Befragung zu Schulabgänger*innen ohne Abschluss: Stadt stellt Ergebnisse vor

Eine von der Caritas veröffentlichte Studie zu Schüler*innen ohne Schulabschluss hatte im Sommer 2019 in Eisenach für Furore gesorgt. Die Stadt kam damals auf eine Quote von 18,58 Prozent bei den Schulabgänger*innen ohne Abschluss und wurde trauriger Spitzenreiter der Bundesrepublik. Das nahm die Stadtverwaltung zum Anlass eine eigene Befragung zu entwickeln und durchzuführen. Die Ergebnisse wurden am Mittwoch im Ausschuss für Soziales, Bildung und Gesundheitswesen vorgestellt.

Entwicklung und Durchführung der Befragung
Zwei Mitarbeiter*innen des Projektes „Bildung integriert“ entwickelten einen Fragebogen zu den Ursachen, warum Schüler*innen ein Abschluss an einer allgemeinbildenden Schule verwehrt blieb, sowie zu deren weiterem Werdegang. Unterstützend zur Seite standen die Koordinatorin der Eisenacher Schulsozialarbeiter und die beiden Lerncoaches, die an Eisenacher Schulen beschäftigt sind.

Befragt wurden die Eisenacher Regelschulen, die Gemeinschaftsschule sowie die Freie Waldorfschule. Die Gymnasien ließ man außer Acht, da an ihnen keine Fälle verzeichnet wurden. Der Fragebogen wurde anschließend gemeinsam von Schulleitung, Lehrpersonal sowie Schulsozialarbeiter*innen und Lerncoaches ausgefüllt. So konnte jeder Fachbereich seine Profession in die Befragung einbringen. Der Fragebogen beinhaltete neben Angaben zur Schüler*in Ursachen für das Nichterreichen des Abschlusses, individuelle Voraussetzungen sowie den weiteren Werdegang nach der Schule. Erfasst wurden die Fälle der Schuljahre 2017/18 und 2018/19. Alle befragten Schulen haben teilgenommen. Zurückgemeldet wurden insgesamt 56 Fragebögen.

Ergebnisse
63 Prozent der Schüler*innen waren männlich, 38 Prozent weiblich. Ihr durchschnittliches Alter betrug 15,9 Jahre, wenn sie die Schule ohne Abschluss verließen. 27 Prozent haben einen Migrationshintergrund. Bei den Eltern, deren Berufe bekannt waren, zeigte sich, dass diese in den meisten Fällen angestellt oder nicht berufstätig waren.

In über der Hälfte der Fälle (57 Prozent) verweigerten die betroffenen Schüler*innen aktiv den Schulbesuch. Sie hatten Schwierigkeiten mit den Lehrkräften, dem Schulalltag oder ihren Mitschüler*innen. Etwas mehr als die Hälfte (55 Prozent) hatte mit Lernschwierigkeiten zu kämpfen, ein Großteil konnte sich schlecht konzentrieren oder wies eine niedrige Frustrationsschwelle auf. Das Elternhaus war für über 70 Prozent der Schüler*innen keine Unterstützung bei der Bewältigung der schulischen Aufgaben.

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Was sagen die Ergebnisse aus?
Anhand des ausgewerteten Fragebogens lässt sich Folgendes ablesen: Die Angaben zur Herkunft zeigen, dass es sich nicht vorrangig um Kinder mit Migrationshintergrund handelt. Sie können als eine Zielgruppe mit besonderen Bedürfnissen angesehen werden, die weiterhin im Blick behalten werden sollte. So zeigten viele Schüler*innen Defizite in ihren Kenntnissen der deutschen Sprache. Hier ist eine gezielte Sprachförderung notwendig, zum Beispiel durch die Einführung von Sprachklassen.

Eine Mehrheit der Schüler*innen zeigte multiple Problemlagen: So macht die Befragung deutlich, wie Schulverweigerung, Lernschwierigkeiten oder mangelnde Unterstützung durch die Eltern zusammenspielen und sich gegenseitig verstärken. Kinder von berufstätigen Eltern waren ebenso betroffen wie Kinder von Eltern ohne berufliche Tätigkeit. Die Mehrzahl der Schüler*innen besaß kein Fördergutachten (93 Prozent).

Was den Werdegang nach der Schule betrifft, holte ein Großteil der Schüler*innen im Zeitraum der Befragung den Abschluss auf einem anderen Weg nach. Meist bei einer Berufsschule oder einem freien Bildungsträger. Der weitere Bildungsweg von 29 Prozent der Schüler*innen ist nicht bekannt.

Die Verantwortlichen der Befragung in Eisenach wollen der Problematik weiter nachgehen.

„Dank der Befragung verstehen wir besser, warum junge Menschen in Eisenach die Schule ohne Abschluss verlassen. In Zukunft wollen wir die Lernbedingungen an unseren Schulen durch eine förderliche Lernatmosphäre verbessern, dazu gehört auch die gezielte Stärkung der Elternarbeit sowie der schulbezogenen Jugendsozialarbeit“, so Ingo Wachtmeister, Dezernent für Bildung, Jugend, Kultur, Soziales und Stadtentwicklung.

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