500 Jahre Bibelübersetzung: Freiluft-Ausstellung „Eisenacher Pilgerbibel – die längste Bibel der Welt“ eröffnet

Am Mittwoch, 4. Mai, eröffnete Oberbürgermeisterin Katja Wolf gemeinsam mit zahlreichen Ehrengäste die Eisenacher Pilgerbibel. Unter dem Motto „Die längste Bibel der Welt“ werden alle 3.333 Bilder des Stuttgarter Künstlers Willy Wiedmann unter freiem Himmel gezeigt – und zwar vom Reuterweg beginnend bis hinauf zum Elisabethplan unterhalb der Wartburg. Die Veranstaltung gilt als Auftakt des Jubiläumsjahres „500 Jahre Bibelübersetzung“, denn am 4. Mai 1521 kam der Reformator Martin Luther inkognito auf der Wartburg an. Wenige Monate später sollte er in nur elf Wochen das gesamte Neue Testament der Bibel ins Deutsche übersetzen. Es wurde im Sommer 1522 als sogenanntes „September-Testament“ veröffentlicht.

Willy Wiedmann hat die Geschichten der Bibel in Bilder übersetzt. Und wir übersetzen sein Werk wieder, indem wir es den Menschen buchstäblich vor die Nase setzen. Es kann für mich nichts Schöneres geben als diese großartige Symbiose von Natur und Kultur am authentischen, geschichtsträchtigen Ort. Die Ausstellung lenkt die Aufmerksamkeit aber auch ganz trivial aufs Smartphone, wenn mittels QR-Code Informationen abgerufen oder Texte vorgelesen werden können. So kommt die Botschaft über die Wirkmacht der Worte, über die Rolle von Dialog und Diplomatie bis heute und die Bedeutung des eigene Denkens – wie Luther sagen würde – direkt unters Volk, würdigte Oberbürgermeisterin Katja Wolf.

Wolfgang Thierse zeigt sich bewegt

Ich bin tief beeindruckt. Das, was wir gesehen haben, ist eine große künstlerische Leistung, betonte Wolfgang Thierse, Präsident des Deutschen Bundestages a.D., in seiner Rede während des Empfangs am Elisabethplan.

Solch ein Werk könne nur jemand vollbringen, der aus der Bibel selbst Kraft schöpfe. 16 Jahre hatte Willy Wiedmann benötigt, um alle 3.333 Bilder mit Szenen des Alten und Neuen Testaments zu malen. Dabei entwickelte er einen eigenen Malstil.

Ich wünsche mir, dass sich auch junge Menschen darauf einlassen, schloss Wolfgang Thierse.

Diese Bibel ist ein höchst anschauliches Beispiel für einen ganz besonderen Kultur- und damit Wissenstransfer – vom Text zum Bild und vom Bild wieder zum Text, sagte Elke Harjes-Ecker, Abteilungsleiterin Kultur und Kunst der Thüringer Staatskanzlei.

Friedrich Kramer, Landesbischof der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland, ging ebenfalls auf die Tragweite des Lutherischen Übersetzungswerkes ein.

Vor 500 Jahren saß Luther auf der Wartburg und hat die Bibel übersetzt. Lebendig wird das in diesem Jahr in Eisenach mit 3.333 Bildern des Stuttgarter Künstlers Willy Wiedmann. Eine große Freude für alle Liebhaber von Wort und Bild! Ich danke allen, die sich für das Gelingen dieser besonderen Ausstellung eingesetzt haben, und wünsche ihr viele neugierige Betrachterinnen und Betrachter.

Mit der Eisenacher Pilgerbibel wird die Größe des Übersetzungswerks Luthers begreifbar. Bilder sind freundlicher als Texte. Einen Text muss man sich lesend erarbeiten. Bilder kommen einem entgegen. Ich erhoffe mir von der Ausstellung einen Dialog der Menschen mit den Einsichten der Bibel. Die Bibel ist keine Herrin, die Gehorsam verlangt, sie ist eine kluge alte Dame, der es zuzuhören lohnt, ergänzte Ralf-Peter Fuchs, Superintendent des Evangelisch-Lutherischen Kirchenkreises Eisenach-Gerstungen.

Begleitausstellung im Stadtschloss

Die Ausstellung „Eisenacher Pilgerbibel – Die längste Bibel der Welt“ wird bis Ende Oktober 2022 aufgebaut sein und Besucher*innen zum Innehalten und Nachdenken anregen. Am Donnerstag, 5. Mai, um 18 Uhr folgt die Eröffnung der Begleitausstellung zur Wiedmann Bibel im Eisenacher Stadtschloss (Thüringer Museum). Martin Wiedmann, Sohn des Künstlers Willy Wiedmann, wird einen Vortrag über das Lebenswerk seines Vaters halten. Die Ausstellung wird ebenfalls bis zum 31. Oktober 2022 zu sehen sein und ist von Mittwoch bis Sonntag sowie an Feiertagen von 10 bis 17 Uhr geöffnet.

Weitere Informationen sind online auf der Homepage der Stadt Eisenach unter dem Reiter „Kultur“ zu finden. Großer Dank gilt den Fördernden, die die Umsetzung finanziell unterstützten. Diese sind: die Bundesbeauftragte für Kultur und Medien, die Thüringer Staatskanzlei, die Wartburg-Sparkasse, die Evangelische Kirche in Deutschland sowie die Evangelische Kirche in Mitteldeutschland.

Hinweis: Am 8. Mai 2022 um 22.10 Uhr sendet mdr-Thüringen eine mdr-Kulturnacht zum Wartburg-Experiment. Die Theologin und Rundfunkjournalistin Kirsten Dietrich hat die drei Wartburg-Schreiber Iris Wolff, Uwe Kolbe und Senthuran Varatharajah im vergangenen Jahr intensiv begleitet: Der 12-teilige Podcast zum Wartburg-Experiment (ca. 44 min) ist ein großartiges Hör-Erlebnis dieser äußerst lebendigen und dichten Gespräche.

Am 10. Juni 2022 findet um 19.30 Uhr die erste gemeinsame Lesung unserer drei Wartburg-Schreiber Iris Wolff, Uwe Kolbe und Senthuran Varatharajah statt. Das Buch wird unter dem Titel „Der Augenblick nennt seinen Namen nicht: Wartburg-Tagebücher“ ab Ende August 2022 im Buchhandel zu erwerben sein, doch einen Vorgeschmack kann und wird diese Lesung am authentischen Ort – im Palas der Wartburg – auf jeden Fall geben.

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