Erhebliche Einschnitte für Schullandschaft des Wartburgkreises befürchtet
Im Mai soll das neue Gesetz zur Weiterentwicklung des Schulwesens in Thüringen vom Thüringer Landtag verabschiedet werden. Die Gesetzesvorlage schreibt unter anderem erstmalig Mindestgrößen für Schulen und Schulklassen vor.
Im Wartburgkreis würden 12 von 15 Regelschulen und drei von vier Gymnasien diese Vorgaben nicht erfüllen und stünden damit in ihrer Existenz in Frage, befürchtet Landrat Reinhard Krebs. Zwar ließe das Gesetz eine Reihe von Ausnahmen zu, aber diese würden an den betreffenden Schulen in vielen Fällen nicht greifen, so Krebs weiter.
Dort, wo die Mindestgröße nicht erfüllt wird, sieht das Gesetz um Schließungen zu vermeiden vor, Kooperationen zwischen den Schulstandorten zu etablieren. Dies würde in Städten sicherlich gut funktionieren, aber nicht im ländlichen Raum, wo die Schulen 15 Kilometer und mehr auseinanderliegen, macht Landrat Reinhard Krebs an einem Beispiel deutlich: die 11 Kilometer voneinander entfernten Regelschulen Berka/Werra und Marksuhl sind laut den Buchstaben des neuen Gesetzes zu klein und müssten, um bestehen zu können, kooperieren. Das hieße, es gäbe für beide Schulen nur noch eine Schulleitung und ein gemeinsames Lehrerkollegium. Schüler und Lehrer würden je nach Unterrichtsfach zwischen beiden Schulen pendeln müssen.
Das Schulnetz des Wartburgkreises wurde in den vergangenen Jahren nach schmerzhaften Schließungen, letztmalig 2006/2007, so aufgestellt, dass es entsprechend der zu erwartenden Entwicklung der Schülerzahlen zukunftsfähig ist. Zum aktuellen Schuljahr hat der Kreis annähernd die gleiche Anzahl an Schülern, wie zum damaligen Zeitpunkt der Schulnetzplanung. In den kommenden Jahren wird sogar mit einem Anstieg der Schülerzahlen gerechnet.
Weshalb nun bei steigenden Schülerzahlen einstige Vorgaben künftig nicht mehr gelten sollen, erschließt sich mir nicht, so Landrat Krebs. Im Nachbarbundesland Hessen werden gerade an der Landesgrenze Schulstandorte gestärkt. Käme in Thüringen das Schulgesetz wie vorgesehen, wäre ein weiter zunehmender Wechsel von Schülern nach Hessen nicht auszuschließen. Und Schüler, die in Hessen eine Schule besuchen, werden auch in Hessen schulische Praktika machen, dort eine Lehre beginnen und letzten Endes dort auch eine Arbeit finden. So schwächt jeder abgewanderte Schüler die Schullandschaft im Wartburgkreis weiter und wird später dem regionalen Arbeitsmarkt fehlen.
Für Grundschulen sieht der Gesetzentwurf eine Mindestgröße von 80 Schülern vor, wobei eine künftige erste Klasse mindestens 22 Schüler vorweisen soll. Unter den Prämissen des Gesetzesentwurfs sind aktuell 3 der 33 Grundschulen im Wartburgkreis – Seebach, Dorndorf und Wiesenthal – unterhalb der vorgesehenen Mindestschülerzahl von 80 Schülern. Bei 6 Grundschulen wäre die Bildung einer ersten Klasse wegen zu wenig Erstklässlern nicht möglich. An 12 weiteren Grundschulen wäre zwar die Bildung einer ersten Klasse möglich, aber an diesen Schulen müssten Schüler jedoch eine andere Schule besuchen, weil die Zahl der Schulanfänger nicht für eine zweite 1. Klasse ausreichen wird. Welche Erstklässler an eine andere Schule gehen müssten, darüber soll nach Aussagen von Bildungsminister Holter der Schulleiter entscheiden.
Für die Schülerbeförderung bedeutet das, dass der Landkreis zahlreiche Schüler zusätzlich zur bereits bestehenden Beförderung zu Schulen bringen müsste, an denen noch freie Plätze wären. Dasselbe gilt in noch dramatischerer Weise für die Regelschulen. Ein Regelschüler aus Vacha beispielsweise, der eigentlich die Regelschule Unterbreizbach besuchen würde, wo aber eine zweite 5. Klasse den Mindestanforderungen zufolge nicht gebildet werden darf, müsste stattdessen nach Stadtlengsfeld gebracht werden. Dafür müssten zusätzliche Fahrten organsiert werden, da der Schülerverkehr aktuell auf die zuständigen Schulstandorte ausgerichtet ist. Ähnlich sind die Auswirkungen für die Gymnasien einzuschätzen.
Es ist also zu erwarten, dass bei einem möglichen Inkrafttreten des neuen Schulgesetzes die Schullandschaft im Wartburgkreis – trotz der laut Gesetz möglichen Ausnahmen und Kooperationen – erhebliche Einschnitte erfahren wird, stellt Landrat Reinhard Krebs abschließend fest.