Gegen das Vergessen

Bildquelle: Werbeagentur Frank Bode GmbH

 Ein schwarzes Kapitel deutscher Geschichte vor Augen geführt

11. Klasse des Elisabeth-Gymnasium weilte in Polen – Vom 30.09. bis 04.10. 2019 begaben wir, Schüler der elften Klasse des Elisabeth-Gymnasiums Eisenach, uns auf eine interessante und bewegende Studienfahrt nach Polen. Unsere Reise begann am Montag um 5.00 Uhr morgens an unserer Schule. Noch völlig übermüdet stiegen wir in den Bus ein, der uns zunächst nach Oswiecim – dem polnischen Namen für Auschwitz – bringen sollte.  Nach insgesamt zwölf Stunden Busfahrt, mit einem längeren Zwischenhalt in Breslau, kamen wir im Hotel „Galicja“ an. Um uns auf die kommenden Tage vorzubereiten, schauten wir am Abend alle gemeinsam den Film „Schindlers Liste“.

Am nächsten Morgen fuhren wir nach dem Frühstück in die Gedenkstätte des Stammlagers Auschwitz. Die anfänglich lockere Stimmung kippte, als wir die Mauern und die Stacheldrähte des Lagers sahen. Es wartete eine vierstündige aufwühlende Führung über das Gelände und durch die Ausstellung auf uns. Die Betreuerin zeigte uns die verschiedenen Blöcke und erklärte deren ehemalige Funktion, zum Beispiel Block 11, den Todesblock. Besonders berührte uns ihre Schilderung von Einzelschicksalen. Die meisten von uns mussten einen Moment innehalten, nachdem sie uns von einer Familie mit drei kleinen Kindern erzählte, die ohne jeglichen Grund an der Todeswand erschossen, wurde. Dieser Fall wurde zwar von den SS-Männern im Gegensatz zu anderen Verbrechen nicht schriftlich dokumentiert, aber ein Häftling schlich sich in eine Baracke, aus deren Fenster er die Gräueltat beobachtete und später davon berichtete. Viele erschreckende Informationen und schockierende Bilder gruben sich in unsere Köpfe. Am Nachmittag nahmen wir an einem für unsere Gruppe organisierten Workshop zum Thema „Die jüngsten Opfer von Auschwitz“ teil. Auch dabei erfuhren wir die Einzelschicksale einiger Kinder und waren fassungslos über die Grausamkeit der Nationalsozialisten. Die Stimmung unter uns Schülern auf der Rückfahrt ins Hotel war sehr gedrückt, doch nach erstem Schweigen tauschten wir dann unsere Empfindungen und Gedanken aus.

Am dritten Tag unserer Reise besuchten wir das Außenlager Auschwitz-Birkenau. Schockiert von der Größe des Lagers begannen wir unsere zweite Führung im Hauptwachturm. Die Betreuerin des vorigen Tages führte uns zunächst in eine Holzbaracke und beschrieb uns den Bau und die Verhältnisse darin. Nachdem sie erzählte, dass diese Baracken nach dem Modell eines Pferdestalls gebaut worden waren, fragte sie uns, was wir glaubten, für wie viele Menschen eine Pritsche vorgesehen war. Wir gingen von drei Menschen aus, doch sie erklärte uns, dass zehn Menschen auf einer Pritsche schlafen mussten und wir konnten es uns nicht vorstellen, wie ein Leben auf so engem Raum möglich war. Dann besichtigten wir die Kinderbaracke, deren Zustand und Funktion uns sehr mitnahm. Ungläubig hörten wir zu, wie uns von den unmenschlichen Experimenten Josef Mengeles berichtet wurde. Während des Aufenthaltes in diesem Lager fiel uns auf, dass auf dem gesamten Gelände weder einen Vogel noch andere Tiere zu sehen und hören waren, was die bedrückende Atmosphäre für viele von uns unterstrich. Nachdem wir die Rampe, Baracken, Überreste der Krematorien und viele andere verstörende Orte gesehen hatten, hielten wir vor einem Gedenkstein inne, legten Rosen nieder und zitierten verschiedene Gedenksprüche. Als wir den Rückweg antraten, ließen wir noch einmal das Gelände auf uns wirken und dachten an das, was noch vor 74 Jahren Realität war.

Wieder legten wir eine Pause ein und besuchten danach einen Workshop über die Täter in Auschwitz. Die Leiterin des Workshops erzählte uns von den Verbrechen und vor allem von den Rechtfertigungen der Täter. Überrascht lasen wir von Kindern der Täter, die ihre Väter als fürsorglich und liebenswürdig darstellten und konnten uns nicht vorstellen, wie Massenmörder abends zu Hause fröhlich mit ihren Kindern spielen konnten.

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Danach stiegen wir wieder in unseren Bus und traten die Reise zur neuen Unterkunft in Krakau an. Am Abend konnten wir die polnische Stadt in kleinen Gruppen erkunden und nach einem Abendessen in einer der Kellerbars kehrten wir erschöpft und durchnässt vom langen Laufen im Regen zurück ins Hotel.

Der letzte Tag unserer Studienfahrt stand unter dem Motto: „Auf den Spuren jüdischen Lebens vor und während des Holocaust“. Wir begannen mit der Besichtigung des jüdischen Viertels Kazimierz. Zuerst besuchten wir eine Synagoge und einen jüdischen Friedhof, deren Traditionen sehr interessant und beeindruckend waren. Wir besichtigten viele Teile des jüdischen Viertels und sahen unter anderem auch Drehorte des Films „Schindlers Liste“, die Erinnerungen weckten. Nach einer kurzen selbstständigen Erkundung und einer Mittagspause trafen wir uns auf dem „Platz der Ghettohelden“ im Stadtteil Podgórze und liefen gemeinsam zum Schindler-Museum, der ehemaligen Emaille-Fabrik. Dank einer sehr sympathischen und kompetenten Fremdenführerin erfuhren viel über die Geschehnisse der Besetzung Polens und der Auswirkungen auf die polnische und jüdische Bevölkerung. Am Ende der Führung verabschiedete sie sich mit freundlichen Worten von uns und dem Wunsch, dass nie mehr solche Grausamkeit herrschen sollte.

Mit einem gemeinsamen typisch polnischen Abendessen in einer Gaststätte klang der Tag aus.

Die Reise an Orte der schlimmsten Verbrechen des vergangenen Jahrhunderts vertiefte nicht nur unsere Geschichtskenntnisse, sondern verdeutlichte uns, wie wichtig auch heute das Auftreten gegen Intoleranz und Ausgrenzung ist!

Zum Schluss möchten wir unseren Lehrer*innen und dem Team von „Gabriel-Reisen“ für die Organisation und tolle Begleitung danken.

 Ann-Kathrin Hanke und Paula Schenk, A21D1

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