Die Kassen leben scheinbar in ihrer eigenen Welt!

Jedes Unternehmen, welches eigenwirtschaftlich, also ohne Subventionen oder staatliche Zuschüsse arbeitet, muss mindestens kostendeckend, aber in der Regel mit einem Gewinn arbeiten.

Jeder Handwerker, der heutzutage ins Haus kommt, verlangt ab 50 EUR die Stunde zzgl. Materialkosten und Anfahrtskosten. Taxi- und Mietwagenunternehmer, die nicht umsetzbare Rollstuhlbeförderung durchführen, sollen nach den Einzelverträgen der Krankenkassen eine Fachkraft für zusätzliche Trageleistungen für 10,00 EUR brutto (AOK-Plus, IKK-classic und Knappschaft) bzw. 15,00 EUR brutto (Ersatzkassen) für eine unbestimmte Zeit einsetzen. Mit beiden angebotenen Vergütungssätzen abzgl. der Umsatzsteuer in Höhe von 19 Prozent kann der vom Gesetzgeber geforderte Mindestlohn in Höhe von 8,84 EUR zzgl. Sozialabgaben, Umlagen, Berufsgenossenschaftsbeiträgen etc. nicht vergütet werden. Zumal das Taxi- und Mietwagengewerbe für diesen Mindestlohn schon längst kein Fachpersonal mehr generieren kann. Dies wissen die Kassen ganz genau und spekulieren auf die Kleinteiligkeit und Uneinigkeit des Gewerbes.

Weiterhin unterscheiden die Kassen bei den Vergütungssätzen kaum, ob ein Versicherter im Rollstuhl oder im Sitzen befördert werden muss. Dabei werden die Anschaffungskosten (bis zu 10.000 EUR) für die gesetzlich vorgeschriebenen Rollstuhlplätze und Rollstuhl-Rückhaltesysteme gemäß § 35 a Abs. 4a StVZO nicht berücksichtigt. Ebenfalls ist der höhere zeitliche Aufwand für das Holen, Beladen, Sichern sowie das Entsichern, Entladen und Bringen von Versicherten im Rollstuhl von den Kassen bisher nicht berücksichtigt worden. Für diese Arbeiten fallen im Durchschnitt ca. 20 Minuten an, die im Unternehmen Kosten für Löhne, den Ausfall des Fahrzeugs und andere Kosten verursachen.

Die Kassen sind Körperschaften des öffentlichen Rechts und sperren sich seit mehreren Jahren mit einer solchen Energie im Bereich der Rollstuhlbeförderung gegen den gesetzlich vorgeschriebenen Mindestlohn. Von den privatwirtschaftlichen Taxi- und Mietwagenunternehmern wird per Gesetz verlangt, dass der Mindestlohn zu zahlen ist und bei Körperschaften des öffentlichen Rechts, die deren Auftraggeber sind, schaut der Gesetzgeber einfach weg. Letztendlich kann dies in vielen öffentlichen Bereichen (Schülerbeförderung) beobachtet werden. Hier wird ganz klar mit zweierlei Maß gemessen.

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Die AOK-Plus hat den Unternehmern am Ende des Jahres 2017 einen neuen Einzelvertrag diktiert (angeboten), in dem ihnen im Bereich des Einsatzes einer zweiten Fachkraft für Trageleistungen sage und schreibe statt bisher 10,00 EUR nun 12,00 EUR angeboten werden. Im Bereich der Grundvergütung sowie bei den Kilometerentgelten wurden keine Anpassungen angeboten. Die AOK-Plus verkauft dies öffentlich mit: … weitere 11 Prozent mehr für behindertengerechte Fahrten … . Prozentzahlen sind ganz nett und klingen gut, es müssen aber auch immer die tatsächlichen Zahlen dahinter betrachtet werden. Und wenn von 10 auf 12 EUR erhöht wird, dann sind das 20 Prozent, aber trotzdem führt es nicht dazu, dass die Unternehmer den Mindestlohn vergüten können.

Auch der Verband der Ersatzkassen (vdek) redet von massiven Erhöhungen und höheren Entgelten als in Niedersachsen und Hessen, aber das ist nur die halbe Wahrheit. Erstens werden zwei verschiedene Verträge miteinander verglichen und zweitens führen diese „massiven Erhöhungen“ im Bereich der Rollstuhlbeförderung nicht zur nötigen Kostendeckung, so dass der Mindestlohn vergütet werden kann.

Von der AOK – Plus wird auch behauptet: Eine gesetzliche Vorschrift, wie derartige Kraftfahrzeuge (mit Rollstuhl-Rückhaltesystem) ausgestattet sein müssen, gibt es nicht. Wir bitten die AOK-Plus, einmal im § 35 a Abs. 4a der StVZO nachzuschauen.

Die AOK – Plus setzt dem Ganzen nun noch die Krone auf. Sie hat in einer Dialyse-Einrichtung angerufen und verlangt, dass ein bestimmtes größeres Unternehmen, welches derzeit aus den genannten Kostengründen keinen Vertrag im Bereich der Rollstuhlbeförderungen mit der AOK – Plus hat und aus diesem Grund derzeit keine Versicherten im Rollstuhl befördert, zukünftig weniger Aufträge auch im Bereich der Sitzendbeförderungen bekommen soll, obwohl der Unternehmer hier einen gültigen Vertrag hat und auch ganz klar das Patientenwahlrecht umgangen werden würde.

Daran kann man eindeutig erkennen, dass die Kassen entweder in ihrer eigenen Welt leben oder schlichtweg bewusst handeln. Beides wird von unserem Gesetzgeber geduldet. Die Leidtragenden sind die Taxi- und Mietwagenunternehmen und in diesen aktuellen Fällen auch die teilweise schwerkranken Versicherten der Kassen.

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