„Einstieg Deutsch“: VHS-Kursprojekt ermöglicht Geflüchteten, die Deutsche Sprache und Lebensweise zu lernen und zu verstehen

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Wo ist denn Frankfurt einzutragen? Ist das der Preis? Kann auch mit Karte gezahlt werden? Diese und viele andere Fragen hatten die Teilnehmer des VHS-Kurses „Einstieg Deutsch“ bei ihrer jüngsten Exkursion im Eisenacher Hauptbahnhof. Kursleiterin Bernardine Jupt antwortete geduldig und zeigte Schritt für Schritt wie der Ticket-Automat funktioniert. Beim Rundgang durch die Bahnhofshalle erfuhren die Asylbewerber auch, wo die Abfahrt- und Ankunftszeiten der Züge angezeigt werden, wie sie zu den Bahnsteigen kommen, wo der Lift und die Gepäckfächer zu finden sind und vieles mehr.

Die Flüchtlinge verstehen die Erklärungen sehr gut, denn sie besuchen bereits seit Anfang des Jahres bei der Volkshochschule (VHS) Eisenach einen Kurs „Einstieg Deutsch“. Die 14 Männer und eine Frau sind zwischen 19 und 55 Jahren alt und leben derzeit in Eisenach und im Wartburgkreis. Sie stammen aus verschiedenen Ländern – darunter Algerien, Afghanistan, Nigeria, Eritrea, Sierra Leone und Irak. Da ihr Asylverfahren noch nicht abgeschlossen ist, konnten sie bislang nicht an anderen Integrationskursen für anerkannte Flüchtlinge teilnehmen.

Mit dem bundesweiten Projekt „Einstieg Deutsch“ erhielten nun auch diese Geflüchteten die Möglichkeit, die Deutsche Sprache und die Lebensweise und Kultur in Deutschland kennen zu lernen.

Vor allem lernen sie sich im Alltag zu verständigen, Gehörtes zu verstehen und auch selbst zu sprechen – beim Begrüßen und Vorstellen, bei Arztbesuch, Einkauf, Schule und Kindergarten. Es erleichtert diesen Menschen, sich in der Stadt zurecht zu finden oder beispielsweise Termine bei Behörden zu erledigen, erklärt Petra Franke, Leiterin der VHS Eisenach.

Der Kurs von Bernardine Jupt ist bereits der dritte Einstieg-Deutsch-Kurs an der VHS Eisenach. Zwei solche Kurse konnten bereits 2017 angeboten werden und fanden guten Zuspruch. Es nahmen jeweils zwischen 15 und 22 Geflüchtete teil. Ein vierter Kurs begann Anfang Juni mit Kursleiterin Selina Eisenberg.

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Die Geflüchteten kommen täglich fünf Stunden zum Unterricht in die VHS.

Für manche Teilnehmer ist das tägliche Lernen eine völlig neue Erfahrung, denn sie kannten Schulunterricht bisher nicht, sagt Petra Franke.

Die Kursleiterinnen sind beide Deutschlehrerinnen und qualifizieren sich zusätzlich nebenher. Sie müssen sich auf die unterschiedliche Vorkenntnisse ihrer „Schüler“ täglich neu einstellen – sei es wegen der Altersspanne oder der unterschiedlichen Herkunftsländer.

Neben 300 Stunden Deutschunterricht umfasst „Einstieg Deutsch“ an der VHS Eisenach weitere rund 100 Stunden Vertiefendes Lernen. Hierbei üben und wiederholen die Teilnehmer selbständig den Unterrichtsstoff mit Hilfe von ehrenamtlichen Lernbegleitern. Zusätzlich finden vier Exkursionen statt, um die Orientierung im Alltag zu erleichtern. Im Rahmen des Unterrichts besuchten die Geflüchteten den Hauptbahnhof, die Stadtbibliothek, die Wartburg und das Bachhaus. Sie üben dabei in Alltagssituationen, ob sie das Gelernte auch anwenden können.

Das Besondere an diesem Kurs-Projekt ist: Die Geflüchteten lernen nicht nur klassisch mit Buch und Tafel, sondern zusätzlich am Computer und mit einer App für Smartphones. Neben der Sprache üben sie so auch den Umgang mit neuen Medien. Gleichzeitig lernen sie Online-Programme kennen, mit denen sie nach dem Unterricht kostenlos weiter trainieren können. So kann jeder in seinem Tempo voranschreiten.

„Einstieg Deutsch“ ist ein bundesweites Projekt zur sprachlichen Erstförderung von Geflüchteten, gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF). Es wendet sich an Geflüchtete, die noch keinen Platz in einem Integrationskurs haben. Mit „Einstieg Deutsch“ können sie die Wartezeit sinnvoll überbrücken. In ganz Deutschland beteiligen sich rund 300 gemeinnützige Bildungsträger und führen Sprachangebote für Geflüchtete nach dem einheitlichen „Einstieg Deutsch“-Konzept durch, das der Deutsche Volkshochschul-Verband entwickelt hat.