Gedenktafel erinnert an Eisenachs Ehrenbürgerin Avital Ben-Chorin

Erinnerungsort auf dem Jüdischen Friedhof: Ariela Kimchi, Tochter der 2017 verstorbenen Eisenacher Ehrenbürgerin Avital Ben-Chorin, und Oberbürgermeisterin Katja Wolf haben am 20. September eine Gedenktafel auf dem Jüdischen Friedhof enthüllt. Die Tafel wurde an der Grabstätte der Familie Fackenheim angebracht und soll an Avital Ben-Chorin (geborene Erika Fackenheim) erinnern.

Das ist ein ganz dankbarer Moment für mich, heute mit Ariela und ihrem Mann Nissim hier an diesem Grab der Familie zu stehen. Denn es ist mehr als nur ein symbolischer Erinnerungsort. Wir gehen Hand in Hand über eine Brücke der Versöhnung und Vergebung und schaffen es dabei miteinander zu lachen, betonte Katja Wolf.

Die Grabstätte ist zugleich ein symbolischer „Ruheort“ für die Ermordeten, die kein wirkliches Grab haben. „Liebte die Tage, Gutes zu sehen.“ Lautet die letzte Zeile auf der Gedenktafel.

Die gleiche Zeile steht auch auf dem Grab meiner Mutter in Jerusalem, so Ariela Kimchi.

Die Gedenkstunde auf dem Jüdischen Friedhof gestalteten Rabbiner Dr. Tovia Ben-Chorin, Bildungsamtsleiter Dr. Reinhold Brunner und Pfarrer Dr. Büchner. Rabbiner Dr. Tovia Ben-Chorin begrüßte die Anwesenden mit einem Gedicht, erst auf Hebräisch, anschließend in der deutschen Übersetzung mit dem Titel „Jeder Mensch hat einen Namen“. Pfarrer Dr. Büchner erzählte von seiner ersten Begegnung mit Avital Ben-Chorin im Jahr 1986.

Diesen Tag werde ich nie vergessen, so Büchner.

An die Geschichte der Familie Fackenheim erinnerte Dr. Reinhold Brunner. Emma Fackenheim, laut Grabstein am 10. April 1920 verstorben, ist das einzige Mitglied der Familie Fackenheim, das in Eisenach bestattet worden ist. Mehrere Inschriften für die ermordeten Angehörigen der Familie sind nachträglich, im Jahr 1986, an der Grabstätte angebracht worden. Dazu gehören Dr. Julius Fackenheim 22.2.1863 Mühlhausen – gestorben im Lager Theresienstadt 13.11.1942; Alfred Fackenheim 9.11.1891 Eisenach – ermordet in Auschwitz im Oktober 1944, formell am 16.5.1953 durch das Amtsgericht Stuttgart zum 31.12.1945 für tot erklärt und Hert(h)a Fackenheim 1.4.1894 in Kassel – ermordet in Auschwitz im Oktober 1944, formell am 25.3.1953 durch das Amtsgericht Stuttgart zum 31.12.1945 für tot erklärt.

An diesem Ort ist die Familie symbolisch wieder zusammen. Es ist ein Ort des Friedens und der Ruhe. Mehr noch, ein berührender Ort der Erinnerung und des Zusammenkommens, ergänzte Brunner.

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Der ehemalige Oberbürgermeister Hans-Peter Brodhun nannte den Tag, an dem der Stadtrat beschloss, Avital Ben-Chorin die Ehrenbürgerwürde zu verleihen, einen der wichtigsten Tage dieser Stadt. Auch Arielas Mann Nissim fand berührende Worte:

Ich bin mir sicher, dass Du oben gerade ein großes Lächeln auf dem Gesicht hast und Dich sehr darüber freust, dass wir uns zur gleichen Zeit hier in Eisenach und in Jerusalem an Dich erinnern.

Er dankte allen Freunden, die heute gekommen waren, um die Gedenktafel gemeinsam einzuweihen. Als Zeichen, dass die Verstorbenen nicht vergessen sind, legten die Anwesenden jeweils einen kleinen Stein auf die Grabstätte.

Es war eine große Schmach für mich, als wir gemeinsam in Jerusalem am Grab Deiner Mutter standen und ich keinen Stein aus Eisenach auf ihr Grab legen konnte. Es ist mir sehr wichtig, dies nachzuholen, mit einem ganz besonderen Stein, einem Stein vom Fuße der Wartburg.

Mit diesen Worten überreichte Katja Wolf einen Stein an Ariela Kimchi. Den Stein wird Ariela Kimchi in Jerusalem auf das Grab Avital Ben-Chorins legen – als Zeichen der Stadt Eisenach, dass ihre Ehrenbürgerin unvergessen bleibt.

Zum Abschluss sprach Rabbiner Dr. Tovia Ben-Chorin das Kaddisch, ein jüdisches Totengebet in hebräischer Sprache und sang gemeinsam mit den Anwesenden das jüdische Friedenslied „Hevenu Shalom Alechem“.

Informationen zur Grabstätte der Familie Fackenheim:
Auf dem Eisenacher jüdischen Friedhof, neuer Teil, besteht seit 1920 die Grabstätte Fackenheim. Die Grabsteine verweisen den Inschriften nach auf fünf Angehörige der Familie Fackenheim, deren Leben mit Eisenach verbunden ist. Die Eltern Dr. Julius Fackenheim und Emma, geborene Reinach, die beiden Söhne Erich und Alfred sowie die Schwiegertochter Hert(h)a, geborene Oppenheim. Julius, Alfred und Hert(h)a sind Opfer der Shoa. Erich fiel im Ersten Weltkrieg. Tatsächlich an diesem Ort begraben ist nur Emma.

Informationen zur Gedenktafel:
Die Tafel ist aus Comblanchien Mouchete. Dabei handelt es sich um beigefarbenen Kalkstein, der aus der französischen Gemeinde Comblanchien im Département Côte-d’Or (Burgund) stammt. Die Tafel trägt die Inschrift „Avital Ben-Chorin geb. Erika Fackenheim *25. Februar 1923 in Eisenach 28. April 1936 Aliya ins Land Israel ✡ 6. Oktober 2017 Ruht in Jerusalem Ehrenbürgerin der Stadt Eisenach Liebte die Tage, Gutes zu sehen.“

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