Gedenken an die März-Gefallenen in Eisenach
Appell, Freiheit und Demokratie zu schützen!
Die SPD Eisenach und Die Linke hatten zum Gedenken an die vor 105 Jahren in der Frankfurter Straße ums Leben gekommenen Arbeiter, Opfer des Kapp-Putsch, an das Denkmal in Eisenachs Weststadt eingeladen. Gekommen waren auch Eisenachs Bürgermeister Steffen Liebendörfer, vom DGB Eisenach dessen Vorsitzender Michael Lemm sowie etliche Bürgerinnen und Bürger. Trauerkranz, Blumengebinde und Blumen wurden im stillen Gedenken niedergelegt.
Am 18. März 1920 wurden hier fünf Männer, Familienväter im Alter von 26, 29, 31, 32 und 36 Jahren ermordet. Vier Frauen verloren ihre Männer, 13 Kinder ihre Väter! Die Opfer waren Zivilisten. Unbewaffnete Bewohner der Eisenacher Weststadt. Wohnhaft am Wolfgang und in der Frankfurter Straße. Selbst böswillige Untersuchungen konnten den toten Eisenachern keine politischen Zugehörigkeiten nachweisen!
Eisenachs Bürgermeister Steffen Liebendörfer begrüßte die Anwesenden.
Jonny Kraft, ehrenamtlicher Beigeordneter der Stadt Eisenach und Vorsitzender der Eisenacher SPD, erinnerte an das Geschehen am 18. März 1920, nahm aber auch Bezug zur Gegenwart. Vor zwei Jahren habe er an dieser Stelle mit dem Gedicht „Die Toten an die Lebenden“ von Ferdinand Freiligrath geendet, in dem sich die Gefallenen der Revolution von 1848, die ebenso wie die Toten vom 18.03.1920 als März-Gefallene bezeichnet werden, zornig an die Lebenden wenden.
Jonny Kraft fuhr fort:
„Sollte ihr Kampf um die Freiheit umsonst gewesen sein? Haben die Lebenden denn gar nichts aus dem unendlichen Schmerz und dem Tod der Vergangenheit gelernt? Die Toten sollen uns mahnen. Darin sind wir alle, die wie hier stehen, uns einig.
Und genau aus diesem Grund stehen wir heute wieder am 18.03. hier am Denkmal der Märzgefallenen und gedenken
• August Gustav Schmidt
• Friedrich August Voigt
• Heinrich Adolf Niemeier
• Emil August Volkert und
• Karl Emil Mengel.
Wir gedenken diesen 5 Menschen stellvertretend für viele andere, die im Kampf für die Freiheit ihr Leben ließen. Dabei war es diesen 5 Männern, allesamt Familienväter, wahrscheinlich am Morgen des 18. März nicht klar, dass ihnen an diesem Tag eine solches Schicksal drohen würde. Im Rahmen einer militärisch und polizeilich durchgeführten Aktion, befohlen von der Eisenacher Militärkommandantur, kam es zu einem Tumult zwischen Passanten und den Soldaten, die mit Granaten und Gewehrfeuer reagierten. Die Folge, viele Verletzte und 5 Tote, denen wir heute gedenken.
Wir denken aber auch an eine junge und verwundbare Weimarer Republik und den großen Mut, den Gewerkschaften, Parteien, aber auch Beamte aufbrachten, sich mit dem größten Generalstreik der Geschichte dem Militär entgegenzustellen. Der Tod dieser 5 Männer, die stellvertretend für all jene stehe, die aufgestanden sind, um für Frieden, Demokratie, Freiheit und Menschenrechte einzustehen.
So weit ist eigentlich alles beim Alten. Wie in den letzten Jahren könnte ich jetzt mit dem Satz enden, dass Frieden, Demokratie und Freiheit nicht selbstverständlich sind. Noch ein kurzes Zitat und wir laufen auseinander bis zum nächsten Jahr.
Doch etwas ist anders. Ich weiß nicht, wie es euch geht. Fast schon inflationär und oft im falschen Kontext wurde das Wort Zeitenwende genutzt. Es ist vieles anders an diesem 18. März 2025…anders…bedrohlich.
Über drei Jahre Krieg zwischen zwei Ländern auf unserem Kontinent. Der Russland-Ukraine-Krieg hat laut Zählungen des UN- Hochkommissariats für Menschenrechte (OHCHR) bis zum 28. Februar 2025 mindestens 12.737 Todesopfer in der ukrainischen Zivilbevölkerung gefordert, darunter mindestens 673 Kinder. Zudem wurden aufgrund des Ukraine-Krieges bisher mindestens 29.768 verletzte Zivilist: innen, darunter 1.882 verletzte Kinder, vom OHCHR erfasst. – die Dunkelziffer ist wahrscheinlich noch viel höher.
Gefallene auf russischer Seite 78000 und über 250.000 Verwundete, auf ukrainischer Seite 43.000 Gefallene und 370.000 Verwundete. Die realen Zahlen liegen wahrscheinloch auch hier deutlich höher.
Meine beiden Kinder, geboren 2014 und 2015, stellen mir Fragen zum Krieg; sie wollen keine Nachrichten im Auto hören, weil es ihnen Angst macht… Mir schnürt das die Kehle zu. Ich fühle mich ohnmächtig. Frage mich, war wirklich alles umsonst? Ist unsere Freiheit, unsere Demokratie, unsere Art zu leben gerade dabei, sich selbst abzuschaffen?
Es ist sehr vieles anders in diesem Frühjahr 2025… Einige wenige Menschen mit unvorstellbar viel Geld scheinen die Welt unter sich aufteilen zu wollen. Sie verdienen mit dem Leid und dem Tod auf der ganzen Welt Milliarden. Sie übernehmen unter dem Deckmantel der Freiheit die Macht in den Schaltzentralen dieser Welt. Ihnen wird auch aus Teilen unserer Gesellschaft zugejubelt, dabei schaffen sie Stück für Stück unsere Freiheit ab. Wir müssen uns heute und an allen anderen Tagen noch bewusster machen, was Freiheit für uns bedeutet und was wir bereit sind, dafür zu geben.
Ich bitte Sie, stellvertretend für die fünf am 18.03.1920 getöteten Männer und die vielen, ja viel zu vielen Toten in der Ukraine und den Kriegen und Konflikten auf unserer Welt um einen Moment der Stille…
Hoffen und beten wir gemeinsam, dass unseren Kindern die Schrecken des Krieges und des Kampfes um die Freiheit erspart bleiben.
Lassen Sie uns auch im nächsten Jahr gemeinsam für unsere Freiheit, unsere Demokratie und den Frieden in der Welt einstehen.
Ich ende mit Worten von Matthias Breimann:
Hat es denn noch Sinn zu kämpfen, wenn die Welt in Flammen steht. Unter Tränen und auch Krämpfen, denk ich oft es ist zu spät. Gen Himmel blick ich zweifelnd suchend, Soll ich es nochmal probieren. Denk ich in mir selber fluchend, wärs nicht besser zu kapitulieren. Schwindend spür ich meine Kräfte, die ich im Kampf sinnlos verbraucht. Ist der letzte Hoffnungsfunke, auch in mir schon voll verraucht. Kniend auf der Muttererde, blicke ich zu Gott empor. Was ich tun soll, wünschte ich, würd er flüstern in mein Ohr. Doch spür ich nur ne Totenstille, wie dieser Baum der vor mir steht. Seine Wurzeln ragen tief, die Krone frei im Sturme weht. Plötzlich seh ich es ganz klar, seine Wurzel stark verzweigt. So einfach und so wunderbar, er sich nicht einmal im Sturme neigt. Stark verwurzelt muss sie sein, die Kraft in unseren Herzen. So bleibt man Standhaft wie der Baum, auch unter stärksten Schmerzen. Fühlend seh ich dieses Licht, in meiner Seele brennen. Von Mut und Hoffnung, Zuversicht, dürfen wir uns niemals trennen. Lassen Sie uns fest zusammenstehen.