Gefährlicher Riese im Wartburgkreis

Umweltamt rät: Hautkontakt vermeiden, aber fachgerecht bekämpfen!

Gemeint ist keine Märchenfigur und auch kein Phantom, sondern der aus dem Kaukasus stammende und mittlerweile auch im Wartburgkreis vorkommende Riesen-Bärenklau (Heracleum mantegazzianum), auch Herkulesstaude genannt. Er wächst im Kaukasus an Waldrändern und Bächen in Gebieten über 2.300 m Meereshöhe, die hohe bis sehr hohe Niederschläge aufweisen. Das erklärt sein hiesiges bevorzugtes Vorkommen in Gewässernähe, an Gewässerufern sowie in feuchten Mulden und Senken. Mit seiner enormen Größe von 2 bis 5 m Höhe und den bis zu 50 cm breiten Dolden kann er zwischen 10.000 und mehr als 50.000 wasser- und windverbreiteten Samen pro Pflanze produzieren, die im Boden bis zu 7 Jahre überdauern können. Die Herkulesstaude macht ihrem Namen alle Ehre: Sie ist enorm konkurrenzstark und ausbreitungsfähig. Dadurch kann sie heimische Arten unterdrücken und verdrängen. Was sie aber besonders unangenehm und bei unsachgemäßem Umgang auch gefährlich macht, sind die im Pflanzensaft und in allen Pflanzenteilen enthaltenen Furocumarine. Bei Hautkontakt kann das zu starken allergischen Reaktionen und besonders in Verbindung mit Sonneneinstrahlung zu schweren, verbrennungsartigen Verletzungen führen. Die Symptome, gerötete Hautstellen, Hautentzündungen und starke Blasenbildung, treten nicht sofort, sondern erst nach 1 bis 2 Tagen auf. Besonders Kindern sollte die Pflanze gezeigt und darauf aufmerksam gemacht werden, dass sie nicht berührt werden darf! Auf gar keinen Fall dürfen die frischen, großen und hohlen Pflanzenstängel z.B. als Blasrohre verwendet werden!

Die Bekämpfung von Massenbeständen ist wegen des großen Vermehrungspotentials und des großen Aufwands bei schwierigen Geländeverhältnissen äußerst langwierig, kostenintensiv und mühsam. Dagegen sind Neuansiedlungen und kleinere Pflanzengruppen nach Möglichkeit immer sofort zu bekämpfen, da sie die Quelle für weitere Massenbestände bilden können! Im Wartburgkreis sind Massenbestände in der Größenordnung von mehr als 1.000 Pflanzen z.B. aus dem Raum Burla an der Hörsel und deren Zuflüssen sowie aus der Rhön an der Ulster und deren Zuflüssen bekannt.

Im letzteren Bereich betreute zwischen 2013 und 2015 der Landschaftspflegeverband (LPV) Rhön als Projektträger das ENL-geförderte Projekt: “Bekämpfung des Riesenbärenklau im Biosphärenreservat Rhön“ in enger Zusammenarbeit mit dem Thüringer Landesverwaltungsamt, den beiden Unteren Naturschutzbehörden des Wartburgkreises und des Landkreises Schmalkalden-Meiningen sowie den jeweiligen Gemeindeverwaltungen und Forstämtern. ENL bedeutet „Entwicklung von Natur und Landschaft“ und ist das zentrale Naturschutzförderprogramm des Landes Thüringen.

Im Projekt wurden über drei Vegetationsperioden die Stauden bekämpft sowie die örtlich zuständigen Flächenverantwortlichen geschult, um über das Projektende hinaus eine Bekämpfung sicherstellen zu können. Eine Projektdokumentation mit vielen Fotos sowie Bekämpfungshinweisen ist im Internet auf der Seite des Landschaftspflegeverbandes zu finden unter: http://www.lpv-rhoen.de/projekte/bekaempfung-neobiota.html.

Bei einer Bekämpfung, die bei kleinen Beständen auch von Laien durchgeführt werden kann, ist auf jeden Fall Schutzkleidung zu tragen, so dass der Körper und insbesondere Hände und Gesicht vor Pflanzenspritzern geschützt sind! Bei Hautkontakt sollte mit Wasser gespült werden. Bekämpfungen sollten nicht bei Sonnenschein erfolgen. Die Arbeitsgeräte sind nach Gebrauch zu reinigen, damit Pflanzensäfte und anhaftende Samen entfernt werden.

Am wirksamsten und ungefährlichsten kann die Pflanze durch Ausgraben im April oder Mai bekämpft werden, wenn das Wachstum gerade beginnt. Dabei muss die Wurzel in einer Bodentiefe von mindestens 15 Zentimeter abgestochen oder ganz ausgegraben und anschließend zum Vertrocknen in die Sonne gelegt werden. Eine spätere Bekämpfung ab Juni/Juli muss vor dem Reifen und Ausfallen der Samen erfolgen, indem zunächst die Blütendolden abgeschnitten werden. In dichten Plastiktüten oder Säcken verpackt sind die Dolden über den Restmüll zu entsorgen. Anschließend werden die Stiele abgeschnitten oder gemäht. Verbleiben die Stängel an der Dolde, fördert das das Nachreifen noch grüner Samen! Das Abfallen der Samen ist zu vermeiden, da sich sonst neue Keimlinge bilden. Daher bringt das reine Abschneiden von Dolden überhaupt nichts, wenn sie an Ort und Stelle verbleiben. Auch eine Kompostierung muss unterbleiben, da die Samen erst ab 70 °C abgetötet werden. Am effektivsten ist auch nach dem Abschneiden noch zusätzlich das Ausstechen der Wurzel.

Eine Bekämpfung durch Mahd ist nur erfolgreich, wenn sie im Abstand von jeweils 10 Tagen 5 bis 6 mal im Jahr wiederholt wird, da sich ansonsten in geringer Höhe (10 cm) bereits neue Blüten bilden können. Wegen des Samenpotentials im Boden muss zudem mehrere Jahre hintereinander gemäht und immer wieder kontrolliert werden, auch bei Einzelpflanzen!

Eine chemische Bekämpfung des Riesen-Bärenklaus mit Pflanzenschutzmitteln unterliegt strengen rechtlichen Beschränkungen durch das Pflanzenschutzgesetz und das Thüringer Wassergesetz. Pflanzenschutzmittel dürfen im Uferbereich, einem bevorzugten Standort des Riesen-Bärenklaus, nicht angewendet werden.

Die Untere Naturschutzbehörde im Wartburgkreis leitet Fundmeldungen z.B. an die örtlichen Gemeinden weiter und berät, verfügt aber nicht über eigene Einsatzkräfte zur Bekämpfung. Die Untere Naturschutzbehörde des Wartburgkreises in Bad Salzungen steht unter der Tel.-Nr. 03695 / 61-6701 gern beratend zur Verfügung. Die Gemeinden veranlassen in der Regel über ihre Bauhöfe auf eigenen Flächen oder an gemeindlich unterhaltungspflichtigen Gewässern 2. Ordnung Bekämpfungsmaßnahmen.

Grundsätzlich sollten die betroffenen, privaten Grundstückseigentümer und Flächenbewirtschafter schon aus Eigeninteresse das Aufkommen und Ausbreiten des Riesen-Bärenklaus auf ihren Flächen verhindern, damit sie dauerhaft nutzbar bleiben. Der Anbau im eigenen Garten, zu Zierzwecken oder für die Imkerei sollte auf jeden Fall unterbleiben!

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