„Der Anfang ist immer heute“

Bildquelle: Ch. Heilwagen – Die Abiturienten des Elisabeth-Gymnasiums mit ihren Lehrern auf der Wartburg
Feierliche Übergabe der Reifezeugnisse des Elisabeth-Gymnasiums im Palas der Wartburg/ Auch 5 Schüler der Freien Waldorfschule erhielten ihre Abiturzeugnisse
„The beginning is always today.” (Der Anfang ist immer heute.) Unter diesen einfachen Satz von Mary Shelley, doch voller Tiefe, stellte Matthias Bückert, der Schulleiter des Elisabeth-Gymnasiums Eisenach, die diesjährige feierliche Übergabe der Abiturzeugnisse im Palas der Wartburg.
Im Gegensatz zum Vorjahr, die Sonne lachte. Fotos im Freien vor traumhafter Kulisse waren möglich. Konservative Kleidung war angesagt. Die Mädels trugen zumeist festliche lange Kleider, die Jungen überwiegend schicke Anzüge. Der eine oder andere war leger gekleidet, einer trug bei der Preisübergabe eine Sonnenbrille auf der Stirn. Eltern, Familienangehörige und Freunde waren mitgekommen. Für 39 Schüler und Schülerinnen des Elisabeth-Gymnasiums gab es Abiturzeugnisse, für 5 Schülerinnen und Schüler das Dokument für den theoretischen Teil der Fachhochschulreife. Wie schon in den zurückliegenden Jahren, die Freie Waldorfschule Eisenach überreichte auch ihre Abiturzeugnisse. In diesem Jahr an sechs Schülerinnen. Diese trafen sich hernach zu einem von den Eltern und Großeltern unterstützten lustigen Picknick.

Der Chor des Elisabeth-Gymnasiums unter Leitung von Susann Unger begleitete auf hohem musikalischem Niveau, erfreute u.a. mit “The Shephers`Song” und “Music in the Air”. Am Klavier Anne Sophie Matthiesen, Elias Fischer und Nelly Hoffmann, an der Querflöte Johanna Bienert. Mit viel Beifall bedacht, Anna Elayn Merten und Klara Peise für ihre Rezitationen.
“Die Menschheit wird mit jedem Schlechtreden ein wenig ärmer.”
“Nichts in Ihrem bisherigen Leben war so selbstbestimmt wie die Schritte, die Sie nun nach dem erfolgreichen Bestehen des Abiturs gehen. Ob Sie andere dabei mitbestijmmen lassen oder nicht, ob Sie Ratschläge einholen oder nicht, das entscheiden Sie. Sie entscheiden aber auch, mit welchem Mindset Sie Ihre persönliche Zukunft gestalten. Sie entscheiden, ob es zu Ihnen, zu Ihrer Persönlichkeit, zu Ihrer Vorstellung vom Leben passt, sich die Mitmenschen, die Gesellschaft, die Welt schlechtreden zu lassen. Elon Musk und Mark Zuckerberg, zwei der reichsten Menschen der Welt, die uns auch tolle Innovationen gebracht haben, werden mit jedem Schlechtreden ein bisschen reicher, weil die Erregungsökonomie nun einmal so funktioniert. Die Menschheit wird mit jedem Schlechtreden ein wenig ärmer, weil es zu wachsender Distanz, ja sogar Entfremdfung von Deinesgleichen und Meinesgleichen führt”, gab Eisenachs Bürgermeister Steffen Liebendörfer den Abtiturienten mit auf den Weg.
Mutig und neugierig sein, an sich selbst glauben
Es gehe nicht darum, was war, sondern um das, was jetzt vor den Abiturienten liege, und das beginner genau jetzt, nicht erst morgen, nicht erst nach dem Studium oder der Ausbildung, betonte Matthias Bückert und wandte sich an die Abiturienten. “Wir leben in einer Welt, die sich rasant verändert. Künstliche Intelligenz, Klimawandel, gesellschaftlicher Wandel, um nur wenige Beispiele zu nennen – all das bringt Herausforderungen mit sich. Aber auch Chancen. Und genau hier liegt der Kern meiner Botschaft an Sie: Wer jeden Tag als Anfang begreift, der bleibt offen. Offen für Neues, offen für Wandel, offen für das eigene Wachstum. Wenn Sie jeden Tag mit der Haltung beginnen: Heute ist der erste Tag meines neuen Weges, dann geben Sie sich selbst die Freiheit, Fehler zu machen, daraus zu lernen und neue Wege zu gehen. Es geht nicht darum, perfekt zu sein. Sondern darum, mutig zu sein. Neugierig zu bleiben. Und: an sich selbst zu glauben. Was zählt, ist nicht der perfekte Plan. Was zählt, ist, dass Sie beginnen. Dass Sie anfangen. Heute. Ob Sie ein Studium beginnen, eine Ausbildung, vielleicht ins Ausland gehen oder sich erst einmal orientieren – das alles sind wertvolle Schritte. Denn mit jedem Schritt lernen Sie. Über sich selbst, über das Leben, über das, was Ihnen wichtig ist.“
Insgesamt 7 Preise für herausragende Leistungen wurden vergeben.

Beeindruckende Analyse und Interpretation von “Draußen vor der Tür”
Auch in diesem Jahr vergab die Eisenacher Goethe-Gesellschaft mit Unterstützung der Wartburg-Sparkasse einen Preis, der für den besten Abituraufsatz an den jeweiligen Eisenacher Gymnasien verliehen wird. Gerhard Lorenz, Vorsitzender der Gothe-Gesellschaft Eisenach, war gekommen, um Aniko Kirchner vom Elisabeth-Gymnasium auszuzeichnen. Sie sei in ihrem Deutsch-Prüfungsaufsatz Fragen nachgegangen, wie: Lassen sich Wissen und eigene Gedanken mit der Gabe, in virtuoser Weise mit unserer deutschen Sprache umzugehen, zu einem besonderen Text vereinen? Wie geht man am besten mit dem Lesen und Schreiben, mit Stilistik und Ausdruck, mit inhaltlicher Tiefe und auch mit den Regeln der richtigen Schreibung um? Aniko Kirchner habe diesen Anforderungen in einer beeindruckenden Analyse und Interpretation von Wolfgang Borcherts „Draußen vor der Tür“ bestens entsprochen und somit in besonderem Maße den Beweis der Reife bei der Ausarbeitung ihres Prüfungsaufsatzes erbracht. „Ein Betroffener und Gezeichneter des letzten Weltkriegs-Infernos hat 1947 in nur acht Tagen ein wahrlich großes Werk geschrieben, ein Werk, das sehr wohl die Theater spielen und das Publikum sehen wollte und das auch in der heutigen Welt wieder von beklemmender Aktualität ist“, erläutert Gerhard Lorenz. „Um Wolfgang Borcherts großes Werk angemessen zu analysieren, bedarf es eines hohen Maßes an sprachlichem Verständnis und gebotener Sensibilität beim Umgang mit den Inhalten dieser Texte“, so Gerhard Lorenz. Anforderungen, die die zuständige Fachlehrerin, Frau Petra Zacher, in ihrer Einschätzung des auszuzeichnenden Aufsatzes bestätigt habe: „Eine hohe Variabilität in der Wortwahl und in der Syntax sowie eine eigenständige, nicht an der Lexik des Originals orientierte Beschreibung des Textes zeichnen den Aufsatz aus, Deuten und Werten sind als durchgängiges Prinzip erkennbar“.
Mathematik – eine Königsdisziplin
„Mathematik – dieses wunderbare, gefürchtete, oft missverstandene Fach – gehört zweifellos zu den Königsdisziplinen. Und obwohl mein eigenes Matheabitur eher im Bereich kreative Ergebnisoffenheit lag, habe ich im Laufe meines Berufslebens gelernt: An Zahlen führt kein Weg vorbei. Ob als Wirtschaftsjuristin oder heute im Haushalts- und Finanzausschuss des Landtags – Mathematik und logisches Denken sind ständige Wegbegleiter. Ja, Zahlen haben manchmal mehr Macht als Worte“, eröffnete Ulrike Jary die von Fachlehrer Jörg Kleinsteuber vorgetragene Laudatio für den Mathematik-Preis an Leo Ferdinand Schindler. Die Thüringer Landtagsabgeordnete zeigte sich beeindruckt von dessen Leistung. Mit der besten Abiturnote in Mathematik habe Leo Ferdinand Schindler nicht nur ein starkes Zahlenverständnis bewiesen, sondern auch Disziplin, analytisches Denken – und vielleicht sogar eine gewisse Liebe zum strukturierten Chaos mathematischer Herausforderungen. Das sei großartig.
Peter-Mädler-Stiftung mit dem Kulturpreis
Peter Mädler (1935 – 2021) unterstützte großzügig kulturelle und soziale Projekte Eisenachs. Die Förderung von Kindern und Jugendlichen lag ihm besonders am Herzen. In seinem Sinne wirkt nun die Peter-Mädler-Stiftung, die den Schülerkulturpreis vergibt. Der diesjährige Preisträger: Louis Guillaume. Dieser sei, so Steffen Liebendörfer, Bürgermeister der Stadt Eisenach, über Jahre eine tragende Säule des kulturellen Lebens des Elisabeth-Gymnasiums – ob als charismatischer Moderator bei Schulveranstaltungen, als talentierter Schauspieler auf der Bühne, aber auch im Fernsehen, als Sänger im Chor oder als vielseitiger Musiker am Schlagzeug und Klavier gewesen. „Wo immer Unterstützung gebraucht wurde, war er zur Stelle. Kreativ und zuverlässig. Das ist keine so selbstverständliche Kombination, und mit ansteckender Begeisterung. Mit seinem Organisationstalent, seinem Sinn für Gemeinschaft und Atmosphäre, hat er unzählige Veranstaltungen mitgestaltet und geprägt“, erklärte Steffen Liebendörfer. Der Ausgezeichnete sei auch menschlich ein echtes Vorbild. Dessen respektvolle, offene und stets freundliche Art bringe Menschen zusammen. „Als Schüler bewegte sich Louis Guillaume mit großer Selbstverständlichkeit zwischen Schülern und Lehrkräften, führte Gespräche auf Augenhöhe und trug maßgeblich zu einem wertschätzenden Miteinander im Schulleben bei“, fügte Steffen Liebendörfer hinzu.

Humorvoller Rückblick auf die Schulzeit
Humorvoll pointiert ließen Helena Böhm und Louis Guillaume ihre Schulzeit Revue passieren, mit „Erinnerungen, die uns begleiten werden, Menschen, die uns geprägt haben“. Das Skilager, die Corona-Zeit mit online-Unterricht, Videokonferenzen und Verbindungsabbrüche, erste Prüfungen, der Eintritt in die Oberstufe, die 12.Klasse und das rasche Heranrücken des Abiturs. Sie dankten allen Lehrern, sie dankten ihren Eltern als „die stillen Helden im Hintergrund“. Als musikalisches Bonbon des Abends, mit Beifall regelrecht überhäuft, der Chor der Abiturienten zum Abschluss.
Danach ging es nicht nur vom Palas in den Burghof und hinunter in die Stadt, sondern auch hinein ins neue Leben….
Th. Levknecht
Über besondere Auszeichnungen freuten sich:
Kulturpreis der Peter-Mädler Stiftung: Louis Guillaume
Preis der Goethe-Gesellschaft (bester Aufsatz): Aniko Kirchner
Preis des Fördervereins des Elisabeth-Gymnasiums Eisenach (soziales Engagement): Sarah Tronicke, Maria Matewosja
Preis der Hirschvogel-Stiftung (bestes Abitur): Aneas Stegmann
Preis der Stadt Eisenach (beste Abiturleistung): Mia Louise Drobeck
Mathematik-Preis der Landtagsabgeordneten Ulrike Jary: Leo Ferdinand Schindler
Preis für Wirtschaft & Recht: Sarah Tronicke