Schmerzmitteltherapie oft unnötig riskant

BARMER Arzneimittelreport 2023

Rund eine halbe Million Menschen in Thüringen wird medikamentös mit Schmerzmitteln behandelt. Laut Analysen im Arzneimittelreport der BARMER kommt es dabei noch zu häufig zu ungeeigneten Verordnungen und vermeidbaren Risiken.

Beispielsweise wurden im Jahr 2021 rund 27.000 Menschen in Thüringen trotz Herzschwäche nicht-steroidale Antirheumatika (NSAR) wie Ibuprofen oder Diclofenac verschrieben. Jeder Zehnte mit Opioid-Therapie bekam zugleich Beruhigungsmittel. Medizinische Leitlinien raten von solchen Konstellationen jedoch ab.

Schmerztherapie ist ein häufig erforderliches Therapieprinzip und betrifft einen großen Teil der Versicherten, sagt Birgit Dziuk, Landesgeschäftsführerin der BARMER Thüringen.

Es gebe keine nebenwirkungsfreien Schmerzmittel, auch nicht die frei verkäuflichen, und in vielen Konstellationen könne es zu Gefahren bis hin zu Krankenhausaufenthalten und gesteigertem Sterberisiko kommen. Mehr Sicherheit in der Arzneimitteltherapie könne nur durch das konsequente Nutzen digitaler Daten und elektronischer Helfer erreicht werden. An der elektronischen Patientenakte führe dabei künftig kein Weg vorbei.

Nirgends so viele chronisch Schmerzleidende wie in Thüringen

Besonders in Thüringen sei es wichtig, Schmerzpatientinnen und -Patienten bestmöglich zu versorgen. Die Auswertungen der BARMER zeigen, dass nirgends sonst chronische Schmerzen so weit verbreitet sind wie im Freistaat. Die Rate von 870 Betroffenen je 10.000 Personen übersteigt den deutschen Durschnitt um satte 52 Prozent.

In Verbindung mit der Tatsache, dass es immer noch zahlreich zu ungeeigneten Schmerzmittelverordnungen kommt, ist das umso mehr ein Alarmsignal, so Dziuk.

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Hinzu komme, dass chronischer Schmerz oftmals mit Begleiterkrankungen einher gehe. Mehr als zwei Drittel der chronisch Schmerzleidenden habe zugleich mit einer Depression zu kämpfen.

Risiken der Selbstmedikation

Viele Risiken und Gefahren einer Schmerztherapie sind vom Prinzip her längst bekannt und wären organisatorisch vermeidbar. Die Verantwortung hierfür einfach bei den behandelnden Ärztinnen und Ärzten zu sehen, ist aber zu kurz gegriffen, betont Birgit Dziuk.

Denn Schmerzmittel wie Ibuprofen, Diclofenac und Co. sind auch rezeptfrei erhältlich. Behandelnden Ärztinnen und Ärzten fehlt die Kenntnis über diese Medikamenteneinnahme, wenn Patienten nicht berichten, dass sie rezeptfreie Präparate einnehmen. Die elektronische Patientenakte unterstütze dabei, diese Informationslücken zu schließen.

Digitalisierung kann Leben retten

Um sichere und effiziente Therapieentscheidungen zu treffen, müssen die behandelnden Ärzte zudem möglichst vollständig Kenntnis haben über die medizinische Vorgeschichte ihrer Patienten, so die BARMER-Landeschefin weiter.

Auch das könne die elektronische Patientenakte sicherstellen. In der eCare, so der Name der elektronischen Patientenakte der BARMER, gebe es deshalb bereits die Möglichkeit, eine Behandlungshistorie zu generieren. Die Versicherten entscheiden, ob sie die Akte nutzen und ob sie diese Historie ihren Ärztinnen und Ärzten weitergeben.

Verschiedene Projekte, unter anderem der BARMER, haben zudem bewiesen, dass ein vollständiger und aktueller Medikationsplan digital generiert werden kann, ohne dass dabei Zusatzaufwand für Ärzte und Apotheken entsteht, macht Birgit Dziuk deutlich.

Nun gelte es, endlich diese Möglichkeiten und Chancen Versorgungsrealität werden zu lassen. Digitalisierung in der Arzneimitteltherapie könne Leben retten.

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