Ganztagsbetreuung von Schulkindern sollte Ländersache werden

Oberbürgermeister-Konferenz der ostdeutschen Städte in Dresden

Ganztagsbetreuung von Schulkindern sollte Ländersache werden– Ländern und Kommunen gute Absprache ermöglichen

Die ostdeutschen Städte unterstützen das Ziel von Bundesregierung und Ländern, mehr Angebote für eine Ganztagsbetreuung für Kinder im Grundschulalter zu schaffen. Sie fordern die Bundesregierung allerdings auf, den geplanten Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder in die Zuständigkeit der Bundesländer zu legen und nicht in einem Bundesgesetz zu regeln. Der qualitative und quantitative Ausbau von Ganztagsschulen gehöre für die Städte ganz klar zum Bereich der Bildung – und die sei im föderalen System der Bundesrepublik eine klassische Länderaufgabe.

Nach einer Konferenz des Deutschen Städtetages mit rund 20 ostdeutschen Oberbürgermeisterinnen und Oberbürgermeistern in Dresden sagte Helmut Dedy, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages:

Die Städte finden es wichtig, wenn es nachmittags mehr Bildung und Betreuung für Grundschulkinder gibt. Das entspricht dem Wunsch vieler Eltern. Ein Rechts­anspruch auf ganztägige verlässliche Bildung muss jedoch bei den Ländern angesiedelt werden, denn Bildung ist Ländersache. Wenn ein Rechtsanspruch auf Landesebene gilt, wird es auch einfacher, die vielfältigen in den Ländern und Kommunen schon bestehenden Betreuungsmöglichkeiten der Kinder- und Jugendhilfe sowie Angebote der Schulen zu berücksichtigen. Sie können dann flexibel und bedarfsgerecht in den weiteren Ausbau einbezogen werden.

In jedem Fall, so Dedy weiter, müsse der Bund die Länder bei dieser gesamtgesellschaftlichen Aufgabe finanziell unterstützen, damit sie bewältigt werden kann. Sollte der Bund allerdings einen individuellen Rechtsanspruch im Sozialgesetzbuch VIII – dem Kinder- und Jugendhilfegesetz – bundesweit regeln, müssten die Länder ebenfalls Regelungen treffen und den Kommunen ihre Kosten nach dem Konnexitätsprinzip „Wer bestellt, bezahlt“ ersetzen.

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Der Oberbürgermeister der gastgebenden Stadt Dresden, Dirk Hilbert, der auch Präsidiumsmitglied des Deutschen Städtetages ist, erklärte im Anschluss an die Oberbürgermeisterkonferenz der ostdeutschen Städte im Deutschen Städtetag:

Die ostdeutschen Kommunen bieten bereits den meisten Grundschülerinnen und Grundschülern Ganztagsangebote – überwiegend in der Verantwortung der Kinder- und Jugendhilfe. Eine Aufgabe der Länder ist es, mit mehr und attraktiverer Ausbildung dafür zu sorgen, dass genügend und geeignetes pädagogisches Personal, also Lehrerinnen und Lehrer und Erzieherinnen und Erzieher, für diese anspruchsvollen Aufgaben bereit steht.

Nach Einschätzung der Städte erschwere der erhebliche Fachkräftemangel es in Ost und West, weitere Angebote zu schaffen. Zusätzliche Fachkräfte seien unabdingbar, auch wenn Sportvereine, Musikschulen und andere lokale Anbieter jugendgerechter Freizeitgestaltung weiterhin in den Ganztagesbetrieb eingebunden werden.

Hilbert:

Wenn ein Rechtsanspruch für ganztägige verlässliche Bildung an Grundschulen bei den Ländern angesiedelt wird, kann die kommunale Ebene über die Kinder- und Jugendhilfe und die Förderung des Ehrenamtes aktiv und fördernd unterstützen. Und wie in vielen kommunalen Bereichen besteht natürlich auch hier erheblicher Investitionsbedarf, etwa bei der Sanierung und dem Ausbau der Schulen und Horte.

Die ostdeutschen Städte sprechen sich dafür aus, dass Bund und Länder den Ausbaubedarf in allen Kommunen in Deutschland in die Überlegungen einbeziehen. Dazu sagte der Oberbürgermeister der Stadt Neubrandenburg, Silvio Witt:

Ganztägige und qualitativ hochwertige Betreuungs- und Förderangebote für Grundschülerinnen und Grundschüler sind eine wichtige bildungspolitische Investition in unsere Kinder und ihre Familien. Bund und Länder müssen sich in den Ausbau und die Finanzierung dieser Aufgabe einbringen und gleichzeitig auch die bestehenden Systeme in den Bundesländern weiterentwickeln.

Hintergrund: Im Koalitionsvertrag der die Bundesregierung tragenden Parteien ist vereinbart, dass ein Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für alle Kinder im Grundschulalter geschaffen werden soll. Dafür sollen gemeinsam mit den Ländern die Angebote so ausgebaut werden, dass der Rechtsanspruch im Jahre 2025 erfüllt werden kann. Der Bund beabsichtigt, für Investitionen in Ganztagsschul- und Betreuungsangebote 2 Milliarden Euro zur Verfügung zu stellen. Das ist nach Einschätzung nicht nur des Deutschen Städtetages eine Basis, die in jedem Fall durch erhebliche weitere Mittel auf Landesebene ergänzt werden müsste.

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