Herzrhythmusstörungen: Wann harmlos, wann gefährlich?

Deutsche Herzstiftung startet bundesweite Herzwochen unter dem Motto „Aus dem Takt: Herzrhythmusstörungen“ informiert die Herzstiftung vom 1. bis 30. November über Diagnose und Therapie der Volkskrankheit

Herzrhythmusstörungen sind weit verbreitet. Jährlich werden in Deutschland über 400.000 Patienten wegen Herzrhythmusstörungen in eine Klinik eingeliefert. Allein an der häufigsten Herzrhythmusstörung Vorhofflimmern leiden in Deutschland etwa 1,8 Millionen Menschen. Oft besteht große Unsicherheit darüber, ob Herzrhythmusstörungen harmlos oder lebensbedrohlich sind und wie ihre Beschwerden gelindert oder beseitigt werden können. Um über die heutigen Möglichkeiten der Diagnose und Therapie sowie deren Nutzen und Risiken zu informieren, veranstaltet die Deutsche Herzstiftung vom 1. bis 30. November die bundesweiten Herzwochen zum Thema „Aus dem Takt: Herzrhythmusstörungen“ mit über 1.200 Veranstaltungen. Ausgewiesene Herzspezialisten informieren in Herz- Seminaren und im neuen Expertenratgeber der Herzstiftung über den aktuellen medizinischen Kenntnisstand und neue Entwicklungen.

Veranstaltungen zu den Herzwochen in Eisenach:
11.11.2014, 19:00-21:00 Uhr, St. Georg Klinikum, Haus T – Pflegeschule, Referenten: Dr. med. Joachim Schümmelfeder, PD Dr. med. Frede G. Gabrielsen
20.11.2014, 18:00 – 20:00 Uhr, Volkshochschule, Schmelzerstr. 19, Referentin: Dr. med. Ines Härtel

Unregelmäßigkeiten des Herzschlages können völlig normal sein. Jeder hat irgendwann in seinem Leben mit Herzrhythmusstörungen zu tun. „Ob Herzrhythmusstörungen harmlos oder lebensbedrohlich sind, kann nur ein Kardiologe nach ausführlicher Untersuchung des Patienten entscheiden“, betont Prof. Dr. med. Thomas Meinertz, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Herzstiftung und Kardiologe am Klinikum Stephansplatz in Hamburg. „Der Übergang zwischen normal und krankhaft ist fließend. Krankhaft bedeutet nicht immer gefährlich. Selten sind Herzrhythmusstörungen Vorläufer eines drohenden plötzlichen Herztodes. Oft liegt aber den Herzrhythmusstörungen eine Herzkrankheit zugrunde. Sie beim Facharzt zu erkennen und konsequent zu behandeln ist entscheidend.“

Oft bringen Herzkrankheiten das Herz aus dem Rhythmus
Herzrhythmusstörungen sind in der Regel – wenn sie nicht angeboren sind – keine eigene Erkrankung, sondern meistens die Folge von Herzkrankheiten. Insbesondere Bluthochdruck, koronare Herzkrankheit (KHK), Herzklappenerkrankungen und Herzmuskelerkrankungen bereiten den Boden für Herzrhythmusstörungen. Bei etwa 70 % der Patienten mit Vorhofflimmern liegt Bluthochdruck vor. Auch andere Krankheiten wie Schilddrüsenüberfunktion, Diabetes oder chronische Lungenerkrankungen gehen in erhöhtem Maße mit Vorhofflimmern einher. „Entscheidend für den Therapieerfolg ist die gezielte Behandlung der Grundkrankheit als eigentliche Ursache der Rhythmusstörung.“ Auch kann eine Störung der Zusammensetzung der Blutsalze (Elektrolyte) durch Kaliumund Magnesiummangel sowohl gutartige wie auch bösartige Herzrhythmusstörungen auslösen oder verstärken. Ebenso können sich Genussgifte (größere Mengen von Alkohol, Kaffee, Nikotin), üppige Mahlzeiten, Schlafmangel und Stress negativ auf den Herzrhythmus auswirken.

Tückisch: Unbemerktes Vorhofflimmern – Schlaganfallgefahr!
Weil Vorhofflimmern bei der Hälfte aller Patienten ohne Beschwerden auftritt, bleibt es oft unbemerkt. „Unbehandelt sind diese Menschen schutzlos dem Schlaganfall ausgesetzt, weil sie nicht durch gerinnungshemmende Medikamente geschützt werden“, warnt Prof. Meinertz. Bei Vorhofflimmern ziehen sich durch das Flimmern die Herzvorhöfe nicht mehr regelmäßig zusammen. Der Blutstrom verlangsamt sich, Blutgerinnsel können sich bilden, die vom Blutstrom fortgeschwemmt Hirngefäße verschließen: Schlaganfall. Jedes Jahr verursacht Vorhofflimmern ca. 30.000 Schlaganfälle. Um Vorhofflimmern aufzudecken, gibt es verschiedene Möglichkeiten. Zum Beispiel sollte in jedem Haushalt ein Blutdruckmessgerät vorhanden sein. Die meisten dieser Geräte können den unregelmäßigen Herzschlag anzeigen, wenn man den Blutdruck misst. „Patienten können so Unregelmäßigkeiten des Pulses feststellen und sollten dann den Herzrhythmus beim Arzt durch ein EKG überprüfen lassen“, rät Prof. Meinertz.

Fortschritte in der Therapie: Katheterablation, neue Gerinnungshemmer, Psychokardiologie
Große Fortschritte sind besonders in der Therapie des Vorhofflimmerns zu verzeichnen. Wenn bei Patienten trotz der Behandlung mit Medikamenten erhebliche Beschwerden wie Herzrasen, Herzstolpern, Atemnot, Druckgefühl im Brustkorb, Schwindelgefühl oder Beeinträchtigung der körperlichen Belastbarkeit entstehen, kommt die Katheterablation in Betracht. Dieses Verfahren ist in der Medizin längst kein Neuland mehr. Erfahrene Rhythmologen können bei Patienten mit anfallsweisem (paroxysmalem) Vorhofflimmern nach einem einmaligen Eingriff eine Erfolgsrate von bis zu 70 % erreichen. Die Behandlung sollten nur dafür ausgewiesene Spezialkliniken durchführen. In der Schlaganfallvorbeugung bei Vorhofflimmern stehen drei neue Medikamente zur Hemmung der Blutgerinnung zur Verfügung: Pradaxa (Wirkstoff: Dabigatran), Xarelto (Rivaroxaban) und Eliquis (Apixaban). Diese sind den Medikamenten Marcumar/Warfarin in der Verhinderung von Schlaganfällen gleichwertig. Blutungen – die häufigsten Nebenwirkungen aller Gerinnungshemmer, auch von Marcumar – treten bei den neuen Gerinnungshemmern nicht häufiger auf als unter Marcumar. Ein großer Vorteil ist die Einfachheit der Handhabung und der fehlende Zwang, die Gerinnung ständig zu kontrollieren. Ein weiterer Vorteil: Eingriffe können in der Regel am nächsten oder übernächsten Tag durchgeführt werden, wenn die Einnahme unterbrochen wird. „Das Wichtigste: Auch die gefürchteten Hirnblutungen treten deutlich seltener auf als unter Marcumar“, stellt Prof. Meinertz fest. Allerdings: „Bei den neuen Gerinnungshemmern sind manche Fragen noch offen, zum Beispiel zur Behandlung von schweren Blutungen.“ Patienten, die mit Marcumar problemlos und sicher auf einen INR-Wert 2-3 eingestellt sind, sollten bei Marcumar bleiben. Bei stark schwankenden INR-Werten ist die Umstellung auf einen neuen Gerinnungshemmer sinnvoll. „Wenn ein Patient neu auf Gerinnungshemmer eingestellt werden soll, spricht viel für die neuen Medikamente. Die Therapieentscheidung, welches der neuen Medikamente eingesetzt wird, sollte immer für jeden Patienten individuell getroffen werden“, rät Prof. Meinertz. Schon vor der Behandlung mit den neuen Gerinnungshemmern sollten unbedingt die Nieren- und Leberwerte überprüft werden. Während der Behandlung wird empfohlen, die Nieren- und Leberfunktion mindestens einmal jährlich zu kontrollieren, ebenso den Hämoglobinwert, um versteckte Blutungen aufzuspüren. Von der Kardiologie lange vernachlässigt, spielt die Psychokardiologie eine immer wichtigere Rolle für die Behandlung von Patienten mit Herzrhythmusstörungen. Bekanntlich können Stress und seelische Belastungen Herzrhythmusstörungen auslösen oder verstärken. Psychokardiologen sind z. B. wichtig, wenn Patienten unter Depressionen und Ängsten leiden, weil sie die Schockabgaben ihres implantierten Defibrillators oder dessen Ausfall fürchten.

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