Altersvorsorgeberatung geht völlig am Verbraucherbedarf vorbei

Finanzmarktwächter stellt Untersuchungsbericht der Verbraucherzentralen vor

Rund 95 Prozent der aktuell unterbreiteten Anlagevorschläge von Banken und Finanzvertrieben entsprechen nicht dem, was Konsumenten möchten oder benötigen. Das ergab eine Untersuchung des Finanzmarktwächters der Verbraucherzentralen. Auch in Thüringen sind solche Fälle an der Tagesordnung.

Empfohlene Produkte sind zu teuer, zu unrentabel, zu unflexibel oder zu riskant. Rund 3900 Anlageprodukte hat die Schwerpunkt-Verbraucherzentrale  Baden-Württemberg als Finanzmarktwächter ausgewertet – insgesamt 835 Fälle, mit denen die Verbraucher die bundesweite Beratung der Verbraucherzentralen (VZ) aufsuchten. Das Ergebnis: 95 Prozent der vorgelegten Angebote waren nicht im besten Kundeninteresse. Sie passten nicht zur individuellen Lebenssituation, den Anlagenzielen oder den Wünschen der ratsuchenden Verbraucher.

Das kann auch die VZ Thüringen aus der Beratungspraxis bestätigen.

Tagtäglich erfahren wir, dass die Verbraucher kaum individuell sinnvolle Produkte erhalten,

sagt Marianne Stietz, Fachberaterin für Finanzen der Verbraucherzentrale Thüringen.

Beispielhaft sei der Fall einer Rentnerin aus Nordthüringen genannt, die eine Sterbegeldversicherung für eine Einmalzahlung von 6000 Euro abschloss.

Das war in ihrem Fall nicht sinnvoll und die Verbraucherin konnte mit etwas Schwierigkeiten erfolgreich widerrufen,

so Stietz. In einem anderen Fall erhielt eine über 70-Jährige einen Bausparvertrag über 25.000 Euro, der an den Wünschen und Zielen vorbeiging.

Gerade im Hinblick auf die Altersvorsorge sind viele Konsumenten sehr verunsichert,

sagt Marianne Stietz. Hier ist eine individuell passende Beratung vonnöten. Denn die Gefahr ist groß, dass Verbraucher in Anbetracht der schwierigen Zinssituation vermehrt in die Richtung von gewagten Anlageprodukten gelenkt werden.

Schlechte Finanzempfehlungen können sich Verbraucher mit Blick auf ihre Altersvorsorge nicht leisten,

sagt Dorothea Mohn, Teamleiterin Finanzmarkt beim Verbraucherzentrale Bundesverband. Sie fordert auch die Umsetzung der Finanzmarktrichtlinie (MiFID2) sowie die Trennung von Produktverkauf und Finanzberatung.