9. November: Eisenach gedenkt der Pogromnacht vor 81 Jahren

Bildquelle: Werbeagentur Frank Bode | www.werbe-bo.de

Der 9. November vor 81 Jahren – in dieser Nacht, der Pogromnacht, brannte auch Eisenachs Synagoge in der heutigen Karl-Marx-Straße lichterloh. Der Opfer gedenken die Stadt Eisenach, die Katholische Pfarrei St. Elisabeth, die Evangelisch-Lutherische Kirchengemeinde Eisenach und das Bündnis gegen Rechtsextremismus Eisenach sowie weitere Partner gemeinsam am Samstag, 9. November 2019. Die von den Nationalsozialisten zynisch Reichskristallnacht genannte Nacht war der Auftakt zur systematischen Verfolgung und Ermordung der Juden. Unfassbar, unbegreiflich, unmenschlich.

Die gemeinsame Gedenkveranstaltung 2019 beginnt um 17 Uhr an der Synagogengedenkstätte in der Karl-Marx-Straße. Neben Musikstücken, einem Kulturbeitrag und Gedenkworten sowie geistlichen Worten werden vor Ort Blumen niedergelegt. Die kulturellen Beiträge werden von Schülern der Eisenacher Goetheschule präsentiert. Die Eisenacher Synagoge wurde in der Pogromnacht am 9. November 1938 völlig zerstört. Nachdem Mitglieder der Hitlerjugend und der SA (Sturmabteilung) die Einrichtung zerschlagen hatten, zündeten die Nationalsozialisten gegen 22.30 Uhr das Gotteshaus an.

Gegen 17:45 Uhr beginnt der Gedenkmarsch entlang der Strecke, die hunderte jüdische Einwohner Eisenachs im Mai 1942 auf dem Weg zu ihrer Deportation gehen mussten. Der Weg führt von der Synagogen-Gedenkstätte in die Goethestraße, dann in die Schillerstraße und die Gabelsbergerstraße bis zum Bahnhof. Der Gedenkmarsch endet gegen 18:15 Uhr mit einem stillen Gedenken im Eisenacher Hauptbahnhof.

Die Veranstaltung ist öffentlich, Eisenacher und Eisenacherinnen sowie Gäste der Stadt sind eingeladen, daran teilzunehmen. Bitte eine weiße Rose zum Niederlegen an der Synagogengedenkstätte und eine Kerze zum Aufstellen im Bahnhof mitbringen.

Zwei Hörkunstabende und ein Konzert ergänzen das Gedenken
Im Rahmen der Ausstellung „Verfolgte Musiker in Thüringen im Nationalsozialismus“ und als Gedenkveranstaltung zur Pogromnacht lädt die Stadt Eisenach zu zwei Hörkunstabenden und einem Konzert zur Finissage der Ausstellung ein.

Der Kritiker Paul Bekker und das Kritische schlechthin.
6. November, 17 Uhr, Thüringer Museum-Galerie vor dem Rokokosaal
Einführung und Moderation: Dr. Achim Heidenreich, Leiter Kulturamt
Eintritt frei; eine Spende für das Museum ist erwünscht.

Anzeige

Gezeigt wird ein Dokuhörfilm (58 Minuten) über den wichtigsten Musikschriftsteller der Weimarer Zeit, Paul Bekker.

Paul Bekker, 1882 in Berlin geboren, formulierte den Begriff Neue Musik als ästhetische Reaktion auf die Erschütterungen des Ersten Weltkriegs. Der bedeutendste Musikkritiker und Musiksoziologe der Weimarer Zeit verfasste 1932 erschreckend visionäre, offene Briefe an zeitgenössische Musiker und Komponisten wie Richard Strauß, Arnold Schönberg, Kurt Weill, Hans Pfitzner oder Arthur Schnabel. Paul Bekker, jüdischen Glaubens, ging nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten nach Paris und starb wenig später 1936 im New Yorker Exil.
Von ihm selbst gibt es keine Tondokumente. Achim Heidenreich gibt ihm eine Stimme. „Der Kritiker Paul Bekker und das Kritische schlechthin“ ist eine freie klanglich-szenische Annäherung für einen Sprecher (Horst Sachtleben) mit Musik u.a. von Helmut Oehring, Mark André, Richard Strauß, Paul Hindemith, Helmut Lachenmann, Franz Schubert, Arnold Schönberg, Kurt Weill und Rundfunkoriginalaufnahmen aus der Zeit kurz vor der Machtübernahme 1933.

Enigma Emmy Göring.
8. November, 17 Uhr, Thüringer Museum-Galerie vor dem Rokokosaal
Einführung und Moderation: Dr. Achim Heidenreich, Leiter Kulturamt
Eintritt frei; eine Spende für das Museum ist erwünscht.

Vorgeführt wird ein Hörspiel von Werner Fritsch, Hörspiel des Jahres 2006.

Das von der Deutschen Akademie der Darstellenden Künste als bitterböses, satirisches Hörspiel des Jahres 2006 prämierte Stück von Werner Fritsch ist der Monolog einer Frau, die entweder die übriggebliebene Gattin ihres Hermann (Göring) ist oder eine Frau, die glaubt, diese zu sein: auf jeden Fall der Monolog einer Schauspielerin. Alles, was sie erzählt, ist so grässlich harmlos, dass sich die lachenden Zuhörer entsetzen. Emmy, die ihre Schauspielerkarriere der Repräsentation im Zentrum der Macht geopfert hat, spricht nicht nur mit Hermann, Adolf und Gustaf, sondern auch als Hermann, Adolf und Gustaf. Das Hörspiel führt auf unmittelbare Weise vor, in welcher perfiden Allmachtsphantasiewelt sich die Sprachbilder der Nationalsozialisten bewegten.

Finissage der Ausstellung „Verfolgte Musiker im Nationalsozialistischen Thüringen“.
10. November, 17 Uhr, Thüringer Museum-Rokokosaal
Eintritt 8 Euro, ermäßigt 5 Euro

Klavierrecital mit dem DUOFOURTE: Eva-Maria Weinreich und Tomohito Nakaishi (Klavier)
„Ihr habt es gelitten und duldet es noch“
Gespielt werden Werke von Gerhard Stäbler, Paul Hindemith, Felix Mendelssohn-Bartholdy, Max Reger, Erwin Schulhoff und Günther Raphael.

Anzeige