Dünnes Portemonnaie trifft auf dicke Brieftasche: Im Wartburgkreis leben 7.080 Bürgergeld-Empfänger und 23 Einkommens-Millionäre

Dünnes Portemonnaie trifft auf dicke Brieftasche: Im Wartburgkreis leben rund  7.080 Bürgergeld-Empfänger, aber auch 23 Einkommens-Millionäre. „Krasser geht es  nicht: Die einen müssen jeden Euro dreimal umdrehen. Die anderen wissen nicht,  wohin mit ihrem Geld“, sagt Jens Löbel von der Gewerkschaft Nahrung-Genuss Gaststätten (NGG). Unter den Bürgergeld-Empfängern seien viele Arbeitslose und  Alleinerziehende. Allein rund 2.420 Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren leben nach  Angaben der NGG Thüringen in Haushalten, die Bürgergeld beziehen. Die  Gewerkschaft beruft sich bei den Bürgergeld-Zahlen auf die Arbeitsagentur und bei den  Einkommens-Millionären auf das Thüringer Landesamt für Statistik (TLS). 

„Wer im Wartburgkreis auf Bürgergeld angewiesen ist, der droht jetzt noch tiefer in die  Armut zu rutschen“, sagt Jens Löbel. Grund seien Pläne zur Bürgergeld-Kürzung. „Die  Bundesregierung will damit Menschen zwingen, den Gürtel noch enger zu schnallen.  Dabei ist das letzte Gürtelloch längst erreicht. Gerade auch bei den Aufstockern: Bei  Menschen also, die für einen Niedriglohn arbeiten und Bürgergeld als Ergänzung zum  Lohn dringend brauchen, um überhaupt über die Runden zu kommen“, so der Geschäftsführer der NGG Thüringen. 

Die Gewerkschaft warnt die schwarz-rote Koalition vor Einschnitten beim Bürgergeld.  Schon die Ankündigung der Bundesregierung, beim Bürgergeld in diesem und im  kommenden Jahr eine Nullrunde zu fahren – also keinen Inflationsausgleich zahlen zu  wollen, bedeute ein reales Minus von rund 5 Prozent beim Bürgergeld, rechnet die NGG  Thüringen vor. „Letztlich ist jede Kürzung beim Bürgergeld mehr oder weniger eins zu  eins auch das Geld, das weniger ausgegeben wird – das also im Wartburgkreis als  Kaufkraft fehlt“, so Löbel. 

Die NGG appelliert jetzt an die Bundestagsabgeordneten aller demokratischen Parteien  aus dem Wartburgkreis und der Region, den Sparplänen der Bundesregierung einen  Riegel vorzuschieben: „Es ist unsozial, unfair und es bringt wenig, denen noch etwas  wegnehmen zu wollen, die sowieso wenig haben. Stattdessen sollten die, die viel Geld  haben, davon wenigstens etwas abgeben. Dann kommt unterm Strich auch mehr Geld  für alle dabei heraus“, so Jens Löbel.

Die NGG Thüringen ruft damit nach einer Reform der Erbschaftssteuer: „Millionenerben,  die keine Erbschaftssteuer zahlen, darf es nicht mehr geben“, so Löbel. Außerdem sei  ein höherer Spitzensteuersatz längst überfällig. Dieser habe in der Ära von  Bundeskanzler Kohl (CDU) sogar 56 Prozent betragen. Heute liege der  Spitzensteuersatz bei 42 Prozent. „Und es gibt nicht einmal eine Vermögenssteuer.  Unterm Strich wird die Mittelschicht – und damit die Beschäftigten, die einen Großteil  der Gewinne erwirtschaften – steuerlich viel stärker belastet als die Millionäre. Das ist  auch eine Frage der Steuergerechtigkeit“, sagt Jens Löbel. 

Die NGG Thüringen fordert die heimischen Bundestagsabgeordneten außerdem auf,  den Fokus der Bundesregierung auch auf den Steuerbetrug zu lenken, wenn es darum  gehe, zusätzliche Einnahmen für den Bundeshaushalt zu bekommen: „Die wirklichen  Sozialschmarotzer sind nämlich die Steuerhinterzieher“, so Jens Löbel. Der jährliche Schaden durch Steuerhinterziehung in Deutschland werde vom  Bundesrechnungshof auf immerhin 30 bis 50 Milliarden Euro pro Jahr geschätzt.  „Steuer-Experten gehen sogar von weit über 100 Milliarden Euro jährlich aus, die dem  Staat durch die Lappen gehen. Es ist höchste Zeit, Steuerbetrug intensiver zu  bekämpfen“, sagt Jens Löbel. Auch Missbrauch beim Bürgergeld müsse der Staat  konsequent verfolgen.

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