70. Wartburgfest des Wingolfs

Der Verband Alter Wingolfiten (VAW) und der http://www.wingolf.org(Wingolfsbund) nehmen das zeitliche Zusammentreffen ihres 70. Wartburgfestes und des 60. Jahrestages des Kriegsendes zum Anlass, klar Position gegen Gewalt und Extremismus zu beziehen. „Das ist uns gerade an diesem sensiblen Tag und angesichts der erneuten Zunahme des Rechtsextremismus in Deutschland ein besonderes Bedürfnis“, so der VAW-Vorsitzende Hans-Jürgen Onasch.

Alle zwei Jahre ist der Wingolf seit 1991 wieder in der Wartburgstadt zu Gast und feiert hier sein Bundesfest, das zahlreiche Alte Herren und junge Studierende von über 30 Wingolfsverbindungen aus der Bundesrepublik und Europa zusammenführt. Das Fest wird in diesem Jahr zum 70. Mal gefeiert und steht unter der Leitung des Hamburger Wingolfs, der auch nach der Wende das erste Zusammentreffen in Eisenach organisiert hatte.
Dass rechtsradikale Gruppen den 60. Jahrestag des Zusammenbruchs des nationalsozialistischen Dritten Reiches nutzen wollen, um ihre extremistischen Thesen zu verbreiten, erfüllt den Wingolf mit der Sorge, die Gleichheit der Kalenderdaten könne zu Verwechslungen mit rechtsextremistischen Kundgebungen führen. Diesem möglichen Eindruck tritt man entschieden entgegen: „Der Wingolf als christliche Verbindung kann per se nicht ausländerfeindlich sein und fördert eher den Dialog der Kulturen als ihn zu beschränken“, betont Hans-Jürgen Onasch. Der Pressesprecher des VAW, Wilhelm G. Neusel, ergänzt: „Ein Bundesbruder, der ausländerfeindliche oder neofaschistische Positionen vertritt, ist für uns nicht tragbar.“ Es sei daher konsequent, wenn der Wingolf heute klar Position beziehe gegen jede Form von Radikalismus – ob von rechts oder von links: Geschichte dürfe sich nicht wiederholen.
Der Eisenacher Oberbürgermeister Gerhard Schneider ist dem Wingolf dankbar für die Absage an jedweden Extremismus und sieht dies als einen weiteren Meilenstein für das gute Miteinander, von dem das Verhältnis zwischen Stadt und Wingolf bereits bisher geprägt war – nicht zuletzt auch durch das große Engagement der Studentenverbindung bei der Wiederherstellung des Treppenaufgangs mit dem Wingolfsdenkmal am Pfarrberg vor zwei Jahren.

Sorge um die Entwicklung an den Unis
Dass der Rechtsradikalismus wieder Zulauf finde, habe auch mit der geringen Anerkennung unserer Gesellschaft für die Politik insgesamt zu tun, die viele wesentliche Probleme des Landes nicht löse. Statt mit einer gemeinsamen Kraftanstrengung aller relevanten Gruppen die notwendigen Reformen in breitem Konsens zu beschließen und umzusetzen, gebe es weithin nur öffentliches Gezänk mit ängstlichem Blick auf die nächste Wahl.
Sorge treibt den Wingolf aber auch mit dem Blick auf die Universitäten um. „Was dort geschieht, ist keine logische Entwicklung, sondern eine politisch gewollte grundlegende Veränderung der Universitäten und Hochschulen unseres Landes“, beschreibt Neusel die Situation. So versuchen die Landesregierungen zunehmend Einfluss auf die Leitungsstrukturen der Universitäten zu nehmen und wollen dies als Zuwachs an Autonomie verkaufen, wie das Beispiel Baden-Württemberg zeigt: Zwar erhielten die Fakultäten etwas mehr Mitspracherecht bei Berufungen, die Universitätsleitung soll aber nicht mehr in universitärer Selbstverwaltung gewählt werden, sondern von einem mehrheitlich extern (regierungsamtlich) besetzten Aufsichtsrat. Der Rektor mutiere zum Vorstandsvorsitzenden und die Universität werde wie eine Kapitalgesellschaft geführt. Der Rektor sei nicht mehr den universitären Gremien sondern dem Aufsichtsrat verantwortlich.
Auch die Einführung von Studiengebühren betrachtet der Wingolf skeptisch. Nicht die Tatsache der Einführung selbst, sondern die Zweifel an der Verlässlichkeit der Zusagen, dass diese Gebühren ausschließlich den Universitäten als zusätzliche Mittel zugeführt werden sollen. Bemerkenswert sei doch, dass die Länder, welche das Recht auf Gebührenerhebung in Karlsruhe erstritten hatten, bisher weder über die Höhe der Gebühren noch über die Methode der Erhebung und die ausschließliche Verwendung eine verbindliche Aussage gemacht haben. Der Verdacht liege nahe, dass mit den Gebühren Haushaltslöcher gedeckt werden sollen: In Baden-Württemberg erhebt das Finanzministerium Anspruch auf nahezu die Hälfte der Gebühren für eigene Zwecke. „Jeder Euro aus den Gebühren, der nicht zusätzlich an die Universitäten geht, erscheint den Studierenden und den Hochschulen zweckwidrig verwendet“, kommentiert Onasch die Situation.
Auf der Wartburg fand am Himmelfahrtstag der traditionelle Festakt zum Wartburgfest statt. Zu den Gästen sprach Hans-Jürgen Onasch. Der Eisenacher Fotografenmeister Joachim Thurau gestaltete das offizielle Foto des Wartburgtreffens.

Öffentliches Klezmer-Konzert in der Georgenkirche
Am Samstag, 7. Mai findet im Rahmen des Wingolf-Treffens um 16 Uhr in der Georgenkirche ein Klezmer-Konzert statt. Dazu ist die Bevölkerung herzlich eingeladen.

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