Eisenach muss nach Grundsteuerreform Hebesätze neu fassen

Bildquelle: Werbeagentur Frank Bode GmbH

Mit dem Jahr 2025 wird die Stadt Eisenach – wie alle Kommunen – die Grundsteuer nach dem neuen vom Bund und dem Freistaat Thüringen vorgegebenen System erheben. Die wichtigste Veränderung gegenüber dem vormaligen System, das das Bundesverfassungsgericht 2018 als verfassungswidrig verworfen hatte, ist, dass nun für die Grundstücke nicht mehr der im Jahr 1935 festgelegte Einheitswert zugrunde gelegt wird. Ab 2025 spielt der tatsächliche Wert eines Grundstückes die maßgebliche Rolle.

„Mit der Grundsteuerreform hat der Hebesatz seine Orientierungsfunktion für die Vergleichbarkeit bei der Erhebung der Grundsteuer verloren“, betont Bürgermeister Steffen Liebendörfer beim Pressegespräch am heutigen Freitag, 29. November 2024. In seinen Geschäftsbereich fällt die städtische Finanzverwaltung.

In Eisenach haben Grundstücke einen vergleichsweise niedrigen Wert, der teilweise nur ein Dreißigstel des Wertes erreicht, den Grundstücke in einzelnen westdeutschen Großstädten aufweisen. Auch innerhalb Thüringens gibt es Unterschiede: In Erfurt, wo die Berechnung der Grundsteuer auf derselben gesetzlich vorgeschriebenen Methodik beruht wie in Eisenach, haben Grundstücke einen deutlich höheren Wert, sodass die finanzielle Belastung trotz eines geringfügig niedrigeren Hebesatzes doch spürbar größer ist.

Die Stadtverwaltung Eisenach schlägt dem Stadtrat deshalb eine Anhebung der Hebesätze für die Grundsteuer vor. Für land- und forstwirtschaftliche Betriebe (Grundsteuer A) sollen statt 332 von Hundert künftig 352 erhoben werden. Der Hebesatz für alle übrigen Grundstücke (Grundsteuer B) soll von 472 von Hundert auf 634 steigen. Da die Berechnung für jedes Grundstück individuell vorgenommen wird, lässt sich keine pauschale Aussage über die durchschnittliche Höhe der zu zahlenden Grundsteuer treffen. Über die Neufassung der entsprechenden Satzung wird in der kommenden Sitzung des Stadtrates am 11. Dezember 2024 entschieden. Die Höhe der Gewerbesteuer – der Hebesatz liegt in der Stadt Eisenach bei 460 von Hundert – soll hingegen nicht verändert werden.

In Rechte der Kommunen eingegriffen

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Ursprünglich hatte die Bundesregierung im Vorfeld der Neuregelung versprochen, dass Neufestsetzungen der Hebesätze durch die Kommunen aufkommensneutral gestaltet werden sollen.  „Ein solches Versprechen verkennt, dass in der Ordnung des Grundgesetzes das Hebesatzrecht ein Recht der Kommunen ist und nicht des Bundes“, betonte der Bürgermeister. „Dass der Bund angesichts der Verfassungswidrigkeit von Bundesrecht nun den Kommunen den schwarzen Peter zuschieben will, ist schon ein starkes Stück.“ Gleichwohl greift der Gedanke der Aufkommensneutralität ein nachvollziehbares Interesse der Steuerpflichtigen auf.

Deshalb setzte sich die Eisenacher Finanzverwaltung auch mit den volkswirtschaftlichen Rahmenbedingungen der Festlegung des Grundsteuerhebesatzes auseinander. So stellt der vorgeschlagene Hebesatz einen Mittelweg zwischen einer nominalen und einer kaufkraftbereinigten Aufkommensneutralität dar. „Die Kaufkraft pro Kopf stieg in der Stadt Eisenach laut Zahlen der Industrie- und Handelskammer Erfurt im Zeitraum von 2018 bis 2024 um 19,4 Prozent.“ Im Jahr 2018 lag das Grundsteueraufkommen bei rund 5,9 Millionen Euro. Eine kaufkraftbereinigte Aufkommensneutralität hätte bedeutet, dass für 2025 mit einem Grundsteueraufkommen in Höhe von sieben Millionen Euro zu planen gewesen wäre. „Da die Bürger in den vergangenen Jahren überall mit teilweise massiven Teuerungen konfrontiert waren, wollen wir ihnen das nicht zumuten“, sagte Steffen Liebendörfer.

Mit den nun vorgeschlagenen Hebesätzen können Grundsteuereinnahmen in Höhe von circa 6,3 Millionen Euro erzielt werden. „Aus diesem Grund sehe ich die moderate Anpassung, wie wir sie nun vorschlagen, als ausgesprochen vertretbar an“, begründete Steffen Liebendörfer den Vorschlag.

Bundesverfassungsgericht bemängelte Ungleichbehandlung

Die Grundsteuerreform wurde nötig, nachdem das Bundesverfassungsgericht im Jahr 2018 festgestellt hatte, dass die bisherige Bewertung von Grundstücken mit dem Gleichheitsgrundsatz im Grundgesetz unvereinbar ist. Wie viel Steuer ein Eigentürmer auf sein Grundstück zahlen muss, wurde jahrzehntelang nach so genannten Einheitswerten berechnet – und diese gingen in den alten Bundesländern auf das Jahr 1964 zurück. Für die ostdeutschen Bundesländer galt hingegen der Stand von 1935. Um diesen Missstand zu beheben, wurden im Zuge der Grundsteuerreform alle Grundstücke in Deutschland neu bewertet.

Die Erklärungen hierfür gaben die Eigentümer selbst ab. Die Finanzämter erstellten daraus Messbescheide, die wiederum an die Kommunen geschickt wurden. Für die Stadt Eisenach liegen inzwischen für etwa 95 Prozent aller Grundstücke die neuen Grundsteuermessbeträge vor. Circa 15.000 Meldungen hatte die Stadtverwaltung Eisenach daraufhin verarbeitet, von denen rund 250 Fälle zur Prüfung zurück ans Finanzamt gegeben wurden. Dabei steht die Höhe der vom Finanzamt festgelegten Messbeträge für jedes einzelne Grundstück fest. Mit der Festsetzung neuer Hebesätze durch die Stadt Eisenach erfolgt nun der letzte Schritt zur Berechnung der neuen Grundsteuerbescheide. Diese werden voraussichtlich im Januar 2025 an alle Grundstückseigentümer verschickt. Weitere Informationen zur Grundsteuerreform gibt es hier: https://www.eisenach.de/rathaus/rathaus-verwaltung/fachbereiche/finanzen/

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