Vogel: Adenauer war ein Modernisierer

Ministerpräsident Dr. Bernhard Vogel hat den ersten Kanzler der Bundesrepublik Deutschland, Konrad Adenauer, als Modernisierer bezeichnet und ihn vor dem Vorwurf in Schutz genommen, er habe eine «restaurative» Politik betrieben. In einem Vortrag am St. Antony’s College der englischen Universität Oxford sagte Vogel gestern (Donnerstag) Abend, wenn man heute glauben machen wolle, die Demokratie sei in der Bundesrepublik Deutschland erst 1968 wirklich zum Durchbruch gelangt, könne darin nur ein Versuch von Legendenbildung gesehen werden.

Es treffe zu, sagte Vogel, dass im Westdeutschland der 60er Jahre – genährt durch wachsenden Wohlstand – Zufriedenheit und Selbstgefälligkeit eingekehrt seien, die nach Ausbruch und Aufbruch verlangt hätten. Der «Durchbruch zum modernen Deutschland» sei jedoch bereits in den 50er Jahren eingeleitet worden. Der Wiederaufbau der Städte und Dörfer, der Fabriken und Industrieanlagen, die Wiederherstellung und der Ausbau der Verkehrswege hätten der Modernisierung Tür und Tor geöffnet. Gegen Ende der 50er Jahre habe die technische Innovation in breitesten Bevölkerungsschichten Einzug gehalten. Vor allem die ländliche Bevölkerung habe einen enormen Modernisierungsschub erlebt.

Vogel nahm damit zur aktuellen Auseinandersetzung um die Bedeutung der 68er Ereignisse Stellung.

In seiner Rede über die heutige Bedeutung des Adenauer-Erbes hob der Ministerpräsident insbesondere auf den Europäer Konrad Adenauer ab. Vogel sagte, Adenauer habe mit der europäischen Integration dem Nationalismus jede Chance nehmen wollen, jemals wieder Europa in kriegerische Konflikte zu stürzen. Damit sei der Gedanke verbunden gewesen, dass Europa als Ganzes, mit dem vollen Gewicht einer wirtschaftlichen und politischen Gemeinschaft, in den globalen Fragen eine mit entscheidende Stimme haben sollte. Diese Zielsetzungen hätten nichts von ihrer Aktualität verloren.

Anzeige