IHK fordert kurzfristige Konjunkturmaßnahmen vom Land

IHK-Präsident Niels Lund Chrestensen hat die Forderungen der Wirtschaftswissenschaftler im Herbstgutachten nach einem Vorziehen der nächsten Stufe der Steuerreform nachdrücklich unterstützt. Gleichzeitig kritisierte er die von der rot-grünen Bundesregierung praktizierte Regulierungswut am Arbeitsmarkt. Teilzeitarbeitsgesetz, die Reform des Betriebsverfassungsgesetzes und die vorgesehene Tariftreuebindung bei öffentlichen Aufträgen seien nicht dazu angetan, die Investitionsbereitschaft der Unternehmer zu erhöhen.

Chrestensen forderte einen schnellen Kurswechsel, zumal eine Deregulierung am Arbeitsmarkt mit keinerlei finanziellen Aufwendungen verbunden wäre, aber wirksame Beschäftigungseffekte auslöse.
Trotz eingeschränkter konjunkturpolitischer Handlungsfelder sollten auch im Freistaat alle Möglichkeiten genutzt werden, der Konjunkturschwäche aktiv zu begegnen. Die wirtschaftliche Situation in Thüringen habe sich in den letzten Monaten dramatisch verschlechtert. Nullwachstum im Bruttoinlandsprodukt, zunehmende Firmeninsolvenzen und steigende Arbeitslosigkeit fänden Bestätigung in der jüngsten IHK-Konjunkturanalyse, die das schlechteste Ergebnis seit zehn Jahren aufweist. Positive Signale für das 4. Quartal seien nicht zu erkennen.

Aus Sicht des IHK-Präsidenten würden sich kurzfristig 5 Schwerpunkte wirtschaftspolitischen Handelns ergeben, über die die IHK im Gespräch mit der Landesregierung stehe und zu denen bereits erste Ergebnisse vorlägen.
Es handele sich im Einzelnen um die Anhebung der Fördersätze für Modernisierungs- und Rationalisierungsinvestitionen, die Bereitstellung kurzfristiger Liquiditäts- und Konsolidierungshilfen, weitere Schritte zur Verbesserung der Zahlungsmoral, die Sicherung des Fachkräftebedarfes und verstärkte Investitionen in die regionale Verkehrsinfrastruktur.

IHK-Vorschläge kurzfristiger Konjunkturmaßnahmen

Die wirtschaftliche Situation in Thüringen hat sich in den letzten Monaten dramatisch verschlechtert. Nullwachstum im Bruttoinlandsprodukt, zunehmende Firmeninsolvenzen und steigende Arbeitslosigkeit finden Bestätigung in der jüngsten IHK-Konjunkturanalyse, die das schlechteste Ergebnis seit zehn Jahren aufweist. Positive Signale für das 4. Quartal sind nicht zu erkennen.
Sicher ist die gegenwärtige Konjunkturschwäche in Thüringen nicht losgelöst vom Nachlassen der weltwirtschaftlichen Dynamik zu sehen. Und sicher trägt der zunehmend gewerkschaftsfreundliche Kurs der rot-grünen Bundesregierung mit der praktizierten Regulierungswut am Arbeitsmarkt nicht dazu bei, die Investitionsbereitschaft der Unternehmen zu fördern. Notwendig ist deshalb ein schneller Kurswechsel, zumal eine Deregulierung am Arbeitsmarkt mit keinerlei finanziellen Aufwendungen verbunden wäre.

Ungeachtet dieser Tatsachen und der nur eingeschränkten konjunkturpolitischen Handlungsfelder des Landes, sollten jedoch alle Möglichkeiten im Freistaat genutzt werden, der Konjunkturschwäche aktiv zu begegnen. Dabei gilt es, den eingeschlagenen Weg zur Konsolidierung des Landeshaushaltes nicht zu verlassen.
Aus Sicht der IHK Erfurt ergeben sich kurzfristig folgende Schwerpunkte und Notwendigkeiten des wirtschaftspolitischen Handelns:

1. Anhebung der Fördersätze für Modernisierungs- und Rationalisierungsinvestitionen

Rückläufige Auftragseingänge und sinkende Kapazitätsauslastung zwingen die Unternehmen, Erweiterungs- und Neubauinvestitionen zunächst zurückzustellen. Andererseits bedingen zunehmender Wettbewerbs- und Kostendruck Maßnahmen der betrieblichen Rationalisierung und Ersatzteilbeschaffung.
Im Interesse der Stabilisierung und Liquiditätssicherung der Firmen sollten die Zuschüsse aus der Gemeinschaftsaufgabe für einzelbetriebliche Investitionen für alle Investitionsarten vereinheitlicht werden, d. h. ein Anheben der Zuschüsse für Rationalisierungs- und Modernisierungsinvestitionen von 15 auf 23 Prozent (Basisförderung ungeachtet hinzukommender Bonifikationen).
Die Erhöhung der Fördersätze dürfte angesichts nachlassender Investitionsneigung der Betriebe ohne weiteren Mittelzufluss möglich sein.

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2. Kurzfristige Liquiditäts- und Konsolidierungshilfen

Die Firmeninsolvenzen haben in den ersten sieben Monaten d. J. im Bereich des verarbeitenden Gewerbes um 24 Prozent zugenommen. Betroffen davon waren immerhin 114 Betriebe mit 1.287 Beschäftigten.
Vor dem Hintergrund sinkenden Umsatzes und steigender Kosten hat sich die Ertragslage bei über einem Drittel der Industriefirmen verschlechtert, so dass verstärkt existenzbedrohende Finanzierungsschwierigkeiten auftreten. Notwendig sind hier kurzfristig Liquiditätshilfen für sanierungsfähige Firmen, deren Ausreichung durchaus temporären Charakter tragen sollte:
Öffnung des Programmes Gründungs- und Wachstumsfinanzierung (GuW) für Maßnahmen der Unternehmenskonsolidierung, Erleichterung der Zugangsmöglichkeiten zum Thüringer Fonds zur Konsolidierung von Unternehmen (Überprüfung der Brancheneinschränkungen), Haftungsfreistellungen bei der Umschuldung von EKH-Darlehen, Unterstützung und Beteiligung des Freistaates an Projekten zur Krisenbewältigung (z. B. „Runder Tisch“ von DtA und IHK).

3. Verbesserung der Zahlungsmoral

Das vor einem Jahr in Kraft getretene „Gesetz zur Beschleunigung fälliger Zahlungen“ hat in der gewerblichen Wirtschaft nicht zu einer Verbesserung der Zahlungsmoral beigetragen. Die Landesregierung ist aufgefordert, sich der Prüfung weiterer Maßnahmen zum Schutz der Unternehmer vor Zahlungsausfällen anzunehmen. In einer Bundesratsinitiative zur Verbesserung der Zahlungsmoral sollte ein Maßnahmepaket zu weitergehenden Gesetzesänderungen eingebracht werden, mit dem Ziel, dass tatsächlich praktikable Regelungen zur Sicherung der Forderungen der Unternehmer Gesetzeskraft erlangen.

4. Sicherung des Fachkräftebedarfes

Die Verfügbarkeit gut ausgebildeter Fachkräfte gewinnt zunehmend an Bedeutung für die weitere erfolgreiche Entwicklung Thüringens. Trotz hoher Arbeitslosenquote können zahlreiche Arbeitsplätze nicht mit Fachkräften besetzt werden. Mit der Bildung einer „Managementgruppe zur Fachkräftesicherung“ unter Leitung der Thüringer Staatskanzlei im Mai d. J. hat die Landesregierung das Anliegen der Wirtschaft aufgegriffen.
Erste Ergebnisse und Schlussfolgerungen sollten kurzfristig in wirksame Handlungsempfehlungen münden.

5. Verstärkte Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur

Im Zuge der „Verkehrsprojekte Deutsche Einheit“ sind die wichtigsten Verkehrsbaumaßnahmen in Thüringen bereits begonnen bzw. werden umgesetzt. Als weitgehend desolat erweist sich jedoch das nachgeordnete Straßennetz (Landes- und Gemeindestraßen etc.). Hier sollte der Freistaat Möglichkeiten des Vorziehens von Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur prüfen. Neben den Beschäftigungseffekten für die Bau- und Bauzulieferindustrie könnten damit die Standortbedingungen enorm aufgewertet werden.
Dies erscheint umso wichtiger, da das von Bundesverkehrsminister Kurt Bodewig vorgeschlagene Beschleunigungsprogramm für Bauinvestitionen in Schiene und Straße in Thüringen nicht greift.
Im Rahmen regionaler Verkehrskonferenzen sollten aus Sicht der Unternehmen Prioritäten in die Umsetzung von Verkehrsbaumaßnahmen einfließen.