Ein ganzer Tag Handwerk bei „Handwerk all-in“

Mehr als 1.400 Besucher nehmen am Karrieretag im BTZ Rohr-Kloster teil

„Handwerk all-in“ hieß es am Samstag im Berufsbildungs- und Technologiezentrum (BTZ) Rohr-Kloster. Damit hatte die Handwerkskammer (HWK) Südthüringen nicht zu viel versprochen. Wer zum großen Aktions- und Karrieretag kam, erlebte Handwerk mit all seinen Facetten und vielen beruflichen Chancen zum Anfassen und Ausprobieren. 1.420 Besucher von Sonneberg bis Eisenach fanden den Weg zur dritten Auflage von „Handwerk all-in“ nach Rohr.

Wir wollen Schüler und Eltern begeistern und Interesse wecken an einer beruflichen Karriere im Handwerk, erklärte HWK-Vizepräsident Mario Hau zum Auftakt.

Immens viel war hierfür in den letzten Wochen vorbereitet worden. Junge Leute, die oft mit ihren Eltern kamen, informierten sich und entdeckten auch manch einen Beruf, den sie so noch nicht auf dem Bildschirm hatten. Marek Hoffmann beispielsweise aus Brotterode hatte sich bei den Zahntechnikern, Maler– und Lackierern und den Feinwerkmechanikern umgesehen.

Im Kfz-Bereich konnte ich sogar an einem Bus einen Reifen wechseln, sagte der Achtklässler und fand das spannend.

Am Stand des Unternehmens NAKRA von Michael Messerschmidt aus Fambach nutzte der Schüler gleich mal die Gelegenheit, den Unternehmer  persönlich zu interviewen. Der Schüler interessierte sich dafür, wie lange die Klempner-Ausbildung dauert, wo die Berufsschule ist und wie es um die Höhenangst bestellt ist. Schließlich ist nicht jeder geeignet, anderen Leuten aufs Dach zu steigen. Doch Firmenchef Messerschmidt gab Entwarnung, denn die luftige Höhe ist kein Muss.

90 Prozent der Arbeiten passieren bei uns in der Werkstatt, sagte er.

Insofern sind alle Wege für spannende Herausforderungen offen. Immerhin: Das Handwerksunternehmen NAKRA aus dem Werratal ist in der ganzen Welt unterwegs. Um das Ganze anschaulich zu machen, hatten sie eine Gaupe mitgebracht. In zwölffacher Ausfertigung soll diese künftig einem Schloss in Österreich neuen Glanz verleihen. Marek Hoffmann hat sich das Unternehmen auf jeden Fall schon mal für ein Praktikum vorgemerkt. Auch Christian Peter bekam gleich am Morgen eine erste Bewerbung eines Praktikanten auf den Tisch. Der Chef der JMF Metallbautechnik GmbH aus Jüchsen war mit seinem Unternehmen zum ersten Mal bei „Handwerk all-in“ dabei. Fünf  Berufe werden hier ausgebildet.

Das ist eine gute Gelegenheit, mit vielen jungen Leuten ins Gespräch zu kommen. Es hat sich gelohnt, sagte er.

Das Handwerksunternehmen WEGRA Anlagenbau GmbH Westenfeld hatte ihren frisch gebackenen Landmaschinenmechatronikermeister Chris Gießler mitgebracht, der erst vor wenigen Tagen seine Prüfungen mit sehr gut ablegte. Er hatte als Meisterstück ein Gerät entwickelt und gebaut, mit dem Melktechnikmodule eingesetzt werden können.

68 Handwerksunternehmen präsentierten sich insgesamt. Die Werkstätten des BTZ Rohr-Kloster hatten zudem ihre Türen weit geöffnet. Einmal mehr wurde zum Karrieretag anschaulich gemacht, welche Möglichkeiten das Südthüringer Handwerk als moderner Ausbilder zwischen Tradition und Hochtechnologie heute bietet. Die Holzhandwerke hatten eine Leonardo-da-Vinci-Brücke XXL gebaut und die Auszubildenden zeigten darauf traditionell ihren Zimmermannsklatsch. Beeindruckend wurde Technologietransfer im Kompetenzzentrum Metall- und Fertigungstechnik gezeigt, das nicht nur für Aus- und Weiterbildung steht, sondern auch innovative Technologien mit den Mitgliedsunternehmen umsetzt. Hier wurde eine Glaskugel mit den Wappen des Südthüringer Handwerks und des Freistaates Thüringen erstmals öffentlich präsentiert, die traditionell mundgeblasen wurde. Die Form dafür entstand digital mit modernster Technik.

Auch die anderen Werkstätten stellen sich ständig neuen Herausforderungen. Deutlich wurde dies gerade im Kfz-Bereich demonstriert, in dem es neben den Fahrzeugen mit konventionellen Motoren längst auch um die Elektromobilität geht. Jugendliche konnten sich bei „Handwerk all-in“ zudem im Schweißen ausprobieren und sehen, wie über eine hochmoderne Röntgenanlage Schweißnähte überprüft werden. Und in der Backstube formten Besucher nicht nur Gebäckstücke aus Teig auf traditionelle Art und Weise – über einen 3-D-Lebensmitteldrucker entstanden kleine Buddhas aus Marzipan. Die hochmoderne Technik soll nicht das traditionelle Handwerk ersetzen, aber völlig neue Möglichkeiten eröffnen.

Das Handwerk war außerdem in den Fachbereichen Maler- und Lackiererhandwerk, Bauhandwerk, Elektrohandwerk sowie, Friseurhandwerk live zu erleben. Gelegenheit gab es außerdem den Glasbläsern, Büchsenmachern, Holzbildhauern, Orthopädietechnik-Mechaniker, Zahntechnikern und Augenoptikern über die Schulter zu schauen.

Neben den vielen Informationen rund um die Ausbildung im Südthüringen Handwerk präsentierte sich das BTZ Rohr-Kloster einmal mehr als gute Adresse für die Qualifizierung und will sich so weiter für das Südthüringer Handwerk profilieren. Erstmals in Aktion zu erleben waren am Samstag die Teilnehmer der Werksakademie, die künftig Gestalter im Handwerk hervor bringt und ebenso am BTZ Rohr-Kloster angesiedelt ist.

Die Gasbrand- und Explosionsanlage, die  deutschlandweit als einzigartig gilt, zog ebenso wieder das Interesse auf sich. Hier werden Gasbrände und -explosionen simuliert, um Fachleute zu schulen. Doch auch Feuerwehren nutzen gerne diese Möglichkeit, um sich mit der Materie vertraut zu machen und für den Ernstfall gerüstet zu sein. Offene Türen hatte auch das Praxiszentrum „expo – energetische Bausanierung“. Hier kann man sozusagen halben Häusern ins Innerste schauen. Querschnitte ermöglichen Einblicke, um Mängel zu erkennen. Rund 200 typische Baufehler wurden hier eingebaut und transparent gemacht, um beispielsweise aufzuzeigen, wo Energie verloren geht. Infos aus erster Hand gibt es aber auch zu neuen Heizungs- und Klimatechnologien.

Aus Sicht der Handwerkskammer Südthüringen war der Tag überaus erfolgreich. Mitglieder des Bundestages, des Landtages, Vertreter der Agentur für Arbeit Suhl und Schmalkalden-Meiningens Landrätin Peggy Greiser machten dem Karrieretag ihre Aufwartung. Und schon jetzt steht fest, dass es eine vierte Auflage geben wird. Der nächste Karrieretag „Handwerk all-in“ findet am 25. April 2020 statt.

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