«Zweikämpfe hinten und vorne verloren»

Ohne Warmlaufphase gleich durchstarten, das wollte der ThSV Eisenach im Punktspiel der 2. Handballbundesliga der Männer bei der TSG Friesenheim. Die Vorzeichen schienen überaus günstig; am Mittag des Spieltages waren alle Formalitäten geklärt, sodass Neuzugang Branimir Koloper seinen Einstand im Trikot der Wartburgstädter gab.
Der 25-jährige Kroate soll künftig mit Kapitän Benjamin Trautvetter die Aufgaben an der Kreismitte übernehmen und mit seiner Körpergröße von knapp zwei Metern zugleich die Abwehr verstärken. Somit hatte der ThSV Eisenach sein stärkstes Aufgebot zur Stelle.

Durchgestartet ist in der Friedrich-Ebert-Halle jedoch von Beginn nur der Gastgeber und der landete mit einem 29:24 (17:11)-Erfolg einen Start-Ziel-Sieg. Die von den Thüringern im Vorfeld anvisierten Pluszähler rückten rasch in weite Ferne. «Wir verloren hinten und vorne die Zweikämpfe. Die Abwehr agierte viel zu passiv. Jeder Wurf aus dem Rückraum zappelte im Tor. Wir selbst fanden nicht zu unserem Spielfluss», bilanzierte ThSV-Coach Adalsteinn Eyjolfsson.
Nach 19 Minuten führte der Erstligaabsteiger nach einem Treffer von Felix Kossler mit 12:5. Thomas König, der Trainer der TSG Friesenheim, strahlte: «Selten konnte ich ein Spiel meiner Mannschaft so entspannt verfolgen. Angesichts der individuellen Qualität waren wir vor Eisenach gewarnt. Doch wir waren von Beginn präsenter, haben das Spiel über die Abwehr gewonnen. Überragend unser Deckungsinnenblock und Torhüter Kevin Klier.» Der Schlussmann der «Eulen» dürfte für den einen oder anderen Eisenacher zum Alptraum geworden sein. Er wehrte 20 Bälle ab. «Eine tolle Leistung von Kevin», freute sich Friesenheims Torhüterlegende Stephan Pfeiffer, der seine aktive Laufbahn im Sommer beendete, neben seiner beruflichen Tätigkeit als Rechtsanwalt nun im Management der TSG Friesenheim sich engagiert.
Lediglich Eisenachs Rechtsaußen Nick Heinemann hatte selbstbewusst das richtige Wurfrepertoire zur Hand, versenkte acht Bälle. Einig waren sich beide Trainer in der Beurteilung der neuen Spielklasse: «Eine Liga mit enormer Qualität. Junge deutsche Spieler auf diesem Niveau einzufügen, wird ganz schwer. Auswärts zu punkten, wird komplizierter denn je, angesichts der Reisestrapazen einschließlich der aufwendigen Logistik.»
Die Reise zum anstehenden nächsten Auswärtsspiel an der Ostseeküste, am Tag der deutschen Einheit beim SC Empor Rostock, wird die TSG Friesenheim mit dem Flugzeug bewältigen. Der ThSV Eisenach indes hat am Samstag, 01.10.2011 Heimrecht, empfängt die HG Saarlouis.

Die «Eulen» machen Nägel mit Köpfen
Der ThSV Eisenach begann mit Stanislaw Gorobtschuk im Tor, Adrian Wöhler auf Links- und Nick Heinemann auf Rechtsaußen, Eryk Kaluzinski im linken und Duje Miljak im rechten Rückraum, Tomas Sklenak auf der mittleren Aufbauposition und Benjamin Trautvetter am Kreis. Daniel Luther löste Benjamin Trautvetter für Abwehraufgaben ab. Schon der Auftakt verlief für die Eisenacher wenig verheißungsvoll. Duje Miljak verfehlten das Tor, ein Zuspiel zu Benjamin Trautvetter misslang und Adrian Wöhler hämmerte das Leder nach einem Tempogegenstoß ans Holz. Der schnelle Philipp Grimm besorgte im Gegenzug das 2:0 für die Hausherren (4.). Tomas Sklenak markierte von der Strafwurflinie den ersten Eisenacher Treffer (2:1, 5.). Einem schönen Zusammenspiel zwischen Duje Miljak und Benjamin Trautvetter entsprang der zweite ThSV-Treffer (3:2, 7.). Die Würfe aus dem Rückraum blockte die Friesenheimer Abwehr ab. Regisseur Andrej Kogut inittierte ein druckvolles Angriffsspiel mit resolutem Abschluss. Nils Brand wuchtete zum 8:4 (14.) ein. Adalsteinn Eyjolfsson zog die grüne Karte, rief seine Crew zur Beratung an die Bank, brachte Alexander Schiffner auf Linksaußen und Girts Lilienfelds im rechten Rückraum. Die Spielfortsetzung, ein technischer Fehler, den Philipp Grimm per Tempogegenstoß über die linke Seite zum 9:4 (14.) nutzte. Tomas Sklenak versuchte seine individuellen Qualitäten einzubringen, markierte in der für ihn typischen Art den fünften Treffer für seine Farben. Pech für Alexander Schiffner, dessen Wurf am Holz landete (18.). Die Gastgeber machten es besser, versenkten zum 12:5 (19.). Adalsteinn Eyjolfsson wechselte erneut, schickte Neuzugang Branimir Koloper erstmals auf das Parkett, Routinier Radek Musil löste den jungen Stanislaw Gorobtschuk im Tor ab, Daniel Luther blieb auch im Angriff auf dem Parkett. Radek Musil parierte einen Grimm-Siebenmeter, Daniel Luther wuchtete das Leder in den Friesenheimer Kasten, Nick Heinemann spekulierte richtig, spitzte in ein Friesenheimer Zuspiel und vollendete per Tempogegenstoß (13:9, 24.). Sollten die Eisenacher nun Oberwasser bekommen? Das hofften die kleine Gruppe mitgereister Fans. Friesenheims Trainer Thomas König beorderte mittels grüner Karte sein Personal zur Dienstbesprechung. Torhüter Kevin Klier kaufte danach Duje Miljak gleich zweifach das Leder ab, blieb auch gegen Tomas Sklenak Sieger. Benjamin Matschke konterte die Thüringer zum 17:10 aus (30.). Sekunden später besorgte Tomas Sklenak den Halbzeitstand (17:11).

Nur Nick Heinemann mit Zielwasser
Tomas Sklenak übernahm zu Beginn der zweiten Halbzeit auf Seiten der Wartburgstädter die Initiative. Er konnte nur regelwidrig gestoppt werden. Er selbst marschierte zum Strafwurf – und scheiterte an Schlussmann Kevin Klier, der sich auch im zweiten Abschnitt in prächtiger Verfassung präsentierte, freilich auch von seinen Vorderleuten bestens unterstützt sah. «Steffen Bühler zeigte, wie wertvoll er für unsere Defensive ist», lobte Friesenheims Trainer Thomas König seinen Neuzugang von der SG Bietigheim. Insgesamt hatten die «Eulen» nach dem Erstligaabschied zwölf (!) Abgänge zu verdauen.
Branimir Koloper, auch im zweiten Abschnitt an der Kreismitte der Eisenacher, gelang sein erster Treffer für seinen neuen Verein (34.). Im Gegenzug zappelte ein Schlagwurf von Friesenheims Spielgestalter Andrej Kogut zum 20:13 im Eisenacher Kasten (35.). Souverän beherrschten die Gastgeber vor 1150 bestens gelaunten Zuschauern die Szenerie. Ihre Rückraumspieler (Backovic, Brandt) marschierten immer wieder erfolgreich in die Nahtstellen der Eisenacher Abwehr. Die Angriffsbemühungen der Wartburgstädter endeten spätestens bei Torhüter Kevin Klier, der auch Branimir Koloper aus Nahdistanz das Leder abkaufte (41.). Die rechte Eisenacher Angriffsseite, nun mit Girts Lilienfelds im Rückraum sowie dem kaltblütig versenkenden Nick Heinemann, vermochte sich nun mehrfach erfolgreich zu behaupten. Das reichte freilich nicht, um die Friesenheimer insgesamt in Verlegenheit zu bringen. Nick Heinemann passte das Leder von Rechtsaußen auf die Linksaußenposition, doch Adrian Wöhler zirkelte das Leder genau ins kurze Eck, wo sich bereits Schlussmann Kevin Klier postiert hatte (44.). Am sich vor ihm aufbauenden Keeper scheiterte wenig später auch Alexander Schiffner von Linksaußen (51.). Die Hausherren nutzten indes kaltblütig ihre Torchancen auch von der Siebenmeterlinie. Andrej Kogut ließ im Doppelpack ThSV-Torhüter Radek Musil zum 26:18 (49.) keine Abwehrchance. Der auf das Spielfeld zurückgekehrte Kapitän Benjamin Trautvetter markierte den zwanzigsten Treffer für seine Farben (27:20, 52.). Angesichts der klaren Führung wechselten die Hausherren nach dem 28:20 (55.) kräftig durch. «Es spricht für unsere Mannschaft, dass wir bis zur letzten Sekunde um ein besseres Resultat gefightet haben», strich ThSV-Coach Adalsteinn Eyjolfsson positiv heraus. Nick Heinemann nutzte eine weitere Balleroberung, der zur Kreismitte eingelaufene Girts Lilienfelds verwandelte ein Kaluzinski-Zuspiel, der auf Linksaußen eingewechselte Philipp Lindner zeigte, wie ein Pass von der Rechtsaußenposition im Ziel unterzubringen ist, Nick Heinemann zeichnete sich mit seinem achten Treffer für den 29:24-Endstand verantwortlich.

Anzeige

Statistik

TSG Friesenheim: Klier, Bender; Grimm (4/1), Kogut (6/2), Backovic (5), Brandt (4), Bühler (2), Matschke (3), Hauk, Claussen, Veta (1), Becker, Kossler (4)

ThSV Eisenach: Gorobtschuk, Musil (ab 19.); Trautvetter (2), Sklenak (5/1), Wöhler, Luther (2), Miljak (1), Kaluzinski, Adams, Schiffner (1), Heinemann (8/1), Lilienfelds (3), Koloper (1), Lindner (1)

Zeitstrafen: Friesenheim 4 x 2 Min. – Eisenach 3 x 2 Min.
Siebenmeter: Friesenheim 4/3 – Eisenach 3/2