrschaft an sich gerissen. Martin Strobel hielt die Fäden fest in der Hand. „Vorzüglich unser Rückzugsverhalten“, strahlte Frank Bergemann, der über seinen Goalgetter der zweiten Halbzeit staunte. „So spritzig habe ich Alexandros Vasilakis noch nicht gesehen.“ Einen solchen Joker hatte Gennadij Chalepo nicht. Er versuchte es auch mit personellen Wechseln, allerdings ohne durchschlagenden Erfolg. Die Hausherren netzten zum 21:16 ein (46.). „Alexandros Vasilakis traf wie er wollten“, gestand Eisenachs Manager Karsten Wöhler. Den 155-fachen griechischen Nationalspieler hatten die Thüringer anscheinend nicht auf ihrer Rechnung. Sie versuchten es eingangs der Schluss-Viertelstunde mit einer offensiven Deckungsvariante, mit Tomas Urban als vorgezogene Spitze. Der Express der  auf der Siegerstraße davon düsenden Hausherren ließ sich nicht bremsen.  Der schönste Treffer des Tages, von den Gästen erzielt, Tomas Urban passte von Rechtsaußen zu Adrian Wöhler, der einnetzte, blieb nur eine Randnotiz. Fabian Böhm erhöhte auf 24:18 (56.). Längst standen die schier euphorisierten einheimischen Anhänger. Sie wussten, ein weiteres Jahr DKB Handball-Bundesliga ist nun greifbar. Im Rausch schraubten die „Gallier von der Alb“ die Tordifferenz noch in die Höhe. „Der Sieg fiel wohl etwas zu hoch aus, doch auch das nehmen wir gern mit. Ich freue mich für die Mannschaft und das Umfeld“, zeigte sich Trainer-Haudegen Frank Bergemann (viele Jahre beim HC Erlangen erfolgreich) zur Pressekonferenz geradezu happy. Nebenan sangen seine Jungs völlig losgelöst. Karsten Wöhler versank nicht in tiefer Trauer. „Der Bergische HC  in Reichweite. Noch ist alles möglich.“ Das Restprogramm gibt allerdings wenig Hoffnung, doch die stirbt bekanntlich zuletzt. Noch stehen 5 Punktspiele an, in denen 10 Punkte zu vergeben sind. Und jedes beginnt für beide bei Null.

Der Tabellenführer und Top-Titelfavorit kommt am Mittwoch nach Eisenach
Am Mittwoch, 04.05.2016, gastiert der mit internationalen Stars gespickte Tabellenführer und heißer Meisterschaftsfavorit die Rhein-Neckar Löwen in der Eisenacher Werner-Aßmann-Halle (Anwurf um 19.00 Uhr). In den Reihen der Gäste steht auch Stefan Kneer, der als Siebzehnjähriger im Trikot des ThSV Eisenach sein Erstbundesligadebüt feierte. Der Rückraumspieler will sich mit dem Meistertitel in Richtung HSG Wetzlar verabschieden. Mit dem überragenden Spielgestalter Andy Schmid sowie ihrer Flügelzange Uwe Gensheimer und Patrick Groetzki sind die Rhein-Neckar Löwen ein schier übermächtiger Kontrahent. Den deutschen Meister in spe in Eisenach zu erleben, diese Chance bietet sich heute in einer Woche.

Eintrittskarten sind erhältlich im Ticketcenter online www.thsv-eisenach.de; in der ThSV-Geschäftsstelle, in allen Pressehäusern der Mediengruppe Thüringen und allen dem Ticket-Center angeschlossenen Verkaufstellen.

Das Restprogramm der drei akut abstiegsgefährdeten Teams

Bergischer HC
Platz 15: 11:41 Punkte – 95 Tore
07.05.: SC Magdeburg (H)
11.05.: TuS N-Lübbecke (A)
14.05.: HSG Wetzlar (H)
21.05.: Balingen-Weilstetten (A)
28.05.: MT Melsungen (H)
05.05. SG Flensburg-Handewitt (A)

ThSV Eisenach
Platz 16: 10:44 Punkte – 154 Tore
04.05.: Rhein-Neckar Löwen (H)
14.04.: Frisch Auf Göppingen (H)
21.05.: SG Flensburg-Handewitt (A)
28.05.: THW Kiel (H)
05.06.: MT Melsungen (A)

TuS Nettelstedt-Lübbecke
Platz 17: 8:42 Punkte – 102 Tore
04.05.: THW Kiel (A)
07.05.: MT Melsungen (A)
11.05.: Bergischer HC (H)
15.05. TBV Lemgo (A)
21.05.: Füchse Berlin (H)
28.05.: VfL Gummersbach (A)
05.06.: Rhein-Neckar Löwen (H)

Statistik
HBW Balingen-Weilstetten: Baumeister,, Johannesson; Böhm 9, Foth 1, Nyokas 4, Hausmann, Wilke, Vasilakis 8, Theuerkauf, M. Strobel 3,  Kunkel, Krieg 2, Ruß, Dominikovic
ThSV Eisenach: Verkic, Redwitz; Wöhler 3 , Luther 1,  Celica,   Ragnarsson 3,  Schliedermann, Hansen 1, Urban 5/2,   Heinemann, Koloper, Mackovcek 2,  Criciotoiu 5,
Siebenmeter: HBW Balingen-Weilstetten 0 / ThSV Eisenach 2/2
Zeitstrafen: HBW Balingen-Weilstetten 2 x 2 Min / ThSV Eisenach 3 x 2 Min.
Schiedsrichter: Grobe/Kinzel
Zuschauer: 2.350 (ausverkauft)

Titelfoto: Bogdan Criciotoiu versuchte es mehrfach aus dem rechten Rückraum, netzte 5 Bälle für die Eisenacher ein

Foto 2: Nahezu 70 mitgereiste ThSV-Fans unterstützten ihre Mannschaft

Foto 3: Die zupackende Balinger Defensive errichtete Abwehrbeton. Hier wird Olafur Bjarki Ragnarsson heftig attackiert, zugleich wird die Trikofestigkeit von Branimir Koloper gestestet (re.)

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