Deutscher Städtetag zu den Ergebnissen des „Flüchtlingsgipfels“

„Gute Grundlage, Herausforderung besser zu bewältigen – Finanzielle Entlastung der Kommunen bleibt aber völlig unklar“

Der Deutsche Städtetag sieht in den Ergebnissen des Treffens von Bund und Ländern eine gute Grundlage, um die Herausforderung durch die hohe Zahl von Flüchtlingen und Asylbewerbern besser zu bewältigen. Er bewertet die finanziellen Zusagen des Bundes gegenüber den Ländern positiv, hält allerdings für völlig unklar, wie die Kommunen entlastet werden sollen. Die Verabredungen zwischen Bund und Ländern lassen diese Frage offen. Die Präsidentin des Deutschen Städtetages, Oberbürger­meisterin Dr. Eva Lohse aus Ludwigshafen, sagte:

Wir erwarten und fordern nun von den Ländern eine Weitergabe der Mittel für die finanziellen Aufwendungen der Kommunen. Das Geld des Bundes darf nicht von den Ländern einbehalten werden, da ein Großteil der Kosten in den Kommunen anfällt.

Wichtige Forderungen des Deutschen Städtetages seien von Bund und Ländern aufgegriffen worden: Die Asylverfahren sollen beschleunigt werden und Asylbewerber sollen bis zu sechs Monate in Erstaufnahmeeinrichtungen bleiben können. Noch nicht hinreichend gehe aus dem Ergebnispapier hervor, in welchem Umfang der Ausbau der Kapazitäten in den Erstaufnahmeeinrichtungen der Länder erfolgen wird. Hier erwarten die Städte schnelle Entscheidungen, damit genügend neue Plätze entstehen und tatsächlich erreicht werden kann, dass Menschen ohne Bleibeperspektive den Kommunen nicht mehr zugewiesen werden.

Wir müssen uns um die Menschen kümmern können, die lange in Deutschland bleiben werden. Die Beschlüsse müssen jetzt schnell und konsequent umgesetzt werden. Denn die Situation vor Ort ist angespannt, so dass keine Zeit verloren gehen darf

, sagte Lohse.

Vollständige Stellungnahme der Städtetagspräsidentin im Wortlaut

Die vollständige Stellungnahme der Präsidentin des Deutschen Städtetages, Oberbürgermeisterin Dr. Eva Lohse, hat diesen Wortlaut:

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„Der Deutsche Städtetag sieht in den Ergebnissen des Treffens von Bund und Ländern eine gute Grundlage, um die gesamtstaatliche Herausforderung durch die hohe Zahl von Flüchtlingen und Asylbewerbern besser zu bewältigen. Die Städte stellen sich gemeinsam mit Bund und Ländern der Verantwortung, weiterhin Hilfe für Flüchtlinge aus Bürgerkriegsländern und politisch Verfolgte zu leisten. Sie wirken an der großen gemeinsamen Kraftanstrengung engagiert mit, dürfen aber nicht überfordert werden.

Es ist positiv, dass sich der Bund dauerhaft und dynamisch an den Flüchtlingskosten beteiligen wird. Die vom Bund zugesagte Pauschale pro Flüchtling in Höhe von 670 Euro ab dem Jahr 2016 für die Dauer des Asylverfahrens ist ein erfreulicher Fortschritt und macht deutlich, dass es hier um eine gesamtstaatliche Aufgabe geht, die Länder und Kommunen nicht allein schultern können. Helfen werden auch die zusätzlichen Finanzmittel des Bundes in Höhe von 1 Milliarde Euro für 2015 und die 350 Millionen Euro für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge.

Die Beschlüsse sollen einen Beitrag leisten, um die Kommunen zu entlasten. Völlig unklar ist bisher allerdings, wie das geschehen soll. Die Verabredungen zwischen Bund und Ländern lassen diese Frage offen. Ganz entscheidend wird nun sein, dass die Mittel des Bundes in großem Umfang tatsächlich bei den Kommunen ankommen. Wir hätten uns einen direkten Finanzierungsweg vom Bund an die Kommunen gewünscht, doch das war nicht durchsetzbar. Umso mehr erwarten und fordern wir nun von den Ländern eine Weitergabe der Mittel für die finanziellen Aufwendungen der Kommunen. Das Geld des Bundes darf nicht von den Ländern einbehalten werden, da ein Großteil der Kosten in den Kommunen anfällt.

Die Städte bleiben bei ihrer schon lange vorgetragenen Forderung, dass die Länder ihren Kommunen tatsächlich deren Kosten für die Unterbringung und Versorgung der Flüchtlinge ausgleichen müssen – durch die Finanzmittel des Bundes und durch eigene Mittel. Die Städte selbst müssen sich für die nach der Erstversorgung beginnende Integration der Menschen in die Gesellschaft engagieren können und tun das auch schon. Diese Aufgabe kostet ebenfalls Geld und kann angesichts der Größe der Herausforderung nur mit Unterstützung von Bund und Ländern gestemmt werden.

Wichtige Forderungen des Deutschen Städtetages sind von Bund und Ländern aufgegriffen worden: Die Asylverfahren sollen beschleunigt werden und Asylbewerber sollen bis zu sechs Monate in Erstaufnahmeeinrichtungen bleiben können. Es soll klar unterschieden werden: Menschen mit Bleibeperspektive kommen in die Kommunen, um dort integriert zu werden. Und Menschen mit fast keiner Chance auf Anerkennung als Flüchtlinge oder Verfolgte müssen nach dem Ende des Verfahrens, das in den Erstaufnahmeeinrichtungen abgeschlossen werden soll, nach Ablehnung ihres Asylantrages in ihre Heimat zurückkehren.

Noch nicht hinreichend geht aus dem Ergebnispapier hervor, in welchem Umfang der Ausbau der Kapazitäten in den Erstaufnahmeeinrichtungen der Länder erfolgen wird. Hier erwarten die Städte schnelle Entscheidungen, damit genügend neue Plätze entstehen. Denn nur dann kann tatsächlich erreicht werden, dass Menschen ohne Bleibeperspektive den Kommunen nicht mehr zugewiesen werden. Wir müssen uns um die Menschen kümmern können, die lange in Deutschland bleiben werden.

Die Städte begrüßen die zusätzlichen Mittel des Bundes in Höhe von 500 Millionen Euro für die soziale Wohnraumförderung. Das ist ein Beitrag, damit mehr bezahlbare Wohnungen für Familien mit niedrigen Einkommen entstehen können – nicht nur, aber auch für Flüchtlinge. Positiv ist ebenfalls, dass den Ländern die Finanzmittel des Bundes aus dem Betreuungsgeld zur Verfügung gestellt werden, um die Kinder­betreuung weiter ausbauen zu können. Auch hier erwarten wir, dass die Mittel tatsächlich an die Kommunen weitergeleitet werden, denn die Länder bauen keine Kitas.

Jetzt kommt es darauf an, die Beschlüsse schnell und konsequent umzusetzen. Denn die Situation vor Ort ist angespannt, so dass keine Zeit verloren gehen darf.“

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