Hilfe zur Selbsthilfe für Schüler

Neuntklässler der Waldorfschule lassen sich in Weimar zu Mediatoren ausbilden – erster Einsatz gemeistert

Schülerinnen und Schüler der 9. Klasse der Freien Waldorfschule Eisenach/Wartburgkreis begannen im Rahmen ihres Projekts „Helfen statt wegschauen – Konflikte selbst lösen“ eine Schülermediatorenausbildung an der Europäischen Jugendbildungs- und Jugendbegegnungsstätte Weimar (EJBW). Gefördert wird das Projekt der „Schule ohne Rassismus, Schule mit Courage“ durch die lokale „Partnerschaft für Demokratie“ Eisenach und Wutha-Farnroda im Rahmen des Bundesprogrammes „Demokratie leben!“.

Konflikte erleben wir im täglichen Leben, teilen die Lehrerinnen Heike Feßke und Franziska Blümel mit. „Können sich Konfliktparteien nicht alleine gütlich einigen, brauchen sie Hilfe von außen.“ Bei Streitfällen unter Schülerinnen und Schülern könnten Jugendliche oft schneller und effektiver vermitteln, weil sie sich leichter in deren Situation hineinversetzen und die Positionen der Konfliktbeteiligten besser verstehen als Erwachsene.

So können sie ihren Mitschülern schnell, fair, einfach und mit großem Einfühlungsvermögen bei der Suche nach einem eigenen Lösungsweg helfen, so die Lehrerinnen.

Um das Know-how zu lernen, begannen die Neuntklässler die Ausbildung in Weimar, angeleitet durch zwei professionelle Mediatorinnen. Sie erfuhren, dass eine Mediation („Vermittlung“) ein Prozess ist, in dem mindestens zwei Personen durch unparteiische Dritte beim Lösungsverfahren unterstützt werden. Konflikte, die in Streit ausgeartet sind, werden nach klaren Regeln im Gespräch so lange geklärt, bis die Streitenden bereit sind, sich zu verständigen. Dabei gibt es keine Verlierer. Denn Ziel einer/s Mediatorin/s ist es nicht, die Rolle eines Richters einzunehmen und über falsches und richtiges Verhalten zu urteilen, sondern durch verständiges Zuhören und Nachfragen beide Konfliktparteien zu einer eigenen Lösung zu bewegen. Man kann eine Mediation somit als Hilfe zur Selbsthilfe angesichts einer scheinbar festgefahrenen Situation verstehen. Die Unparteilichkeit der Mediatorinnen/en stellt dabei eine Voraussetzung für das Gelingen dar.

Solche Regeln lernten die Schülerinnen und Schüler. Zur Anwendung kam ihr Wissen in Rollenspielen, wobei sie sowohl die Rolle der Mediatoren als auch der Streitenden einnahmen. Sie machten dabei die Erfahrung, dass für eine erfolgreiche Vermittlung das Wissen um eine Gesprächsstruktur nicht ausreicht. Viel wichtiger sei die Entwicklung von sozialen Kompetenzen wie Toleranz, Empathie, Selbstwahrnehmung, Kritikfähigkeit, Verlässlichkeit und Teamfähigkeit. Man müsse sich in sein Gegenüber hinein versetzen, um dessen Gefühle und Beweggründe nachvollziehen zu können.

Es geht also bei der Ausbildung um mehr als das Erlernen bloßer Techniken  – die Veränderung der inneren Haltung, ein Entwickeln demokratischer Kompetenzen ist das Ziel, so Heike Feßke und Franziska Blümel.

Daher stellten die drei Tage an der EJBW nur einen ersten Schritt der Ausbildung zu Schülermediatorinnen/en dar. Zurück in der Eisenacher Waldorfschule werde regelmäßig weiter geübt und die 9. Klasse müsse sich in der Auseinandersetzung mit realen Fällen behaupten. Bereits in der ersten Woche sei erfolgreich bei einem Konflikt einer anderen Klasse vermittelt worden. Im Dezember kommen die Dozentinnen aus Weimar für zwei Tage nach Eisenach, um die Anwendung des Gelernten in der Schule zu reflektieren.

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