Thüringer Landeskirche knapp für Föderation

Die Entscheidung ist gefallen: Die Synode der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Thüringen hat am 27. März mit der erforderlichen Zwei-Drittel-Mehrheit der Föderation mit der Evangelischen Kirche der Kirchenprovinz Sachsen zugestimmt. 45 der 64 anwesenden Kirchenparlamentarier stimmten für das Vertragswerk, 15 votierten dagegen, vier enthielten sich. Unmittelbar nach der Abstimmung sagte Landesbischof Christoph Kähler: «Wir haben uns entschieden – nach kontroverser Debatte, nach längerer Arbeit, nach ausführlichem Für und Wider. Dafür bin ich dankbar. Die Synode hat Mut bewiesen, sich den bitteren Tatsachen gestellt und einen Prozeß in Gang gesetzt, der Chancen zu Verbesserungen eröffnet.»

Synodalpräsident Steffen Herbst betonte die gute Ausgangsbasis für die Zusammenarbeit beider Kirchen: «Wir haben ähnliche Probleme, aber auch ähnliche Potentiale für die Lösungen. Der Beschluß begründet eine Partnerschaft, mit der wir der negativen Mitgliederentwicklung gemeinsam entgegenwirken können. Die Föderation muß den Gemeinden gut tun oder sie ist vertan.»

Oberkirchenrat Dr. Hans-Peter Hübner zeigte sich «nicht unglücklich (rpt. unglücklich) über das knappe Ergebnis». Es erhalte den Rückenwind für die Verhandlungen mit der Nachbarkirche zur weiteren Ausarbeitung der Föderation. Hübner erläuterte die nächsten Schritte bei der Realisierung der «Föderation Evangelischer Kirchen in Mitteldeutschland» (EKM), die zum 1. Juli 2004 in Kraft tritt. Entsprechend des Föderationsvertrages soll bis zum Ende dieses Jahres die neue Leitungsstruktur etabliert sein. Dazu gehören die 25-köpfige Kirchenleitung, das gemeinsame Kirchenamt an den beiden Standorten Magdeburg und Eisenach und die Föderationssynode mit insgesamt 80 Kirchenparlamentariern. Bis zum Jahr 2008 soll auch eine gemeinsame Verfassung ausgearbeitet sein, die dann die Verfassungen der beiden Teilkirchen ablösen wird.

Die Synode der Kirchenprovinz Sachsen hat ebenfalls am 27. März mit 70 von 74 abgegebenen Stimmen für die Föderation votiert.

Befaßt hat sich die Thüringer Synode auch mit der Integration von Ausländern und Aussiedlern. In einem mit großer Mehrheit gefaßten Beschluß fordert sie die Kirchgemeinden auf, die im Bereich der Thüringer Landeskirche lebenden evangelischen 15000 Spätaussiedler aktiv zu integrieren. Darüber hinaus hat sie die Dringlichkeit eines Zuwanderungsgesetzes unterstrichen. Insbesondere soll die Lebenssituation und der humanitäre Schutz von Flüchtlingen verbessert werden. Die Synode hat sich für die Anerkennung auch von nichtstaatlicher und geschlechtsspezifischer Verfolgung ausgesprochen. Danach sollte beispielsweise auch eine drohende Beschneidung von Mädchen als Asylgrund anerkannt werden. Unter dem Eindruck der umstrittenen Abschiebung einer vietnamesischen Familie aus Bleicherode verlangt die Synode auch eine Härtefallregelung. Vor dem Hintergrund von Vorurteilen infolge fundamentalistisch motivierter Gewalt setzt sich die Synode für einen intensiveren interreligiösen Dialog mit den in Thüringen lebenden rund 4000 Muslimen ein. Damit sollen Feindbilder abgebaut werden.

Die viertägige Synodaltagung ist am Sonntag (28.3.) mit einem Gottesdienst zu Ende gegangen.

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